Am Samstag, den 27. April, fand im arabisch geprägten Hamburger Stadtteil St. Georg abermals eine Demonstration unter schwarzen Fahnen statt. Der Anmelder soll nach Informationen der politischen Polizei der als „gesichert extremistisch“ eingestuften Organisation „Muslim Interaktiv“ nahe. Die Demonstration verlief Medienberichten zufolge grundlegend friedlich, wurde aber von einem Großaufgebot der Polizei inklusive Wasserwerfer begleitet.

Auf der Demo wurden in weiten Teilen Schilder mit demokratischen Forderungen präsentiert, die sich von den der „Corona“-Proteste im Kern nicht großartig unterscheiden – wie z.B. gegen die „Staatsräson“, „Diskurs statt Fake News und gegen die Kriminalisierung von Muslimen. Und das, worüber die ganze Presse und sämtliche Teile der Exekutive der BRD nun herfallen: „Kalifat ist die Lösung“. Offensichtlich geht es den Kräften hinter des Aufmarsches darum, den gerechtfertigten Kampf vieler muslimischen Massen, die sich derzeit einer wilden Hetzjagd und fortwährenden Beschneidung ihrer eh schon beschränkten demokratischen Rechte ausgesetzt sehen und oft ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk zum Ausdruck bringen wollen, in ihre reaktionären Bahnen zu lenken.

In der bürgerlichen Presse folgten das reine Entsetzen und drohende Worte. So Innenministerin Nancy Faeser: Eine solche Islamisten-Demonstration auf unseren Straßen zu sehen, ist schwer erträglich. Es ist gut, dass die Hamburger Polizei mit einem Großaufgebot Straftaten entgegengewirkt hat […] Keine Terrorpropaganda für die Hamas, keine Hassparolen gegen Jüdinnen und Juden, keine Gewalt. Wenn es zu solchen Straftaten kommt, muss es ein sofortiges, hartes Einschreiten bei Demonstrationen geben.“ FDP-Vizechef Konstantin Kuhle wetterte: „Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland gefährdet, kann ausgewiesen werden“. Derselbe sprach sich auch für ein Verbot des „Islamischen Zentrums Hamburg“, das Zentrum der Schiiten in Deutschland, deren „Blaue Moschee“ im November Ziel einer willkürlichen Razzia wurde. Ein verlängerter Arm des iranischen Regimes“ zu sein, reicht heutzutage dafür aus. Und noch einmal Faeser, diesmal auf X (vormals Twitter): „Gegen islamistische Terrorpropaganda und Judenhass gehen wir hart vor. Wer ein Kalifat will, ist in Deutschland an der falschen Adresse.“

Islamismus-Experte“ Eren Güvercin erinnerte gegenüber tagessschau24, dass Abschiebungen in diesem Fall kein wirklich mögliches Mittel für die BRD seien, da die Teilnehmer auf der Demo weitesgehend in Deutschland geboren seien. Was noch einmal die Absurdität der Forderungen der bürgerlichen Politiker nach Abschiebungen zeigt. Dass es sich hierbei nicht um Migranten handelt, sondern um in Deutschland geborene und aufgewachsene Menschen mit Migrationshintergrund, die nicht eine faktische Kapitulation vor dem Kampf in ihrer Heimat hingelegt haben, sondern von Klein auf in der deutschen Gesellschaft als jene, die nichts zu verlieren haben, gelebt haben und hier ein wesentlicher Bestandteil der tiefsten und breitesten Massen sind, das muss auch beachtet werden, wenn man die Situation richtig verstehen und beurteilen will.

Der Hamburger Bullenchef Schnabel appellierte an die Bundesregierung, sie „sollen deutlich machen, ob diese Organisation, die hinter dieser Versammlung gestanden hat, nicht verboten werden kann“. Der CDU-Abgeordnete und frühere Hamburger Chef der Partei, twitterte: Ein Verbot von #MuslimInteraktiv ist überfällig! Die #Ampelkoalition darf den radikalen #Islam nicht länger verharmlosen. Wenn über Tausend Islamisten mitten durch #Hamburg marschieren, sollten auch die linken Parteien endlich aufwachen und dem Islamismus entgegentreten.“ Diese Hetzaussage bestätigt tatsächlich das Positionspapier von „Muslim Interaktiv“, in dem die Brandmarkung aller möglichen Muslime, die sich gegen die Kriminalisierung wehren, als „Islamisten“, angeprangert wird, und wenn man sich gerade dies anschaut, ist auch das Verbot nicht gerade „überfällig“, weil die Gruppierung nach außen hin lediglich die Verteidigung demokratischer Rechte hochhält und sie zumindest in der bürgerlichen Presse bis jetzt nicht in Zusammenhang mit konkreten Straftaten gebracht wurden. Wie ebnet man also den Weg, die zu verbieten, die man weg haben will? Einen Vorschlag macht CDU-Mann Christoph de Vries: Ausrufe wie für das Kalifat sollten in Zukunft unter Strafe gestellt werden. Konkret durch eine Gesetzesänderung, z.B. in Bezug auf die öffentliche Forderung der Errichtung einer anderen Staatsordnung oder auf Hochverrat oder Verunglimpfung des Staates. Bis dahin kann es aber dauern, und viel wichtiger ist, dass die Exekutive quasi diktiert, was verboten wird – und in diesem Fall macht das einmal mehr die skrupellose Innenministerin. Durch die „Kritik“ und den Zweifel an ihrer „Handlungsfähigkeit gegen die Extremisten“ durch die Opposition wird sie in dieser Rolle nur gestärkt. Die rund 800 bürgerlichen und kleinbürgerlichen Fremdkörper aus bürgerlichen Parteien, der Kurdistan-Solidarität und der Community „Besorgte Deutsche“, die sich diesen Samstag nun in die „No-Go-Area“ wagten und mit breiter Brust durch Sankt Georg marschierten, stärken die Basis, auf der die antimuslimische Hetze in der Presse, auf deren Basis Faeser wiederum ihre Entscheidungen treffen kann, weiter vorangetrieben werden kann. Wie Aktivisten des Roten Bundes aus der Arbeit in den Vierteln in anderen Städten berichten, kommt genau diese Hetze in Bezug auf die „Kalifat“-Demo auch bei den Massen, einhergehend mit der Stärkung des imperialistischen Chauvinismus, bereits an.

 

Bildquelle: zeit.de