Was für einen Großteil der Werktätigen, insbesondere die am meisten ausgebeuteten und unterdrückten Teile unserer Klasse, eine enorme Verbesserung darstellen würde – eine reguläre Arbeit, die einen nicht körperlich kaputt macht, drinnen im Warmen, Arbeitszeiten, die das Leben außerhalb der Arbeit nicht zerstören, und eine wirkliche gute Bezahlung – das ist die Basis, auf der sich die Probleme im Arbeitsleben einiger Intellektueller entwickeln.
Der sogenannte akademische Mittelbau, d.h. diejenigen die zwar an Universitäten arbeiten, jedoch keine Professoren sind, Studienräte, Assistenten usw., ist besonders durch die "Exzellenzinitiative" 2005 / 2006 gehörig unter Druck geraten. Heute sind 90% des wissenschaftlichen Personals befristet beschäftigt. Die Anstellung für wissenschaftliche Mitarbeiter erfolgt häufig für einen nur kurzen Zeitraum, wie eine Weiterbildung oder ein Semester. Diese wissenschaftlichen Mitarbeiter können vor und nach der Promotion mindestens zwölf Jahre lang mit Befristungen arbeiten. Die Gewerkschaftsforderungen die Dauer einer Befristung auf drei Jahre festzulegen ist durchaus legitim, aber sie trifft nicht den Kern, denn nach den zwöf Jahren erlangt man entweder eine Dauerstelle oder man muss den Elfenbeinturm verlassen. Genau das ist DIE Existenzangst der Akademiker, was sie empfänglich sowohl für revolutionäre, wie reaktionäre Anschauungen macht.
Dass der so forcierte Konkurrenzkampf im akademischen Milieu ernsthaft negative Konsequenzen hat zeigt sich weniger im Bereich von Forschung und Entwicklung – wobei auch hier durchaus Mängel bestehen, die dem deutschen Imperialismus selbst Probleme bereiten –, sondern vielmehr im Bereich der gesellschaftlichen Vordenker. Dem "Land der Dichter und Denker" gehen sowohl die Dichter, als auch die Denker aus. Wo sind die anerkannten (bürgerlichen) Phantasten, die ernsthafte Zukunftsvisionen für diese Gesellschaft entwickeln, wie es sie in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts noch Dutzende gab? Es gibt sie in diesem Land heute schlichtweg nicht.
Selbst die Partei des bürgerlichen Liberalismus, die FDP, ist im Niedergang. An ihre Stelle tritt eine faschistische Partei, die AfD, die mit einem ultrareaktionärem Programm Chauvinismus und Rassismus propagiert und bedient. Der Kampf um die schwankenden Elemente der Kleinbourgeoisie, zu denen die Intellektuellen zählen, ist ein wichtiger Kampf, den die fortschrittlichen Kräfte, die es im akademischen Milieu gibt, und die revolutionäre Bewegung im allgemeinen annehmen müssen. Dies erfordert jedoch eine Führung des Proletariats, konkretisiert durch seine Partei, die eng mit den tiefsten und breitesten Massen verbunden ist, sonst kommt bei der Sache nicht viel raus. Im besten Falle wäre das eine ernsthafte anarchistische Bewegung oder, was wahrscheinlicher erscheint, eine neue FDP.