Es ist ein bekanntes Phänomen: Während die Fußballweltmeisterschaft im Gange ist und die öffentliche Aufmerksamkeit in ihren Bann zieht, werden klammheimlich unpopuläre Gesetze verabschiedet. Dieses Jahr steht die EU-Urheberrechtsreform an, die selbst von bürgerlichen Zeitungen als „Zensurmaschine“ betitelt wird.
Konkret geht es um zwei Artikel, Artikel 11, befasst sich mit dem Leistungsschutzrecht und soll es auf europäischer Ebene einführen. Artikel 13 könnte die Einführung von so genannten „Uploadfiltern“ zur Folge haben. Beides werden wir kurz erklären.
Artikel 11 besagt das Suchmaschinen im Internet (Google, Yahoo etc.), Nachrichtenapps (Flipboard, Briefing etc.) und ähnliche Dienste in Zukunft Verträge mit Verlagen abschließen sollen, wenn sie deren Artikel und andere Inhalte mit kurzen Vorschautexten zeigen wollen. Das bedeutet die Suchmaschinen sollen Geld dafür zahlen mit einer Vorschau auf die jeweiligen Nachrichtenseiten zu verweisen. In der Vergangenheit wurde dies in Deutschland und Spanien versucht und ist gescheitert. Zum einen zahlten die Onlinedienste in der Regel weit weniger als erwartet, zum anderen hängen viele – vor allem kleinere – Publikationen an den Vorschauen über bekannte Suchmaschinen. Entsprechend würden die Klickzahlen und damit die Gewinne der Nachrichtenseiten weniger werden, wenn sie nicht weiter über entsprechende Apps und Suchmaschinen vorgestellt werden.
Darüber hinaus lässt der Artikel einige Fragen offen. So liegt es in der Hand der jeweiligen Mitgliedsstaaten, was als "Ausdruck der geistigen Schöpfung ihrer Autoren" gilt und was bloß "kurze Auszüge" sind. Das Recht der Verlage an ihren Werken soll für ein Jahr gelten und nicht rückwirkend geltend gemacht werden können. Verlage könnten von Suchmaschinen und sozialen Netzwerken also ab der Veröffentlichung eines Beitrages ein Jahr lang Gebühren verlangen, wenn diese Teile des Inhalts anzeigen, also etwa die Überschrift oder Auszüge aus dem Artikel. Jeder EU-Mitgliedsstaat dürfte dabei selbst entscheiden, ab welcher Länge ein Auszug lizenzpflichtig wäre und wann er frei verwendet werden könnte. Entsprechend könnten schon drei Wörter oder auch erst drei Sätze als lizenzpflichtig gelten.
Daraus folgt das Google News oder auch andere Newsapps ihre Dienste in den jeweiligen EU-Ländern komplett einstellen könnten um der Zahlung zu entgehen. Dadurch würden auch die Medien getroffen die gar kein Geld von Google haben wollen, insbesondere kleinere Verlage und Plattformen.
Artikel 13 besagt das Onlineplattformen unmittelbar für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich gemacht werden sollen. Auch wenn ihre Nutzer dafür verantwortlich sind. Im Moment müssen Anbieter wie Youtube erst auf Urheberrechtsverletzungen reagieren wenn ihnen beispielsweise ein Video gemeldet wird. Dies soll sich nun ändern. Laut dem momentanen Entwurf müssten die Anbieter beweisen, dass sie "bestmögliche Anstrengungen" unternommen haben, um zu verhindern das urheberrechtlich geschütztes Material auf ihrer Plattform hochgeladen wird.
Experten und verschiedene Initiativen vermuten das Soziale Netzwerke Uploads vorher überprüfen müssten um „bestmögliche Anstrengungen“ vorweisen zu können. Im Zweifelsfall würden dann Inhalte nicht hochgeladen falls es sich um Urheberrechtlich geschütztes Material handeln könnte. Dies ist aus verschiedenen Gründen absurd:
Erstens Müssten die Plattformen eine genau Auflistung allen urheberrechtlich geschützten Materials haben. Das wäre schon technisch kaum zu realisieren bei der Menge an geschützten Medien.
Zweitens müsste eine technische Lösung gefunden werden, die fehlerfrei funktioniert. Bisher funktionieren entsprechende Filter mehr schlecht als recht und sperren manchmal fälschlicherweise, manchmal nicht.
Drittens bedeutet dies, die großen Unternehmen enorm zu bevorzugen. Kaum ein kleines Unternehmen wäre in der Lage den logistischen Aufwand zu bewältigen der nötig wäre um entsprechende Inhalte zu filtern.
In der Praxis würden diese Punkte dazu führen das Inhalte im Internet und Sozialen Medien noch rigoroser zensiert werden als ohnehin schon. Zudem sind die Grenzen fließend und es wäre nicht klar ob bspw. Wikipedia weiter bestehen könnte. Im Allgemeinen würde die Informationsfreiheit im Netz, mit all ihren Beschränkungen, noch weiter ausgehölt werden.
Wenn man sich dann die Unterstützer und Gegner des Gesetzesentwurfes ansieht, stellt man fest, dass hier ein Widerspruch zwischen verschiedenen Monopolkapitalisten besteht. Auf der einen Seite diejenigen die bspw. Nachrichten machen wie der Axel Springer Konzern, auf der anderen Seite die Konzerne wie Google und Youtube die von der Dokumentation und Wiedergabe der Nachrichten profitieren.
In der „Initiative gegen in ein Leistungsschutzrecht (IGEL) inszenieren sich dann riesige Monopole wie Google als Vorkämpfer für Meinungsfreiheit und schreiben in einem offenen Brief, der Entwurf begünstige "lediglich die Interessen einer Handvoll sehr großer Presseunternehmen". Das stimmt, das Problem von Google ist allerdings in der Hauptsache, dass es sie Geld kosten würde. Dem gegenüber stehen der Axel-Springer-Verlag, als einflussreichster Pressemonopolist in der BRD und Leute wie der CDU-Politiker Axel Voss(), welcher den Anstoss für den Entwurf gab. Julia Reda, eine Kritikerin des Gesetzesentwurfs, merkt korrekt dazu an: "Zynisch könnte man sagen, dass es Verlagen wie Axel Springer darum geht, den Medienmarkt zu konsolidieren: Die Menschen sollen nicht mehr über Suchmaschinen oder Aggregatoren auf die Angebote zugreifen, sondern unmittelbar auf die Websites gehen“.
Und so stehen sich die Interessen von verschiedenen Fraktionen der Bourgeoisie gegenüber welche über den Weg des Parlaments ausgefochten werden. Beiden geht es nicht um die Menschen, Informations- oder Meinungsfreiheit, sondern um ihre Profite. Und das ist was die Revolutionäre in den Debatten über dieses Thema klar machen müssen. Es geht den Bonzen nicht um irgendwelche Ideale für die sie einstehen, sondern sie heucheln für „Transparenz“ oder „Demokratie“ zu stehen. In Wirklichkeit wollen sie nur ihre Gewinne gesichert wissen und versuchen dafür Rechtfertigungen zu finden, die auf Zustimmung stoßen.