Wir veröffentlichen hier eine inoffizielle Übersetzung eines wichtigen Artikel aus der demokratischen Zeitung Yeni Demokrasi:

Der „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ und die Ankündigung des Offensichtlichen

Abdullah Öcalans „Aufruf zum Frieden und zur demokratischen Gesellschaft“ ist ein Dokument, welches den nationalen kurdischen Befreiungskampf verurteilt

Der Führer des nationalen kurdischen Kampfes, Abdullah Öcalan, der seit 26 Jahren inhaftiert ist, hat mit seiner Erklärung einen neuen Prozess in der kurdischen Nationalfrage eingeleitet. Nach einem Treffen zwischen Abgeordneten der DEM-Partei und Abdullah Öcalan im İmralı-Gefängnis, wo er gefangen gehalten wird, wurde ein von Abdullah Öcalan verfasster „Aufruf“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Darin wird die PKK aufgefordert, sich zu entwaffnen und aufzulösen, und es wird ein „Friedensprozess“ auf der Grundlage einer Versöhnung mit dem türkischen Staat vorgeschlagen. Dieser Aufruf ist kein taktisches Manöver, sondern die logische Folge einer versöhnlerischen, reformistischen und antimarxistischen Linie, die über viele Jahre hinweg systematisch aufgebaut wurde.

Dieser Aufruf, der sich in die strategische Ausrichtung des türkischen Staates einfügt, die unter dem Diskurs der „Stärkung der Heimatfront“ entwickelt wurde, wird auch Auswirkungen auf imperialistische Projekte und regionale Machtgleichgewichte haben.

Wie die Aufforderung Abdullah Öcalans an die PKK, sich zu entwaffnen und aufzulösen, von der PKK-Führung und der kurdischen nationalen Bewegung im Allgemeinen aufgenommen wird, wird sich in der nächsten Zeit zeigen. In der ersten Erklärung, die im Namen der PKK nach dem „Aufruf zur Entwaffnung und Auflösung“ abgegeben wurde, wurde angekündigt, dass sie Öcalans Aufforderung nachkommen und einen Waffenstillstand erklären würde. Während die Delegationsmitglieder der DEM-Partei, die mit Abdullah Öcalan zusammentrafen und die Erklärung der Öffentlichkeit vorstellten, so taten, als sei das Kurdenproblem gelöst, und den Eindruck erweckten, dass „Frieden herrscht“, setzt der türkische Staat andererseits seine Angriffe auf die Guerilla fort, und Erdoğan bedroht zusammen mit allen führenden Persönlichkeiten des militärischen Geheimdienstes und der zivilen Bürokratie weiterhin die kurdischen nationalen Kräfte. Öcalans Forderung, „die PKK müsse sich auflösen“, ist nichts anderes als eine Anpassung an eine imperialistische und faschistische Strategie, die die Liquidierung einer revolutionären Organisation fordert. Dieser Aufruf ist nicht nur ein Angriff auf den bewaffneten Kampf der PKK, sondern auch auf die Daseinsberechtigung der kurdischen nationalen Bewegung und ihr Recht auf revolutionären Widerstand.

Mit der Formulierung „Integration in den Staat und die Gesellschaft, wie es jede moderne Gesellschaft und Partei, welche nicht ausgelöscht wurde, freiwillig tun würde“, wird dem kurdischen Volk geraten, sich im türkischen Staat zu assimilieren und sich dem annektatorisch-kolonialistischen System zu unterwerfen.

Die Strategie des türkischen Staates zur Eingliederung der kurdischen nationalen Bewegung zur Sicherung der „Heimatfront“

Die Erklärung Öcalans lediglich als eine interne Debatte innerhalb der PKK zu betrachten, hieße, das Thema auf einen begrenzten Rahmen zu beschränken. Die politische Atmosphäre vor und nach diesem Aufruf zeigt, dass die in dem Aufruf dargelegte Perspektive mit dem neuen strategischen Manöver des türkischen Staates konvergiert. Die neue politische Ausrichtung des türkischen Staates, die in Verbindung mit dem Diskurs der „Stärkung der Heimatfront“ entwickelt wurde, zielt in erster Linie darauf ab, den kurdischen nationalen Kampf zu neutralisieren, die revolutionäre Dynamik unwirksam zu machen und die kurdische Bewegung in das System zu integrieren, indem sie zur Versöhnung mit dem Staat gezwungen wird. Unter dem Deckmantel der „Stärkung der Heimatfront“ versucht der türkische Staat, die kurdische nationale Bewegung in das System zu integrieren, um seine innere Stabilität zu gewährleisten. Die Äußerungen von Erdoğan und Bahçeli zeigen, dass hinter dieser Forderung nicht nur ein „Friedensprozess“ steht, sondern auch der Versuch, die regionale Position der Türkei zu stärken.

Im Mittelpunkt dieser Strategie steht das Ziel, die internationale Anerkennung des von den Kurden in Syrien errungenen Status zu verhindern und den Handlungsspielraum der Türkei in der Region zu erweitern, indem die kurdische Bewegung im Innern neutralisiert wird. Die Unterstützung der kurdischen Bewegung in der Region durch die USA, die EU und Israel hat die Türkei zu einem neuen strategischen Schritt gezwungen. Der Aufruf Öcalans ist gerade jetzt entstanden und hat sich mit den regionalen Plänen des türkischen Staates abgestimmt.

Diese neue, vom türkischen Staat entwickelte Strategie besteht aus mehreren Komponenten:

Erstens haben die herrschenden Klassen in der Türkei seit Jahren die Notwendigkeit verspürt, eine neue Strategie zu entwickeln, um die inneren Widersprüche angesichts der Wirtschaftskrisen, der politischen Instabilität, der Machtkämpfe innerhalb der herrschenden Elite, des wirtschaftlichen Rückgangs, der unaufhaltsamen Verarmung, der zunehmenden öffentlichen Unzufriedenheit in der Arbeiterklasse und der Bevölkerung, der regionalen Kriegsdynamik und der imperialistischen Machtkämpfe in der Region zu mildern.

Israels aggressive Politik in Palästina und die Massaker in Gaza, der Sturz des Assad-Regimes in Syrien und die Stärkung des Status der syrischen Kurden haben das regionale Gleichgewicht erschüttert. Die Freie Syrische Armee, die von der Türkei seit langem unterstützt wird, hat sich gegenüber den Kurden als unwirksam erwiesen, und abgesehen von den von ihr besetzten Gebieten hat die Türkei nicht den erhofften Erfolg erzielt. Bislang hat die Türkei die Situation gehandhabt, indem sie die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten und die entstandenen Lücken ausgenutzt hat. Aber die neue Situation und die Machtverhältnisse haben die Möglichkeit beseitigt, diese Politik fortzusetzen. Die kurdische Bewegung in Syrien hat sich trotz aller Aggressionen des türkischen Staates und seiner Stellvertreter-Milizen weiter gefestigt.

Daher wurde der Diskurs über die „Heimatfront“ als Instrument zur Bewältigung dieser Krisen und Widersprüche entwickelt. Die herrschenden Klassen in der Türkei versuchen, die kurdische Bewegung unter dem Deckmantel einer „türkisch-kurdischen Allianz“ aufzuweichen, und versuchen, sich auf die Macht der Kurden in der Region zu stützen, während sie gleichzeitig die Einheit im Inneren sicherstellen.

Seit Jahren stellt die kurdische nationale Bewegung eine der größten Herausforderungen für den türkischen Staat dar, die sie als „Überlebensfrage“ definiert hat. In Wirklichkeit geht es dem türkischen Staat nicht um die Anerkennung der politischen und nationalen Rechte der Kurden, sondern darum, die revolutionäre Dynamik der kurdischen Bewegung zu brechen und das kurdische Volk in das System zu integrieren. Die neue Strategie des türkischen Staates zielt also darauf ab, die kurdische Bewegung zu kontrollieren und sie von einer revolutionären und unabhängigen Kampflinie zu entfernen. Daher kann der Aufruf von Abdullah Öcalan nicht losgelöst von der neuen Ausrichtung des türkischen Staates bewertet werden.

Wie alle nationalen Fragen in unserer Zeit ist die kurdische Frage nicht nur eine Angelegenheit zwischen den sich direkt gegenüberstehenden Kräften, sondern beinhaltet auch die Intervention von Imperialisten und reaktionären Regionalstaaten. Der weitere Verlauf des Prozesses wird also nicht nur von der Haltung der PKK-Führung, die erklärt hat, dem Aufruf von Abdullah Öcalan zu folgen, und des türkischen Staates bestimmt, sondern auch von der Beteiligung zahlreicher internationaler Akteure.

Nach dem Sturz des Assad-Regimes durch islamistische Kräfte und die von den USA, der EU und der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee haben sich die Machtdynamiken im Nahen Osten neu gestaltet. Die kurdischen nationalen Kräfte sind durch die Bündnisse, die sie mit anderen regionalen Mächten geschlossen haben, zu einem der wichtigsten Akteure in der entstehenden regionalen Ordnung geworden. Die Demokratischen Kräfte Syriens kontrollieren einen erheblichen Teil der wirtschaftlichen Ressourcen Syriens. Nach dem Sturz des Assad-Regimes ist Syrien de facto in mehrere Teile geteilt. Auch die Drusen in Syrien haben in ihren Regionen eine eigene Machtstruktur aufgebaut und weigern sich, die neue syrische Regierung anzuerkennen, wobei sie von Israel unterstützt werden. Israel ist derzeit die einflussreichste Macht in Syrien und hat einen großen Teil des Landes besetzt. Entlang des Korridors Gaza, Libanon und Syrien hat Israel eine große Überlegenheit erlangt. Diese Situation ist eine völlige Niederlage für die Politik des türkischen Staates in Syrien, und die Türkei ist zutiefst besorgt über die Expansion Israels. Der eigentliche Grund für die Treffen mit Abdullah Öcalan ist das Erstarken der kurdischen Bewegung als Reaktion auf die regionalen Entwicklungen, insbesondere auf die wachsende Unterstützung durch Israel.

Während der türkische Staat seine Regionalpolitik bestimmt, indem er die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten ausnutzt, ist die kurdische nationale Bewegung in einen Prozess eingetreten, in dem sie einen internationalen Status erlangt, indem sie sich die Unterstützung der imperialistischen Kräfte sichert. Angesichts der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalen Armee, die größtenteils aus dschihadistischen Söldnern von außerhalb Syriens besteht, haben nicht nur die Imperialisten der USA und der EU, sondern auch Israel, das seinen regionalen Einfluss vergrößert hat, den Kurden Unterstützung gewährt. Israelische Beamte haben die neue Regierung in Damaskus wiederholt davor gewarnt, die Kurden anzugreifen. Ähnliche Warnungen wurden auch von den Außenministern Deutschlands und Frankreichs sowie von EU-Vertretern bei ihren Treffen mit den neuen Machthabern im Post-Assad-Syrien ausgesprochen. Auch wenn das regionale Kräfteverhältnis noch nicht geklärt ist, deuten die Entwicklungen darauf hin, dass die kurdische Region in Syrisch-Kurdistan zunehmend an internationaler Legitimität gewinnt und die Kurden in dieser Region bald ihre Kontrolle unter international anerkannter Führung festigen werden. Die Teilnahme von Yunus Behram als Vertreter von Rojava an der Münchner Konferenz, die vom 14. bis 16. Februar 2025 stattfand, ist in dieser Hinsicht eine sehr wichtige Entwicklung. Es war das erste Mal, dass die Kurden von Rojava offiziell bei einem so wichtigen internationalen Treffen vertreten waren, wodurch ihr Status in Syrien weiter gestärkt wurde.

Kompromiss, Pragmatismus und das Ersetzen der revolutionären Linie

Der Aufruf Öcalans muss im historischen Kontext der kurdischen nationalen Bewegung, ihrer Auswirkungen auf den Klassenkampf in der Türkei und der Regionalpolitik des imperialistischen Systems bewertet werden. Die kurdische nationale Bewegung hat nicht nur den Freiheitskampf des kurdischen Volkes seit Jahren geprägt, sondern auch innerhalb der revolutionären und linken Bewegungen in der Türkei theoretisch, ideologisch und politisch eine entscheidende Rolle gespielt. Daher wirkt sich jeder Schritt, der im kurdischen Nationalkampf unternommen wird, nicht nur auf die Bewegung selbst, sondern auch auf die Machtdynamik in der Türkei und in der gesamten Region aus.

In diesem Zusammenhang sollte der Aufruf Öcalans nicht nur im Hinblick auf die interne politische Richtung der kurdischen nationalen Bewegung analysiert werden, sondern auch in Bezug auf das Gleichgewicht der politischen Kräfte in der Türkei, die regionale Konfliktdynamik und imperialistische Projekte.

Die kurdische Frage ist nicht nur eine Frage der nationalen Rechte. Sie ist auch ein Schlüsselfaktor bei der Gestaltung der revolutionären Dynamik in der Türkei. Die kurdische Nationalbewegung ist seit langem eine Kraft, die den Verlauf des Klassenkampfes in der Türkei beeinflusst. Dieser Kampf betrifft nicht nur die Rechte der kurdischen Nation, sondern hat auch Auswirkungen auf die Radikalisierung oder reformistische Tendenzen der türkischen Arbeiterklasse und der linken Bewegung. Daher wird die nächste Phase eine neue Stufe des Klassenkampfes in der Türkei einleiten.

Die Erklärung von Abdullah Öcalan entspricht nicht den allgemein akzeptierten Definitionen wie „Krieg führende Kräfte setzen sich schließlich an den Verhandlungstisch“ oder „jeder Krieg hat ein Ende“. Auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag, sieht die Realität anders aus. Wenn sich Kriegsparteien an den Verhandlungstisch setzen, erzielen sie einen Kompromiss, der auf gegenseitigen Zugeständnissen und Gemeinsamkeiten beruht. In Öcalans Aufruf wird das Verständnis von „Kompromiss“ jedoch durch „Selbstverurteilung“ definiert.

Bei der Untersuchung der Reaktionen aus revolutionären Kreisen wird deutlich, dass sich einige nicht direkt gegen den Aufruf ausgesprochen haben, während andere ihn implizit unterstützt oder durch ihr Schweigen gebilligt haben. Diesen Kreisen fehlt es entweder an einer prinzipiellen Sichtweise der nationalen Frage oder sie haben es aufgrund ihrer langjährigen pragmatischen Beziehungen zur kurdischen nationalen Bewegung versäumt, den reaktionären Charakter dieses Aufrufs offen anzuprangern, und in einigen Fällen haben sie ihn sogar stillschweigend unterstützt.

Mit einer solchen Haltung lehnen diese Gruppen nicht nur das Prinzip des Selbstbestimmungsrechts der Nationen ab, sondern sprechen auch den unterdrückten Klassen das Recht auf Revolution ab und machen damit ihre eigene Existenz sinnlos.

Entlastung eines in die Enge getriebenen türkischen Staates durch Liquidierung revolutionärer Dynamiken

Der „Aufruf für Frieden und demokratische Gesellschaft“ ist der jüngste Ausdruck einer systematischen ideologischen und politischen Ausrichtung, die auf die Liquidierung des kurdischen nationalen Kampfes abzielt. Dieser Aufruf zielt darauf ab, den unabhängigen, organisierten Kampf der kurdischen Nation aufzugeben, ihn in die Grenzen des türkischen Staates zu integrieren, die kurdischen nationalen Rechte auf ihre bedeutungsloseste Form zu reduzieren und den kurdischen nationalen Kampf in Übereinstimmung mit den Interessen der türkischen herrschenden Klassen neu zu gestalten.

Der Text des Aufrufs versucht, die nationalen Rechte und den Freiheitskampf der kurdischen Nation unter den Begriffen „demokratische Gesellschaft“ und „Frieden“ zu verschleiern. Bei näherer Betrachtung schlägt er weder eine Lösung vor, die es der kurdischen Nation ermöglichen würde, ihre national-demokratischen Rechte zu sichern, noch bietet er irgendeine Kritik an der annexionistischen Struktur des bestehenden Systems. Stattdessen wird ein Ansatz präsentiert, der die historischen Realitäten verzerrt und sich den Argumenten der türkischen herrschenden Klassen anschließt.

Öcalans Aufruf verdreht die Wurzeln der kurdischen Frage und versucht, den Kampf der kurdischen Nation zu delegitimieren. Er führt die Ursprünge der kurdischen Frage fälschlicherweise nicht auf die kolonialistische, annexionistische und massakrierende Struktur des türkischen Staates zurück, sondern auf das „Klima der Gewalt im 20. Jahrhundert“ und den Einfluss des „Realsozialismus“. Öcalan erklärt die Entstehung der PKK mit „dem 20. Jahrhundert, dem gewalttätigsten Jahrhundert der Geschichte, den beiden Weltkriegen, dem Realsozialismus und den Auswirkungen des Kalten Krieges“, und behauptet, dies sei die Grundlage der Organisation. Dies ist eine bewusste Verzerrung, die die existenziellen Wurzeln der PKK und des kurdischen Nationalkampfes verfälscht.

Öcalan will die PKK als historischen Irrweg darstellen und das Bild einer falschen, „vom Realsozialismus beeinflussten Bewegung“ schaffen. Diese Bemühungen dienen dazu, die nationalen demokratischen Rechte und den Unabhängigkeitskampf des kurdischen Volkes bedeutungslos zu machen und den organisierten Widerstand zu liquidieren.

Die Behauptung, dass die PKK „aufgelöst werden sollte, weil sie in Bedeutungslosigkeit und übermäßige Wiederholung verfallen ist“, ist lediglich ein Spiegelbild von Öcalans ideologischem Wandel. Die Daseinsberechtigung einer nationalen Befreiungsbewegung ist nicht eine ideologische Abweichung, sondern die realen Forderungen des Volkes und die Praktiken des Kolonialstaates. Während der türkische Staat dem kurdischen Volk weiterhin die elementarsten Rechte verweigert, ist die Behauptung, die PKK sei überflüssig geworden, nur eine Legitimierung der annektatorisch-kolonialistischen Politik des türkischen Staates.

Damit manipuliert Öcalan die historische Wahrheit, spricht den türkischen Staat von seiner Verantwortung frei und schiebt die Schuld auf das kurdische Volk und die kurdische Nationalbewegung, die für ihre Rechte gekämpft und große Opfer gebracht haben. Diese von Öcalan über viele Jahre hinweg systematisch entwickelte Vorgehensweise hat nun ein Stadium erreicht, in dem sie keiner Zwischenbegründungen mehr bedarf und ganz offen die Unterwerfung der kurdischen Nation unter die türkischen Machthaber zu legitimieren sucht.

Indem er die Verleugnungs- und Vernichtungspolitik des türkischen Staates gegenüber den Kurden ignoriert, stellt er die Integration in den Staat als Lösung dar und erweckt die Illusion, dass sich die Türkei demokratisiert und dass „Lösungsprozesse“ für die Kurden voranschreiten. Doch auch heute noch werden nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Grenzen der Türkei systematisch Angriffe auf die nationalen Rechte der Kurden verübt.

Verzerrung der historischen Realität und der objektiven Grundlagen der kurdischen Nationalfrage zum Aufbau einer „türkisch-kurdischen Allianz“

Öcalans „1000 Jahre türkisch-kurdische Allianz“ ist die Wiederholung einer historischen Lüge. Die Behauptung, es habe in der Geschichte ein „freiwilliges Bündnis“ zwischen Türken und Kurden gegeben, ist ein Versuch, die Politik der Unterdrückung, der Massaker und der Assimilierung des kurdischen Volkes vom Osmanischen Reich bis zum heutigen Tag zu verschleiern.

Seit der Gründung der Republik wurde das Recht der Kurden auf Autonomie usurpiert, ihre Aufstände wurden blutig niedergeschlagen und ihre Identität systematisch ignoriert. Die Verleugnungs- und Vernichtungspolitik gegenüber den Kurden von Koçgiri bis Dersim, vom Zilan-Massaker bis heute zeigt, dass wir es nicht mit einem „freiwilligen Bündnis“ zu tun haben, sondern mit einer Kolonialverwaltung.

Die Behauptung, dass „die letzten 200 Jahre der kapitalistischen Moderne versucht haben, dieses Bündnis aufzubrechen“, ist ein reaktionärer Ansatz, der die Wurzeln der kurdischen Frage verschleiert, die Verbrechen des türkischen Staates beschönigt und den kurdischen Nationalkampf als Ziel markiert. Obwohl die Auswirkungen des Kapitalismus eine Tatsache sind, ist der Hauptgrund, warum das kurdische Volk unter nationaler Unterdrückung steht, der türkische Staat und seine annektatorisch-kolonialistische Politik, die nach den Interessen des imperialistischen Systems gestaltet ist.

Die kurdische Nationalbewegung hat sich historisch in Opposition zur Verleugnungs-, Vernichtungs- und Zwangsassimilierungspolitik des türkischen Staates herausgebildet, die vom Osmanischen Reich bis zur Republik, vom frühen 20. Jahrhundert bis heute zwischen Unterdrückung und Integration schwankt. Bei diesem historischen Kampf geht es nicht nur um die Sicherung von Rechten für die kurdische Nation, sondern er ist auch eine Folge des faschistischen Charakters des türkischen Staates.

Während der osmanischen Zeit konnten die Kurden ihre Existenz innerhalb autonomer Strukturen bewahren, doch mit der zunehmenden Zentralisierung und der Entwicklung des modernen Nationalstaatsmodells wurde eine Politik der Assimilierung und Ausrottung eingeführt. Mit dem Vertrag von Lausanne (1923) wurden die Kurden der Souveränität der neu gegründeten Republik Türkei unterstellt, und ihre nationale Identität wurde verleugnet.

In den ersten Jahren der Republik wurden kurdische Aufstände vom Staat gewaltsam unterdrückt, wobei größere Revolten wie der Scheich-Said-Aufstand, der Koçgiri-Aufstand, der Ağrı-Widerstand und der Dersim-Aufstand in Massenmassakern endeten. Nach der brutalen Niederschlagung des Dersim-Aufstands von 1938 wurden die politischen und sozialen Rechte der Kurden weiter beschnitten und die Assimilationspolitik mit noch brutaleren Methoden intensiviert.

Die Gründung der PKK im Jahr 1978 war eine direkte Folge dieses historischen Kontextes und des Kampfes der kurdischen Nation um ihre Unabhängigkeit. In Öcalans Erklärung werden jedoch die Gründe für diese Kämpfe und ihre Ziele außer Acht gelassen, wodurch die Wurzeln der kurdischen nationalen Frage entstellt werden.

Eine von Öcalans grundlegenden historischen Verzerrungen ist seine Behauptung, dass die Gründung und der bewaffnete Kampf der PKK in erster Linie auf den „Einfluss des Realsozialismus“ und die „gewalttätige Atmosphäre des 20. Jahrhunderts“ zurückzuführen seien. Der Kampf der kurdischen Nation um Unabhängigkeit und Selbstbestimmung existierte jedoch schon lange vor der PKK, und das kurdische Volk hatte sich schon vor der Gründung der PKK wiederholt gegen den türkischen Staat erhoben. Öcalans Ansatz richtet sich nicht nur gegen die PKK, sondern verurteilt die gesamte Geschichte der kurdischen nationalen Bewegung.

Von der Theorie des „demokratischen Konföderalismus“, die die leninistischen Prinzipien zur nationalen Frage verfälscht, zum liquidatorischen „Aufruf zu Frieden und demokratischer Gesellschaft“

Öcalans jüngste Erklärung ist der Höhepunkt eines reformistischen, antimarxistischen und versöhnlerischen Ansatzes, der sich seit den 1990er Jahren vertieft hat. Seit Jahrzehnten hat Öcalan neue Paradigmen entwickelt, die den theoretischen Rahmen des Marxismus zur nationalen Frage und zum Klassenkampf ablehnen und stattdessen systemkonforme Lösungen befürworten. Seine jüngste Erklärung ist angesichts dieser ideologischen Entwicklung nicht überraschend.

In seiner Theorie des „Demokratischen Konföderalismus“ lehnte Öcalan nicht nur den Marxismus und den revolutionären Kampf ab, sondern auch die objektiven Gesetze des Kapitalismus, indem er die Konzepte des Staates, des Klassenkampfes und der Revolution verwarf und stattdessen einen Ansatz propagierte, der auf der Versöhnung mit dem imperialistischen System beruht. Indem er fälschlicherweise behauptet, dass die Marxsche Arbeitswerttheorie falsch sei und dass „die Arbeiterklasse ein Ausbeutungspartner der Bourgeoisie“ sei, ersetzt er Klassenkampf durch Unterwerfung und Versöhnung. Er lehnt die theoretischen und politischen Positionen Lenins und Stalins zur nationalen Frage ab und geht so weit, sie als „Katastrophe“ zu bezeichnen, und er lehnt das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung, einschließlich des Rechts auf die Gründung eines unabhängigen Staates, vollständig ab.

Sein neuester Aufruf verkündet daher offiziell die Perspektive, die er seit langem aufgebaut hat - eine, die die Unterwerfung unter die bestehenden Machtstrukturen legitimiert und sowohl Selbstbestimmung als auch revolutionären Kampf ablehnt.

Der „Aufruf zu Frieden und demokratischer Gesellschaft“ ist eine Politik der Blockade, keine Lösung der kurdischen Nationalfrage

Die jüngste Erklärung von Abdullah Öcalan, in der er die Auflösung der PKK, das Ende des bewaffneten Kampfes und die „Integration“ der kurdischen Nation in den türkischen Staat fordert, stellt den Höhepunkt einer langjährigen versöhnlichen Linie dar. Die Hauptargumente für diese Erklärung lauten wie folgt:

1. Verfälschung der Ursachen der kurdischen Frage und Verschleierung des kolonialistisch-anektatorischen, völkermörderischen und verleugnenden Charakters des türkischen Staates.

2. Es wird die Illusion erweckt, dass es eine positive Veränderung in der Herangehensweise der herrschenden Klassen in der Türkei an die Lösung der kurdischen Frage gegeben hat.

3. Die Behauptung, dass im türkischen Staat ein Demokratisierungsprozess im Gange sei, der ein Umfeld schaffe, in dem die kurdische Frage gelöst werden könne.

4. Die Behauptung, dass die kurdische Frage bereits gelöst ist und der bewaffnete Kampf nicht mehr notwendig ist.

5. Die Behauptung, dass eine Demokratisierung durch staatliche Reformen möglich ist.

6. Die Behauptung, dass Forderungen nach Unabhängigkeit, Sezession und nationalen Rechten nicht mehr notwendig seien.

All diese Argumente sind von der Realität abgekoppelt und beruhen auf bewussten Verzerrungen. Die grundlegende Ursache der kurdischen Frage ist die faschistische Struktur des türkischen Staates, der als Halbkolonie des Imperialismus organisiert ist, seine Annexionspolitik und sein unterdrückerisches, kolonialistisches Vorgehen gegenüber der kurdischen Nation. Die primäre Politik der herrschenden Klassen in der Türkei bestand immer darin, die kurdische Existenz zu leugnen, die Assimilation zu vertiefen und die Kurden in ein annektierendes System zu integrieren, indem sie deren nationalen Rechte an sich reißen.

Die Erklärung Öcalans erweckt die Illusion, dass der türkische Staat seine Herrschaftspolitik gegenüber den Kurden geändert und einen Demokratisierungsprozess eingeleitet hat. In den letzten Jahren haben sich die Aggressionen gegen die Kurden jedoch auf das irakische und syrische Kurdistan ausgeweitet, Gemeinden wurden von staatlich ernannten Treuhändern übernommen, kurdische politische Vertreter und Führer wurden massenhaft verhaftet, und in den kurdischen Gebieten wurden systematische Militäroperationen durchgeführt, die das kurdische Volk zwangen, unter einem ständigen Kriegsregime zu leben.

Indem er diese brutale Kolonialpolitik ignoriert und behauptet, dass eine „demokratische Versöhnung“ mit dem türkischen Staat möglich sei, wendet sich Öcalan von der historischen Erfahrung des kurdischen nationalen Kampfes ab. Die herrschenden Klassen in der Türkei haben ihre Politik der Verleugnung und der Massaker gegen die kurdische Nation nie aufgegeben. Im Gegenteil, immer wenn die kurdische nationale Bewegung gestärkt wurde, hat der Staat mit härterer Repression geantwortet. Heute steht die kurdische Nation nach wie vor unter annektierender Herrschaft, ihre grundlegendsten nationalen Rechte werden ihr verweigert, und entgegen den Behauptungen über eine Demokratisierung ist sie intensivem Staatsterror ausgesetzt.

Öcalans Forderung verlangt im Wesentlichen, dass die kurdische Nation vollständig auf ihr Recht auf Unabhängigkeit und Selbstbestimmung verzichtet. Dieser Aufruf legitimiert eine Lösung, die auf der Assimilation in die türkische bürgerliche Herrschaft und einem Abkommen mit dem türkischen Staat beruht, das von den Kurden den Verzicht auf ihre eigene Identität verlangt. Nationale Befreiungskämpfe sind jedoch revolutionäre Kämpfe gegen Imperialismus und Kolonialismus. Das Recht der Nationen auf Selbstbestimmung ist ein revolutionäres Prinzip, das nicht auf kulturelle Rechte und lokale Verwaltungsreformen reduziert werden kann. Die kurdische Nation hat das Recht auf Selbstbestimmung, was das Recht auf die Gründung eines unabhängigen Staates einschließt. Die Ausübung dieses Rechts ist Sache der kurdischen Nation.

Demokratisches Versöhnlertum und „Friedens“-Täuschung

Öcalan behauptet, dass der derzeitige faschistische türkische Staat durch Reformen demokratisiert werden wird, und erklärt, dass „das zweite Jahrhundert der Republik nur dann eine dauerhafte und brüderliche Kontinuität haben kann, wenn es mit Demokratie gekrönt wird“. Betrachtet man jedoch die Struktur des politischen Regimes in der Türkei, so ist dies nicht möglich.

Der türkische Staat verfolgt weiterhin eine stark repressive Politik gegen die kurdische Bewegung, indem er beispielsweise Treuhänder für die Gemeinden einsetzt, politische Vertreter verhaftet, groß angelegte Operationen durchführt und militärische Angriffe organisiert. In einem solchen Umfeld ist der Ruf nach „demokratischer Versöhnung“ nichts anderes als eine Politik, die das kurdische Volk zwingt, sich zu ergeben, indem es die Aggression des Staates ignoriert.

Der Diskurs, dass „es keinen anderen Weg als die Demokratie für die Suche und Verwirklichung des Systems gibt“, ist eine Propaganda des Reformismus, die den revolutionären Kampf ablehnt und ihn auf die Suche nach Lösungen innerhalb des Systems beschränkt. Die nationalen Befreiungskämpfe in der Weltgeschichte haben jedoch gezeigt, dass die wirkliche Lösung nur durch den organisierten revolutionären Kampf des Volkes möglich ist.

Öcalans Erklärung zielt darauf ab, den objektiven revolutionären Charakter des kurdischen nationalen Kampfes zu beseitigen. Er wird jedoch unweigerlich mit den objektiven Zwängen konfrontiert sein, die sich aus der regionalen Machtdynamik und den Klassenwidersprüchen ergeben. Die wirkliche Lösung liegt nicht in reformistischen Kompromissen und einer Politik, die mit den imperialistischen Interessen übereinstimmt, sondern in einer revolutionären Linie, die das Selbstbestimmungsrecht der kurdischen Nation aufrechterhält und den Kampf gegen den Imperialismus und die annektierten Staaten intensiviert.

Die nationale Frage im Zeitalter des Imperialismus und die revolutionäre Lösung

Die nationale Frage, die ein Erbe der Vergangenheit ist, bleibt einer der grundlegenden Widersprüche, die im Zeitalter des Imperialismus gelöst werden müssen. Sowohl die Unabhängigkeitskämpfe in den halbkolonialen Ländern als auch die Forderungen der unterdrückten Nationen innerhalb der multinationalen Staaten sind eine direkte Widerspiegelung der allgemeinen Krise des imperialistischen Systems.

Mit dem imperialistischen Stadium des Kapitalismus ist die nationale Frage nicht mehr, wie im Zeitalter des Konkurrenzkapitalismus, eine „interne Frage“ der Staaten, sondern eine „externe Frage“, in die die imperialistischen Mächte direkt eingreifen. Lenin und Stalin zeigten, dass nationale Fragen im Zeitalter des Imperialismus nicht mehr durch eine unabhängige bürgerlich-demokratische Lösung, sondern nur durch eine proletarische Revolution als Teil der Weltrevolution gelöst werden können. Mao entwickelte dieses Verständnis weiter, indem er betonte, dass nationale Befreiungskämpfe die Krise des Imperialismus vertiefen und eine entscheidende Rolle in der Ära der proletarischen Revolutionen spielen.

Heute sind u. a. die nationalen Fragen Palästinas und Kurdistans direkt mit imperialistischen Hegemoniekämpfen, Ausbeutungsmechanismen und militärischer Vorherrschaft verbunden. Der Imperialismus manipuliert nationale Fragen für seine eigenen Interessen, indem er Nationen spaltet, den Nationalismus anheizt und Volksbewegungen gegeneinander aufhetzt. Nationale Kämpfe stellen jedoch einen der schwächsten Punkte des imperialistischen Systems dar.

Die vollständige und befreiende Lösung der nationalen Frage im imperialistischen Zeitalter liegt in der Verantwortung des Proletariats. Die Befreiung der unterdrückten Nationen von der Herrschaft der unterdrückenden Nationen und dem Griff des globalen imperialistischen Finanzkapitals ist nur durch vom Proletariat angeführte Revolutionen möglich. Die Fähigkeit der Bourgeoisie, eine unabhängige und freie nationale Souveränität zu errichten, hat sich in der imperialistischen Ära erschöpft. Daher muss jede demokratische Revolution entweder zum Sozialismus voranschreiten oder in die imperialistische Abhängigkeit hineingezogen werden. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bourgeoisie dazu neigt, ein Teil des imperialistischen Systems zu werden. Ein vom Imperialismus abhängiges Volk zu werden, bedeutet, dass alle fortschrittlichen und demokratischen Errungenschaften zunichte gemacht werden. Die einzige Möglichkeit für unterdrückte Völker, eine vollständige und endgültige Befreiung zu erreichen, besteht darin, eine politische Polarisierung zugunsten der Volksdemokratie zu schaffen und sich auf dem revolutionären Weg zu organisieren.

Die jüngste Erklärung Öcalans bedeutet die Liquidierung des kurdischen nationalen Kampfes. Gemäß den grundlegenden Prinzipien des Marxismus-Leninismus-Maoismus kann die Freiheit der kurdischen Nation nur durch einen revolutionären Weg erreicht werden. Die Befreiung der kurdischen Nation ist nur durch einen revolutionären Kampf gegen den Imperialismus, den herrschenden türkischen Staat und die reaktionären Regime in der Region möglich.