Der großangelegte „Kampf gegen den Terror“, der seit letztem Jahr in höchstem Maße von den Herrschenden propagiert wird, gipfelt nun in Österreich mit dem endgültigen Beschluss des neuen Staatsschutzgesetzes am 27. Jänner 2016. Als offizielle Begründung für die Notwendigkeit dieses Gesetzes ist die Verschärfung der Terrorgefahr, die gewaltbereiten „Islamisten“, usw… Auf der einen Seite wird die antimuslimische und ausländerfeindliche Hetze nun gesetzlich legitimiert und in der Justiz verankert, andererseits, und das ist die Hauptseite, ist es ein Mittel politische Gruppierungen, revolutionäre und demokratische Kräfte schon vorzeitig auszuspionieren, zu überwachen und strafrechtlich zu verfolgen: jegliche Bewegung also schon im Keim zu ersticken!
Das Handeln und Ermitteln der Sicherheitskräfte ohne richterliche Kontrolle, ohne Beweise, ohne Möglichkeit der Einsicht, dient vor allem den Interessen derer, die den Widerstand gegen das herrschende System schon vorab beseitigen möchten. Das wird deutlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass ab jetzt jeder Opfer der Bespitzelung werden kann, wenn er „staatsgefährdende“ Aktionen macht, diese propagiert, oder auch nur irgendwie unterstützt. Das Gesetz liefert eine Grundlage demokratische Rechte aufgrund der „Staatssicherheit“ jederzeit auszuhebeln und potentiell „gefährliche“ Personen oder Gruppen zu verfolgen.
Die Innenministerin Johanna Mikl-Leiter gab hocherfreut zu diesem Gesetz an: „Dieses Gesetz ist eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit.“ Ja durchaus – dieses Gesetz unterstreicht noch einmal mehr die Freiheit der Herrschenden und die Notwendigkeit der Sicherheit dieser vor dem Volk.
Allein der Verdacht genügt
Der neue Geheimdienst der im Zuge dieses Gesetzes geschaffen worden ist, das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), kann zukünftig unbeschränkt jeden überwachen und braucht dafür weder einen richterlichen Beschluss noch einen Staatsanwalt. Schon zur Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines verfassungsgefährdenden Angriffs darf das BVT aktiv werden. Und als potentiell verdächtig gilt schon eine „staatsfeindlich“ gesinnte Aussage auf Facebook, ein Kontakt mit jemandem, der unter Verdacht steht, sowie die Teilnahme an einer Demonstration die potentiell staatsfeindliche Inhalte propagiert. Das heißt jegliche politische Aktivität, die bestehende Gesetze oder den Staat Österreich irgendwie kritisiert, kann mithilfe diese Gesetzes umfassend überwacht und verfolgt werden. Außerdem ist in dem neuen Staatsschutzgesetz auch die Herabwürdigung von Staatssymbolen geregelt. Wenn beispielsweise jemand die österreichische Flagge, oder die von einem Bundesland, irgendwie herabwürdigt, oder gar anzünden würde, kann diese Person mit bis zu einem Jahr Freiheitsentzug bestraft werden. Das selbe gilt zum Beispiel für die Veränderungen des Textes der Bundeshymne...
Polizei wird zum Geheimdienst
Die Polizei kann somit umfassend ermitteln und auch auf die Daten von verschiedensten Behörden und Firmen, wie zum Beispiel Busunternehmen, zugreifen und diese auch an internationale Geheimdienste weiterleiten. Jegliche richterliche Kontrolle wird in diesem Gesetz außer Kraft gesetzt und durch einen „Dreiersenat“ (der interne Rechtsschutzbeauftrage des BM.I und zwei StellvertreterInnen) ersetzt. Diesem kann jedoch die Akteneinsicht aus verschiedenen Gründen verwehrt werden, wie zum Beispiel zur Wahrung der Identität von Zeugen. Das ist das Gegenteil von einer „unabhängigen“ Kontrollinstanz.
Vertrauensleute können umfassend eingesetzt werden
Bisher konnten in Österreich V-Leute nicht umfassend eingesetzt werden. Durch das neue Staatsschutzgesetz wurde das grundlegend geändert. Es können theoretisch alle Personen für Informationen aus potentiell gefährlichen Kreisen bezahlt werden, die auch ohne richterlichen Beschluss Aufträge durch den Verfassungsschutz erhalten können. Dies ist zum Beispiel bei gezielten Informationen über politische Gruppierungen, deren Aktivitäten und persönliche Daten, ein Vorteil für den Staatsschutz. Es könnte eine Person nur für Infos im Zuge einer Demonstration oder Veranstaltung angeworben werden, zum Beispiel falls dieser eine gerichtliche Strafe droht, oder ähnliches, wird einfach ein „Ausgleichsdienst“ angeboten. Es ist bereits jetzt Gang und Gäbe, dass Polizisten diese Personen durch Erpressung zu V-Leuten machen. Es gibt genug Gründe: kein Visum, kein Aufenthaltstitel, gerichtliche Strafe, Schulden usw…
Umfassende Überwachung wird durch dieses Gesetz legitimiert
Neu ist am Staatsschutzgesetz auch die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Nun können Daten bis zu 6 Jahre gespeichert werden, wobei die Information, wer auf diese Daten zugreift, nur 3 Jahre gespeichert werden muss. Wenn jedoch der Verdacht auf weitere „Gefährdung“ durch diese Person weiterhin besteht, können diese Daten auch ewig gespeichert werden. Und nicht nur die Daten dieser Person, sondern das ganze Netzwerk, das mit dieser Person irgendwie in Verbindung steht.
Auch der widersprüchliche Landfriedensbruch-Paragraph wurde in diesem Gesetz verankert. Für welche Zwecke dieser Paragraph ins Leben gerufen wurde, konnte man in Österreich schon an einigen bekannten Beispielen erkennen. Sei es den Fall Josef F., der nach den WKR-Ball Protesten monatelang in U-Haft saß, obwohl jegliche Beweismaterialien fehlten, oder die Prozesse gegen die Fans des Sportklub Rapid, die voriges Jahr stattgefunden haben. All diese Beispiele unterstreichen die umfassenden Möglichkeiten des Staates, durch diesen Paragraphen Repression und Einschüchterung von politischem, aber auch kulturellem Protest und Wiederstand umfassend auszuüben und zu sanktionieren.
Viel kritisiert wurde auch die Möglichkeit der Verfolgung von kritischen Journalisten, wenn sie den Staat, oder die innere Sicherheit mit Aussagen gefährden. Dazu der Geschäftsführer der Initiative AKVorrat: "Wir haben einen Anspruch zu Wissen in welcher Weise wir massenüberwacht werden. Wenn Medien rechtswidrige Handlungen eines Staates veröffentlichen und dafür strafrechtlich belangt werden, dann ist es vorbei mit dem Rechtsstaat." Dieses Gesetz wurde in den letzten Monaten von verschiedensten Seiten als sehr bedenklich und undemokratisch kritisiert. Es wurde in verschiedenen Städten, wie Wien, Linz und Innsbruck zu Protesten aufgerufen, Kundgebungen und Veranstaltungen organisiert.
Die Verabschiedung des neuen Staatsschutzgesetzes spricht gegen jegliche demokratischen Grund- und Freiheitsrechte. Es ist Teil des Vormarsches des immer offener werdenden Faschismus. Es ist ein Teil des immer repressiver vorgehenden Polizei- und Militärapparates, der Hochrüstung und Kontrolle. Im Zuge dieser Aufrüstungsstrategie sollen auch weitere 2000 Polizisten ihre „Kollegen“ unterstützen, die Innenministerin forderte sogar eigene Gesetze für einen möglichen Ausnahmezustand. Vor allem demokratische und revolutionäre Kräfte müssen dieses Gesetz entschieden ablehnen und sich umfassende Strategien zu Fragen der Sicherheit überlegen. Das neue Staatsschutzgesetz ist eine Vorbereitung der Herrschenden für kommende Proteste, Widerstand und Ähnlichem. Somit müssen auch alle fortschrittlich gesinnten Kräfte Vorbereitungen treffen, um den zukünftigen Angriffen nicht unvorbereitet gegenüberzustehen.