Der Verwesungsprozess der Bourgeoisie stinkt selbst den eigenen Leuten. Die Journalistin Susanne Gaschke tritt aus der SPD aus und erklärt in der Spinger-Presse warum. Der Hamburger Sozialdemokrat Johannes Kahrs tut so als störe er sich am gleichen Skandal wie sie.

Alle Jahre wieder wird ein neuer Wehrbeauftragter ins Amt gehievt oder der alte darin bestätigt. Bisher hatte den Job ein gewisser Herr Bartels, der SPD-Mitglied und ehemaliges Mitglied der Bundeswehr ist. Die Journaille hielt ihn im Allgemeinen für kompetent. Jetzt hat eine gewisse Frau Eva Högl den Job. Die Journaille hält sie im Allgemeinen nicht für kompetent.

Die allgemeine Meinung derjenigen die sich dazu äußern, ist, dass die Wahl von Frau Högl das Ergebnis von Postengeschacher ist. So weit so glaubwürdig. Susanne Gaschke ist zwar kein ehemaliges Mitglied der Bundesewehr, dafür aber ehemaliges Mitglied der SPD und Ehefrau des Herrn Bartels und schreibt dazu:

 

„Zu viele Jusos, zu viele abgebrochene Studenten und Leute mit schwieriger Berufswahl kämpften um Posten, die gutes Gehalt, Mitarbeiter, Büros und Prestige versprachen. Es ging immer weniger darum, was man mit einem Amt erreichen wollte – es ging darum, dass man es bekam.“

Karrieristen, die keine Perspektive haben über die Privatwirtschaft in die Bourgeoisie aufzusteigen oder Teil von ihr zu bleiben, und sich dafür entscheiden es als Politbonze zu versuchen; das ist die SPD.

Weniger skandalisierend stößt Johannes Kahrs ins selbe Horn. Er legt sein Bundestagsmandat und alle Ämter nieder, und will einen Neuanfang wagen. Angeblich weil er nicht Wehrbeauftragter geworden sei. Dass er sich an am Aufstieg gescheiterten Kleinbürgern, die es auf dem zweiten Karriereweg durch die Parteibürokratie versuchen stört, klingt fast glaubwürdig. Denn Kahrs ist der Erfolg in der Partei in die Wiege gelegt worden. In Bremen als Sohn des des ehemaligen Bremer Justizsenators Wolfgang Kahrs und der früheren Bremer Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs ist er als Bourgeois geboren und der Klassenerhalt quasi sein Geburtsrecht. In Hamburg vor allem dafür bekannt zur Führungsriege des Seeheimer Kreis zu gehören tat er alles in seiner Macht, um die Hamburger SPD nach rechts zu bringen. Als Mitglied der Studentenverbindung Wingolfbund und in seinem Wahlkreisbüro Hamburg Mitte zog er sich eine neue Generation nach opportunistischer Karrieristen heran mit denen er dann durch juristische Winkelzüge und Intrigen die „linke“ JuSo-Hochschulgruppe wegputschte und die Parteijugend spaltete. Er ist ein Mann, der fördert, wer ihm gehorcht, und unterdrückt, wer ihm widerspricht. Für die Massen in Hamburg hat er allerdings noch nie etwas getan. Das fällt selbst Bürgerlichen auf.
Als ehemaliger Wehrdienstleistender mit guten Verbindungen zur Rüstungsindustrie sah er sich und die Parteirechte als die wahre SPD, und machte somit sehr deutlich, dass er sich klar in der Tradition Noskes sah und nicht etwa in der Bebels. Doch weil er damit so gar nichts mit den Massen zu tun hat, die ihn wählen sollen, hat er sich die letzten Jahre gern als Antifaschist profiliert, indem er gegen die AfD geschossen hat. Er ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Massen in der bürgerlichen Demokratie zum Wahlvolk degradiert werden und von ihren sogenannten Vertretern nicht ernst genommen werden. Die antifaschistische Selbstinszenierung hat auch die Aufmerksamkeit der AfD  auf ihn gezogen.
Im Zuge dessen hat ein rechter Youtuber ihn vor kurzem unter Angabe einer falschen Identität auf sein gefälschtes erstes Staatsexamen angesprochen. Das Telefonat lässt sich durchaus als indirektes Eingeständnis dieser Fälschung verstehen. Und plötzlich findet er einen Vorwand, um sich aus der Politik zurück zu ziehen. Gleichzeitig erspart er sich die eventuelle Niederlage bei der nächsten Bundestagswahl aus der von den "etablierten" Parteien vor allem CDU und Grüne gestärkt hervorgehen werden. Wenn dann aber die SPD sich in der Opposition erholt hat und Gras über die Sache mit seinem Staatsexamen gewachsen ist, wer weiß, was dann kommt.

Die eigentliche Ironie an der Geschichte ist, dass die AfD und ihr Sprachrohr die Junge Freiheit es tatsächlich für eine gute Idee halten sich über das Postengeschacher und die Betrügereien zu empören. Es mag ja sein, dass die bisher weniger auf dem ersten Karriereweg gescheiterte Bourgeois und sich durchmogelnde Halbjuristen in ihren Reihen haben, weil sie schlichtweg bislang keine interessante Option waren, aber das ändert sich ja gerade. Das wird denen noch auf die Füße fallen.