Ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland bleibt arm. Der deutsche paritätische Wohlfahrtsverband hat seinen Armutsbericht 2016 vorgelegt. Auch wenn sich der Bericht und die Organisationen, die ihn verfassen, sich darauf beschränken Forderungen, Ratschläge oder Bitten an den Staat zu richten, kann man ihm wichtige Details zur Entwicklung der gesellschaftlichen Entwicklung entnehmen.

 

Wer arm ist, der hat mehr Interesse an gesellschaftlicher Veränderung. 2.500 € netto, ein eigenes Auto und ein Eigenheim verleiten nicht gerade dazu das Leben für die Revolution zu geben. Darum ist die Frage, wer ist arm, zentral für die revolutionäre Bewegung.

 

Der Bericht zeigt, wie der Imperialismus zwar dafür sorgt, dass Deutschland eines der reichsten Länder auf dieser Erde ist, private Haushalte in Deutschland über fünf Billionen Euro (ein Anstieg von 25% in den letzten zehn Jahren) an Geldvermögen verfügen, jedoch dies außerordentlich ungleich verteilt ist und überwiegend auf die reichsten 10 Prozent entfällt, zeigt dass ein Großteil der Menschen weniger davon profitieren, dass Deutschland ein imperialistisches Land ist: Das Wirtschaftswachstum 2014 mit einem Anstieg von 1,6 Prozent des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts führte nicht zu einer sinkenden Armut und auch wenn die veröffentlichte Arbeitslosenquote sinkt, steigt die Armut oder verharrt ihre Quote auf hohem Niveau.

 

Ein bemerkenswerte Sache ist, das bei der Berechnung der Armutsquoten nur Personen gezählt werden, die in Haushalten leben. 185.000 Studenten (in Gemeinschaftsunterkünften wohnend), 335.000 wohnungslose Menschen, 764.000 pflegebedürftige Menschen in Heimen, über 200.000 behinderten Menschen in vollstationären Einrichtungen, die Flüchtlinge in den Lagern und sogenannte „Illegale“, Menschen ohne Papiere fallen bei dieser Berechnung unter den Tisch, immerhin ein paar Millionen Menschen.

 

Dabei wird mit dem gesamten Nettoeinkommen des Haushaltes inklusive Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, anderer Transferleistungen oder sonstiger Zuwendungen bei der Ermittlung des mittleren Einkommen gerechnet. Beim mittleren Einkommen (Median) handelt es sich nicht um das geläufige Durchschnittseinkommen (arithmetisches Mittel). Der Bericht erklärt, dass der erste Armutsbericht der Bundesregierung aus dem Jahre 2001 noch beide Armutsquoten auswies und die Armutsquote mit dem arithmetischen Mittel berechnet bei 10,2% lag, wobei es bei der Berechnung unter Zuhilfenahme des Medians nur 6,2 % war. „Seitdem wird nur noch der Median ausgewiesen.“ - wenig erstaunlich.

 

Das Ergebnis der Berechnung auf Basis des Mikrozensus von 2014 ist, dass mit 15,4% fast jeder sechste Mensch in Deutschland arm ist. In der Realität der Menschen dürfte dies jedoch deutlich gravierender erscheinen.

 

Bundesweit ist der Osten ärmer als der Westen Deutschlands, was das noch immer nicht gelöste Problem der Annektion der DDR durch die BRD zeigt. Trotzdem sind die zwei ärmsten Städte, Gelsenkirchen (NRW) mit 22,8 Prozent und Bremerhaven (Bremen) mit 23,5 Prozent, westdeutsch.

 

Armut Bundesländer

 

Erwerbslose (57,6 %), Alleinerziehende (41,9 %), Ausländer (32,5 %)oder Menschen mit Migrationshintergrund (26,7 %) sind besonders von Armut betroffen. Konkret bedeutet das, dass bspw. 795.000 Alleinerziehende mit insgesamt 839.000 Kindern von Hartz 4 leben müssen. Die Armutsquote der Rentner liegt heute um 46 Prozent höher als 2005, über eine halbe Millionen Menschen sind auf Altersgrundsicherung angewiesen, eine beachtenswerte Entwicklung.

 

Frauen und Mädchen sind mit 16,0% leicht überproportional von Einkommensarmut betroffen. 90% der Alleinerziehenden sind Frauen. Die Armutsquote der Alleinerziehenden steigt, obwohl ihre Erwerbstätigenquote seit Jahren zunimmt, weil sie im Niedriglohnsektor, instabilen oder befristeten Arbeitsverhältnissen arbeiten müssen. Das Armutsrisiko von Frauen im Alter ist besonders hoch. Frauen erhalten in Westdeutschland im Durchschnitt 566 Euro Rente, halb so viel wie Männer. In Ostdeutschland erhalten Frauen im Schnitt 824 Euro Rente, Männer dagegen 1.111 Euro. Das sind Ausdrücke des des herschenden Patriarchats.

 

2.700.000 Kinder und Jugendliche leben in Armut. Mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen mit sogenanntem niedrigem sozioökonomischem Hintergrund blicken weder optimistisch in die Zukunft noch glauben sie an die Realisierbarkeit ihrer beruflichen Wünsche.

 

Der Bericht spricht von einer subtilen Armutsvertreibung aus bevorzugten Stadtteilen, euphemistisch „Gentrifizierung“ genannt, einer zunehmenden Zahl von Zwangsräumungen und einer zunehmenden Zahl obdachloser Menschen.

 

Es bei dieser schlaglichtartigen Betrachtung, die in der Hauptsache den monetären Aspekt sieht, belassend, lässt sich konstatieren: Der deutsche Imperialismus erzeugt ein Millionenheer von Menschen, die in immer stärkeren Widerspruch zu seiner Existenz geraten, es sind besonders Frauen, junge Menschen und Ausländer (es gibt statistische gesehen kaum eine Möglichkeit als junge alleinerziehende Ausländerin nicht arm zu sein), die in bestimmten Gegenden Deutschlands in bestimmten Vierteln leben. Dahin muss die revolutionäre Bewegung gehen.