Wir veröffentlichen hier eine inoffizielle Übersetzung eines wichtigen Artikels von indischen Genossen zum Verständnis der aktuellen Entwicklungen in Nepal:
Im Kontext des anhaltenden Massenaufstands in Nepal ist in den indischen sozialen Medien eine merkwürdige Einheit „Ram-Linke“ [Anmerkung des Übersetzers: Eine Einheit zwischen Ram Chandra Poude l., dem Präsidenten Nepals, früher Teil der Nepalesischen Kongresspartei und sich selbst so bezeichnenden „Linken“] zu beobachten. Die „Linken“, darunter auch Verschwörungstheoretiker, sehen bereits überall die Hand der CIA im Spiel (es wird nicht behauptet, dass die CIA nicht auch bei den Ereignissen in Nepal ihre Finger im Spiel hat, darauf wird später eingegangen), aber da die RSS [Anmerkung des Übersetzers: Rastriya Samachar Samiti, wichtigstes Medienunternehmen in Nepal] – das Lieblingsmedium der USA – seit einiger Zeit kein ordentliches Wasser mehr von ihrem alten Besitzer bekommt, stimmen auch sie in den „CIA! CIA!“-Schrei ein. Aber ist es nur die CIA? Ist alles „sorgfältig geplant“? Der Massenaufstand in Nepal begann damit, dass die nepalesische Regierung 26 Social-Media-Apps verbot. Das ist jedoch nur ein Vorwand. Wer die „sozialen Medien“ Nepals schon länger verfolgt, weiß, dass selbst nach der Aufhebung des Social-Media-Verbots zwei Wörter aufgetaucht sind. Wer sind die „Nepo-Babys“? Bevor wir nach einer Antwort auf diese Frage suchen, ist es notwendig, ein wenig über die jüngste Geschichte Nepals zu sprechen.
Nepal ist derzeit eine sogenannte „demokratische Republik“, aber selbst zu Beginn des 21. Jahrhundert stand Nepal unter der Herrschaft des Königs. Diese Monarchie, ein Handlanger des Imperialismus und Patron des Feudalismus, war für das nepalesische Volk wie ein blutsaugender Egel. Ende des 20. Jahrhunderts begann das nepalesische Volk mit dem Traum, alle Ausbeutungssysteme zu beseitigen, einen revolutionären Volkskrieg mit dem Ziel, das alte, volksfeindliche Staatssystem Nepals, einschließlich der Monarchie, zu stürzen. Dieser Volkskrieg, der unter der Führung revolutionärer Kommunisten organisiert wurde, erschütterte die Monarchie Nepals in ihren Grundfesten. Die wahren Förderer der Monarchie, d. h. die verschiedenen imperialistischen Staaten, die ausbeuterischen Kreise wie IWF und Weltbank sowie die blutsaugende bürokratische Großbourgeoisie und die Großgrundbesitzer Nepals, erkannten, dass das nepalesische Volk die gesamte Struktur seiner Ausplünderung zerstören würde, wenn der König bestehen bleiben sollte. Sie wurden von Parlamentsparteien wie dem Nepali Congress, der Communist Party of Nepal (Vereinigte Marxisten-Leninisten) [Anmerkung des Übersetzers: Partei unter Führung des bisherigen Premierministers KP Sharma Oli] usw. vertreten. All diesen üblen Mächten und den ihnen unterstellten Parlamentsparteien gelang es, einen Teil der Führung des revolutionären Volkskriegs in Nepal, d. h. Prachanda-Oli-Baburam Bhattarai usw., zu ihren Partnern zu machen. Dieser vereinte Kreis verbreitete weiterhin Propaganda, indem er dem nepalesischen Volk, das darum kämpfte, eine neue Gesellschaft aufzubauen, Sand in die Augen streute und behauptete, nur das Ende der Monarchie werde eine grundlegende Lösung für alle Probleme des nepalesischen Volkes bringen!
Die nepalesische Monarchie wurde 2008 offiziell gestürzt. Doch was bedeutete das? Mit ihrem Fall wurde in Nepal die sogenannte „parlamentarische Demokratie“ errichtet, doch keines der grundlegenden Probleme des nepalesischen Volkes wurde gelöst. Vielmehr wuchsen im königslosen Nepal, genau wie in der indischen „parlamentarischen Demokratie“, Tausende kleiner und großer „Könige“ heran – Führer von Parlamentsparteien, die von der bürokratischen Großbourgeoisie, Großgrundbesitzern und Konzernen gefüttert wurden. Sie waren noch geschickter darin, das Volk auszuplündern als die vorherigen Könige. Sie besaßen große Autos, große Häuser und riesige Vermögenswerte bei ausländischen Banken. Das nepalesische Volk hingegen hat für dieses Blutvergießen nichts bekommen. Diese kronenlosen Könige des königslosen Nepal sind die „Nepo-Babys“. Seit die sogenannte „parlamentarische Demokratie“ in Nepal errichtet wurde, ist das nepalesische Volk im Netz der Unterdrückung und Ausbeutung durch diese „Nepo-Babys“ gefangen. Die Wut der einfachen Leute, die an diesem Massenaufstand teilnehmen, richtet sich genau gegen diese „Nepo-Babys“.
Ist die CIA also nicht an den Ereignissen in Nepal beteiligt?
Natürlich gibt es das. Man sollte nicht vergessen, dass verschiedene rechtsgerichtete, bösartige Mächte in den letzten Jahren versucht haben, die öffentliche Meinung zugunsten einer Wiedereinführung der Monarchie zu beeinflussen, indem sie die berechtigte Wut der nepalesischen Bevölkerung gegen das verkommene Modell der „parlamentarischen Demokratie“ ausnutzten. Eine aus dem Ausland finanzierte, „unpolitische“ NGO namens „Hami Nepal“ hat sich zum Zentrum der Massenbewegung in Nepal entwickelt. Es ist klar, dass die Imperialisten, genau wie in Bangladesch, einen „präzisen Plan“ für Nepal haben müssen. Man muss eines über die verschwörerischen „linken“ Kräfte wissen: Wenn in einem Land unter dem Einfluss eines der imperialistischen Lager eine berechtigte öffentliche Wut gegen den Staat aufkommt, versucht das rivalisierende Lager dieses Lagers stets, diese öffentliche Wut für die eigenen Interessen missbrauchen zu können. Mit anderen Worten: Diese Art imperialistischer Verschwörung ist nichts Neues. Welche Pflicht sollten also wahre Kommunisten in einer solchen Situation haben? In einer solchen Situation sollten revolutionäre Kommunisten genau das tun, was die Bolschewiki während der Februarrevolution 1917 taten. Das heißt, die internen Konflikte der Imperialisten ausnutzen, die Falle der „minutiösen Planung“ zerstören und der berechtigten Massenwut des Volkes eine revolutionäre Richtung geben. Die verschwörungstheoretischen „Linken“ wissen möglicherweise nicht, dass einige Imperialisten eine „minutiöse Planung“ für das russische Volk planten, das für die Beendigung des Zarismus in Russland kämpfte. Sehen wir uns an, was Lenin dazu sagte.
„Während jedoch die Niederlagen zu Beginn des Krieges die Rolle eines negativen Faktors spielten, der die Explosion beschleunigte, so war das Bündnis des englisch-französischen Finanzkapitals, des englisch-französischen Imperialismus mit dem oktobristisch-kadettischen Kapital Rußlands ein Faktor, der diese Krise durch direkte Organisierung einer Verschwörung gegen Nikolaus Romanow beschleunigte.
Diese außerordentlich wichtige Seite der Sache wird von der englischen und französischen Presse aus verständlichen Gründen verschwiegen, während sie von der deutschen schadenfroh unterstrichen wird. Wir Marxisten müssen der Wahrheit nüchtern ins Auge sehen, wir dürfen uns weder durch die Lugen, die offiziellen, honigsüßen diplomatischen Lugen der Diplomaten und Minister der einen kriegführenden Imperialistengruppe, noch durch das Zwinkern und Kichern ihrer finanziellen und militärischen Konkurrenten von der anderen kriegführenden Gruppe beirren lassen. Der ganze Ablauf der Ereignisse während der Februar-März-Revolution zeigt deutlich,. daß die englische und die französische Botschaft mit ihren Agenten und „Verbindungen“, die seit langem die verzweifeltsten Anstrengungen machten, „separate“ Übereinkünfte und einen Separatfrieden zwischen Nikolaus dem Zweiten (und dem Letzten, wie wir hoffen und erstreben) und Wilhelm dem Zweiten zu verhindern, zusammen mit den Oktobristen und Kadetten, zusammen mit einem Teil der Generalität und des Offizierskorps der Armee sowie der Petersburger Garnison eine direkte Verschwörung organisierten, und zwar besonders mit dem Ziel der Absetzung Nikolaus Romanows.“ – W.I. Lenin, Briefe aus der Ferne, Brief 1, Die erste Etappe der ersten Revolution
Die verzweifelten „linken“ Parteien sind besessen von „minutiöser Planung“ und „Verschwörung“ und wissen nicht, wie sie dem Volk und vor allem ihrer eigenen Politik vertrauen können. Auch wenn diese „minutiöse Planung“ die berechtigte Wut des Volkes ausnutzt, muss der Kampf für sozialen Wandel mit Vertrauen in das Volk und revolutionär-kommunistischer Politik geführt werden. Dieser Aufstand des nepalesischen Volkes ist gerechtfertigt. Wenn die „minutiöse Planung“ der Imperialisten tatsächlich vereitelt werden soll, dann sollte die Hauptaufgabe nicht darin bestehen, den nepalesischen Staat zu unterstützen, sondern ein vereintes revolutionäres alternatives Machtzentrum im Interesse der Arbeiter-, Bauern- und Mittelklassen im anhaltenden Kampf gegen den nepalesischen Staat aufzubauen.
Gestern, am 9. September, trat der Vorsitzende der revisionistischen Kommunistischen Partei Nepals, Premierminister KP Oli, zurück und floh mit Hilfe der Armee aus dem Land. Historisch betrachtet ist der 9. September auch der Todestag von Genosse Mao Tse-tung. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, die Worte von Genosse Mao heute immer wieder zu betonen: „Es mag Tausende von Prinzipien des Marxismus geben, aber letzten Endes lassen sie sich in einem Satz zusammenfassen: Rebellion ist gerechtfertigt.“