Am 23. April findet der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl in Frankreich statt. Nach diesem werden die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in einer Stichwahl gegeneinander antreten (vorausgesetzt, es gibt nicht im ersten Wahlgang einen Kandidaten mit absoluter Mehrheit). Neben interessanten Dingen wie dem Beliebtheitswert des amtierenden Präsidenten Hollande (trotz Zunahmein den letzten Monaten unter 20%) oder der Kandidatur der Thronfolgerin des Holocaustleugners Le Pen, zeichnet sich vor allem eine niedrige Wahlbeteiligung ab.
Etwa ein Drittel der Wahlberechtigten werden laut Umfragen nicht zur Wahl gehen. Dabei geht die Erkenntnis der Reaktion so weit, dass sogar das reaktionäre Hetzblatt der Spiegel eine realistische Einschätzung der Lage gibt, so ist sowohl für die arme Bevölkerung als auch die Jugendlichen klar, dass die Wahl eine Farce ist. Unter den Jugendlichen zwischen 18 und 25 werden über 50% nicht wählen gehen. Eine der Kampagnen, die in Frankreich gegen die Wahl aufrufen, und die selbst vom Spiegel selbst beinahe positiv erwähnt wird ist die Kampagne Boycott 2017.
Diese Kampagne hat die Unterscheidung zu den anderen Initiativen, über die die bürgerliche Presse berichtet, dass die Reaktion hier nicht die üblichen Kamellen auspacken kann. Die Mär von den uninformierten, faulen, dummen Arbeitern und Jugendlichen. Eine aktive Boykottkampagne lässt diese immer neu aufgewärmte Lügengeschichte nicht zu. Die Arbeiter und Jugendlichen wissen sehr wohl, warum sie die bürgerliche Demokratie ablehnen. Die Kommunistische Maoistische Partei Frankreichs, die sich an der Kampagne Boycott 2017 beteiligt, schreibt dazu: „Die bürgerliche Demokratie ist die Diktatur der Bourgeoisie!” und weiter „Wir Kommunisten sagen es frei heraus: ihre Wahlen sind eine große Farce! Es gibt keinen Zweifel, dass ihr einziger Zweck ist, vergeblich zu versuchen das herrschende System zu legitimieren, indem sie es so aussehen lassen, als ob es von der Mehrheit der Bevölkerung gewählt und akzeptiert wäre.“
Die Genossen in Frankreich machen auch deutlich, das der Boykott keine Kampagne ist, die sich einfach nur gegen die Reaktion richtet, sondern eine Kampagne, die für die Revolution genutzt wird. „Lasst uns die drei Instrumente für den langandauernden Volkskrieg erstellen! Die Taktik des Boykotts der bürgerlichen Wahlen. Diese Taktik ist nicht darauf angelegt, den Kapitalismus alleine zu stürzen. Der Zweck dieser Taktik ist weiter die bürgerliche Demokratie zu diskreditieren, das Ziel auf die klarste Art seinen wahren Charakter aufzudecken, was die Diktatur des Kapitals ist. Ihr Ziel ist die revolutionären Kräfte in der Praxis um eine klare Linie bezüglich der Wahlen zu vereinen. Und schlussendlich ist das wichtigste Ziel, die Massenenthaltung des Proletariats in eine noch wesentlichere politische Tat umzuwandeln. Wir entwickeln diese Taktik in unserer revolutionären Strategie: die des langandauernden Volkskrieges.“
In der Praxis der Kampagne widerlegen die Genossen auch eine weitere, immer wieder aufgewärmte Lüge der Reaktion, dass durch das Nichtwählen den rechten Parteien Raum gegeben würde. Wie das in der Praxis aussieht zeigt die Kampagne beispielsweise bei Büros der Front National in Marseille und der Republikaner in Paris.
In der BRD zeigt die Reaktion derweil, was die größte Bedrohung für die bürgerliche Demokratie, also die Diktatur der Bourgeoisie ist: dass sie vom Volk abgelehnt wird. Über sechs Monate vor der Bundestagswahl im September startet eine bundesweite Kampagne zur „Stärkung der Demokratie“. Diese Kampagne geht jedoch über die Legitimation der Diktatur der Bourgeoisie hinaus, sie will überdies eine Einbindung der Bevölkerung in den Staatsapparat. So kann man auf der Kampagnenwebsite „Initiativen“ finden, mit denen man sich für die „Demokratie engagieren kann“. Zitat: „Schlechte Nachrichten über Versuche, unsere demokratischen Werte zu erschüttern, gibt es genug. Diese Seite ist die gute Nachricht. Sie richtet sich an all jene, die nicht Teil des Problems sein wollen – sondern mit kleinen Taten, Initiativen oder Ideen anfangen möchten, Teil der Lösung zu sein.“ Zu diesen kleinen Taten zählt unter anderem auch Müll zu sammeln, was eine doppelte Erleichterung für den Staat ist, zum einen muss er den schlecht bezahlten Reinigungskräften gar nichts mehr zahlen, da das Problem jetzt durch Gratisarbeit gelöst wird, zum anderen werden Menschen ermuntert, das Deutschsein aktiv auszuüben, das Einhalten von Regeln zu kontrollieren, die „Deutschen Werte“ zu verteidigen. „Erst sind die Mülleimer im Park voller Müll, dann auch die Wege und der Rasen. Heutzutage ist die Pflege von Grünflächen in manchen Kommunen eine echte Herausforderung. Engagierte Bürgerinnen und Bürger können daran etwas ändern. Wer beispielsweise mit Harke und Laubbeutel loszieht und auch seine Nachbarn anspricht, kann die Nachbarschaft verschönern – für sich selbst und viele andere Menschen.“ Wie zuvor schon genannt, ist natürlich auch die Wahl eine „kleine Tat“: „Du bist zeitlich eingespannt und hast kaum Zeit für Engagement? Auch mit einem kleinen Kreuz kannst Du schon ein Zeichen für die Demokratie setzen. Mache von Deinem Wahlrecht Gebrauch! Denn wer seine Stimme abgibt, entscheidet mit. Es lohnt sich also an die Wahlurne zu gehen oder per Brief zu wählen – egal ob auf Bundesebene oder für das Europäische Parlament, bei der Kommunalwahl oder im Bundesland. Verleihe Deiner Stimme Gehör. Es dauert nur ein paar Minuten – und wirkt für viele Jahre.“ Die Boykottkampagne in Frankreich zeigt, was die Antwort von Revolutionären auf diese Farce ist.