Kanalbild des "Einsatz Coach" auf YouTube (Quelle: https://www.youtube.com/@EinsatzCoach)

 

Parallel zur Vertiefung der Krise des Imperialismus wächst die Zahl viraler Phänomene, die auf die eine oder andere Weise in den sozialen Medien oder auf anderen Plattformen Propaganda machen, die die Reaktionarisierung des Staates befürwortet und versucht, unter den Massen dafür Sympathiepunkte zu sammeln.

Neben den zahlreichen chauvinistischen Journalisten-Sendungen wie „Achtung, Reichelt“, „Tichys Einblick“ und dergleichen, gibt es auf einer Plattform wie YouTube auch einige, die sich auf etwas anderes als nur zu reden spezialisiert haben. So verbreitet der Kanal „Einsatz Coach“ seit wenigen Monaten kurze Videos und „YouTube-Shorts“ mit nützlichen Tipps und Tricks zur Selbstverteidigung. Auf dem Bild zu sehen ist stets eine vermummte, Polizei-artige Kleidung – mit der Aufschrift „Coach“ auf der Weste und Deutschland-Fahnen auf den Ärmeln – tragende Person, die mit verzerrter Stimme wie aus einem Klischee von Erpresser-Video dem Zuschauer jeweils ein Angriffsszenario und die richtige Verteidigung dafür präsentiert. Die Videos sind sozusagen kurz & knackig und sehr anschaulich und verständlich, was dem „Einsatz Coach“ schon einmal eine Menge Sympathie verschafft. Dazu ist die Sprache des Mannes, obgleich verzerrt, sehr „verantwortungsvoll“; es wird an die Vernunft des Zuschauers appelliert, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen, und obendrein ist das Ganze ziemlich „cool“ aufgezogen.

In kurzer Zeit hat der Kanal auf YouTube gut 56 Tausend Abonnenten gewinnen können und z.T. über eine Million Klicks auf seine YouTube-Shorts. Das bedeutet, dass ein Format unter den Massen rasch an Popularität gewinnt, das ziemlich direkt für Akzeptanz für die Militarisierung der Gesellschaft wirbt. Denn der „Einsatz-Coach“ spielt am Ende nichts anderes als einen „Freund und Helfer“ mit Sturmhaube und Gangster-Stimme, den man sich als so verantwortlichen Kumpel doch gerne öfter auf der Straße wünscht. Die scheinbar bedrohliche Ausrüstung so einiger Staatsdiener soll heruntergespielt werden, und der Zuschauer soll „erkennen“, dass darunter ganz verantwortungsvolle und fürsorgliche Burschen stecken. Der Ausbau und vermehrte Einsatz von Spezialpolizeieinheiten, der Einsatz des Militärs im Inneren, das Herumpatrouillieren schwerbewaffneter Polizisten – all das, was während des Ausnahmezustand angefangen wurde, voranzubringen, wird durch die bürgerliche Propaganda des „Einsatz Coach“ legitimiert. Und unter den rückschrittlichsten Teilen des Volkes wird damit Propaganda für die Militarisierung der Gesellschaft und für die Reaktionarisierung des Staates gemacht. Im Hintergrund der Videos, die in einem typischen „Lost Place“ voll mit Graffiti gedreht sind, sieht man regelmäßig gezielt gezeigte „1312“-Tags in dem Moment, wenn der böse „Angreifer“ im Video um die Ecke kommt. Die Angreifer haben oft lässige Joggingkleidung an und erinnern an das bürgerliche Klischee von „Antifa-Steinewerfern“, oder an jugendliche migrantische Massen. Der Chauvinismus ist eine wichtige Komponente in den Videos, die immer wieder vor Messer-Attacken warnen und als ersten „Kämpfertyp“ in Frage von Messerangriffen den „Ghetto-Stecher“ definieren. Der Coach ärgert sich in einem anderen Video darüber, dass, wenn er ein Video eines in der Türkei verprügelten deutschen Touri teilen und dazu seine Kommentare machen würde, der ganze Kanal nach dem EU-Digitalgesetz gesperrt werden könnte.

Der „Coach“ stellt sich selber als „behördlicher Einsatz-Ausbilder“ einer Spezialeinheit vor. Das Credo seiner Videos ist: Am besten gar nicht kämpfen, sondern immer schnell weg und die Bullen machen lassen – wenn möglich, sie rufen. Man sieht anhand der großen Beliebtheit des „Einsatz Coach“ in den sozialen Medien (siehe bspw. die Kommentare unter den Videos), wie die virale Armee des deutschen Imperialismus wächst und dessen reaktionären Kurs aufnimmt. Mit diesem Hintergrundwissen ist es aber auch für proletarische Revolutionäre sicherlich nicht uninteressant, mal in den Kanal reinzuschauen.