Wir dokumentieren hier einen Artikel von maoistdazibao:
Die Frage kann nur so stehen: bürgerliche oder sozialistische Ideologie. Ein Mittelding gibt es nicht (…) Darum bedeutet jede Herabminderung der sozialistischen Ideologie, jedes Abschwenken von ihr zugleich eine Stärkung der bürgerlichen Ideologie.“ W.I. Lenin
Beim heutigen Zustand der Internationalen Kommunistischen Bewegung ist der scharfe Kampf gegen die bürgerliche Ideologie eine der wichtigsten Aufgabe, da starke – sich selbst als kommunistisch begreifende – Kräfte den Weg des Revisionismus, Reformismus, Opportunismus und des Liquidatorentums beschreiten, der gegen die universelle Wahrheit des Marxismus-Leninismus-Maoismus gerichtet ist. Beispiele für solche Abweichungen sind wohl jedermann aus eigener Anschauung bekannt. Sie alle trachten danach, dass das Proletariat schön brav hinter der Bourgeoisie und deren Ideologie hertrottet und seine eigene historische Mission, den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau des Sozialismus und Kommunismus, vergessen soll.
„Liquidatorentum ist nach 1908 bis 1912 eine opportunistische, menschewistische Strömung in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (SDAPR), die sich, um den Preis der Absage an das Programm und die Taktik der Partei von der zaristischen Regierung die Zustimmung zur Existenz einer offenen, legalen, angeblichen „Arbeiter“partei erlangen wollten und bereit waren, sich mit der Stolypinschen Regime auszusöhnen, sich ihm anzupassen. Darum wurden die Liquidatoren auch „Stolypinische Arbeiterpartei genannt“ (Stalin)“ (Wilhelm Liebknechts Volksfremdwörterbuch, Berlin/DDR, 1953, S. 155-156). Solche liquidatorischen Kräfte entlarvt W.I. Lenin in seinem Artikel „Ein neuer revolutionärer Arbeiterbund“:
„Für den Arbeiter bedeutet das Aufgeben der prinzipiellen Meinungsverschiedenheiten mit der Bourgeoisie, neben der er gegen die Selbstherrschaft kämpft, das Aufgeben des Sozialismus,das Aufgeben des Gedankens an den Sozialismus, das Aufgeben der Arbeit zur Vorbereitung des Sozialismus. Mit einem Wort: Für den Arbeiter bedeutet das, den Gedanken an seine ökonomische Befreiung, an die Befreiung der Werktätigen von Elend und Unterdrückung, aufzugeben. Denn überall in der Welt erwarb sich die Bourgeoisie meist dadurch die Freiheit, dass sie die Arbeiter für sie kämpfen und sie erkämpfen ließ, um dann selbst mit rasender Wut gegen den Sozialismus loszuschlagen. Die Aufforderung, die Meinungsverschiedenheiten aufzugeben, ist also eine bürgerliche Aufforderung. Unter dem Schein der Parteilosigkeit setzt das ZK des RBB den Arbeitern bürgerliche Phrasen vor, flößt es ihnen bürgerliche Ideen ein, demoralisiert es ihr sozialistisches Bewußtsein durch bürgerlichen Dunst. Mit dem Gedanken, die Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitern und Bourgeois für eine Zeitlang aufzugeben, können bewusst nur die Feinde des Sozialismus, die liberalen Bourgeois, die Oswoboshdenzen sympathisieren und unbewußt nur revolutionäre Demokraten, wie etwa die Sozialrevolutionäre, die sich um den Sozialismus keine große Sorge machen. Die Arbeiter müssen um die Freiheit kämpfen, ohne auch nur einen Augenblick aufzuhören, an den Sozialismus zu denken, ohne aufzuhören, für die Verwirklichung des Sozialismus zu arbeiten, ohne aufzuhören, die Kräfte und die Organisation für die Erringung des Sozialismus vorzubereiten.“ “ (Lenin-Werke (LW) Band 8, S. 504-505)
Weitere wichtige Artikel über diesen heute hochaktuellen ideologischen Kampf sind in den folgenden Werken W.I. Lenins enthalten:
- Marxismus und Revisionismus, 1908 (LW Band 15, insbes. S. 26-28)
- Die Differenzen in der europäischen Arbeiterbewegung, 1910 (LW Band 16, insbes. S. 354-355)
Ein besonders aktueller Artikel Lenins ist dann aber „Marxismus und Reformismus“, 1913 (LW 19, 363-366), der im Folgenden wiedergegeben wird:
W.I. Lenin:
MARXISMUS UND REFORMISMUS
Zum Unterschied von den Anarchisten erkennen die Marxisten den Kampf für Reformen an, d. h. für solche Verbesserungen in der Lage der Werktätigen, bei denen die Macht nach wie vor in den Händen der herrschenden Klasse bleibt. Doch gleichzeitig führen die Marxisten den entschiedensten Kampf gegen die Reformisten, die direkt oder indirekt das Streben und das Wirken der Arbeiterklasse auf Reformen beschränken wollen. Der Reformismus ist ein bürgerlicher Betrug an den Arbeitern, die, solange die Herrschaft des Kapitals bestehen bleibt, ungeachtet einzelner Verbesserungen stets Lohnsklaven bleiben werden.
Die liberale Bourgeoisie, die mit einer Hand Reformen gibt, nimmt sie mit der anderen Hand immer wieder zurück, reduziert sie auf ein Nichts, benutzt sie zur Versklavung der Arbeiter, zu ihrer Spaltung in einzelne Gruppen, zur Verewigung der Lohnsklaverei der Werktätigen. Deshalb verwandelt sich der Reformismus, selbst dann, wenn er völlig aufrichtig gemeint ist, in Wirklichkeit in ein Werkzeug, mit dessen Hilfe die Bourgeoisie die Arbeiter demoralisiert und ihrer Kräfte beraubt. Die Erfahrungen aller Länder zeigen, dass die Arbeiter immer dann, wenn sie den Reformisten vertrauten, die Betrogenen waren.
Wenn sich die Arbeiter dagegen die Lehre von Marx angeeignet haben, d. h., wenn sie sich darüber klar geworden sind, dass die Lohnsklaverei unvermeidlich ist, solange die Herrschaft des Kapitals andauert, dann werden sie sich von keinerlei bürgerlichen Reformen täuschen lassen. In der Erkenntnis, dass Reformen, solange der Kapitalismus besteht, weder dauerhaft noch ernsthaft sein können, kämpfen die Arbeiter für Verbesserungen und nutzen die Verbesserungen dazu aus, den Kampf gegen die Lohnsklaverei noch hartnäckiger fortzusetzen. Die Reformisten sind darauf bedacht, die Arbeiter mit Hilfe von Almosen zu spalten, sie zu täuschen und von ihrem Klassenkampf abzulenken. Die Arbeiter, die die Verlogenheit des Reformismus erkannt haben, benutzen die Reformen zur Entfaltung und Erweiterung ihres Klassenkampfes.
Je stärker der Einfluss der Reformisten auf die Arbeiter ist, um so ohnmächtiger sind die Arbeiter, um so abhängiger sind sie von der Bourgeoisie, um so leichter gelingt es der Bourgeoisie, durch allerlei Winkelzüge die Reformen zunichte zu machen. Je selbständiger die Arbeiterbewegung ist, je mehr sie in die Tiefe geht, je weitere Ziele sie sich steckt, je weniger ihr reformistische Beschränktheit anhaftet, um so besser gelingt es den Arbeitern, die einzelnen Verbesserungen zu sichern und auszunutzen. Reformisten gibt es in allen Ländern, denn überall ist die Bourgeoisie darauf bedacht, die Arbeiter auf die eine oder andere Art zu demoralisieren und zu zufriedenen Sklaven zu machen, die den Gedanken an eine Beseitigung der Sklaverei fallenlassen. Die Reformisten in Russland sind die Liquidatoren, die sich von unserer Vergangenheit lossagen und die Arbeiter durch Träume von einer neuen, offenen, legalen Partei einlullen.
Kürzlich sahen sich die Petersburger Liquidatoren durch das Auftreten der „Sewernaja Prawda“* gezwungen, sich gegen die Beschuldigung, Reformisten zu sein, zu verteidigen. Man muss ihre Ausführungen genau untersuchen, um diese ungemein wichtige Frage richtig zu klären. Wir sind keine Reformisten, schrieben die Petersburger Liquidatoren, denn wir haben nicht gesagt, die Reformen seien alles, das Endziel nichts; wir haben gesagt: Bewegung zum Endziel; wir haben gesagt: durch Kampf für Reformen zur vollen Erfüllung der gestellten Aufgaben.
Prüfen wir, ob diese Verteidigung der Wahrheit entspricht.
Die erste Tatsache. Der Liquidator Sedow schrieb, die Erklärungen aller Liquidatoren zusammenfassend, dass von den „drei Grundpfeilern“, die die Marxisten aufstellen, zwei sich heute nicht zur Agitation eignen. Er ließ den Achtstundentag gelten, der sich, theoretisch, als Reform verwirklichen lässt. Aber gerade das, was über den Rahmen einer Reform hinausgeht, verwarf er oder verschob er auf später. Folglich verfällt er in den ausgesprochensten Opportunismus, indem er gerade jene Politik betreibt, die sich in der Formel ausdrückt: Das Endziel ist nichts. Und das eben ist Reformismus, wenn man das „Endziel“ (etwa in bezug auf den Demokratismus) aus der Agitation möglichst weit entfernt.
Die zweite Tatsache. Die berüchtigte Augustkonferenz der Liquidatoren (im vorigen Jahr) schiebt ebenfalls alle nichtreformistischen Forderungen möglichst weit beiseite – für einen besonderen Fall -, statt sie so weit wie möglich in den Vordergrund, in den Brennpunkt der Agitation zu rücken.
Die dritte Tatsache. Indem die Liquidatoren das „Alte“ ablehnen und herabsetzen, sich von ihm lossagen, beschränken sie sich auf Reformismus. In der gegenwärtigen Situation tritt der Zusammenhang zwischen Reformismus und Ablehnung des „Alten“ offen zutage. Die vierte Tatsache. Die wirtschaftliche Bewegung der Arbeiter ruft die Wut und die Angriffe der Liquidatoren hervor („Fieber“, „unnütze Kraftvergeudung“ usw. usf.), sobald sie nur mit Losungen verbunden ist, die über den Rahmen des Reformismus hinausgehen. Was ist also das Ergebnis? In Worten lehnen die Liquidatoren den grundsätzlichen Reformismus ab, in der Praxis aber betreiben sie ihn auf der ganzen Linie. Einerseits versichern sie uns, dass Reformen für sie keineswegs alles seien, anderseits aber ruft jedes praktische Hinausgehen der Marxisten über den Rahmen des Reformismus entweder Angriffe oder eine geringschätzige Haltung der Liquidatoren hervor.
Dabei zeigen uns die Ereignisse auf allen Gebieten der Arbeiterbewegung, dass die Marxisten bei der praktischen Ausnutzung von Reformen und im Kampf um Reformen nicht nur nicht zurückbleiben, sondern im Gegenteil ganz offensichtlich an der Spitze stehen. Man braucht nur die Dumawahlen in der Arbeiterkurie zu nehmen, das Auftreten der Abgeordneten in der Duma und außerhalb der Duma, die Herausgabe von Arbeiterzeitungen, die Ausnutzung der Versicherungsreform, den Metallarbeiterverband als den bedeutendsten Gewerkschaftsverband usw. – überall sehen wir, dass die marxistischen Arbeiter den Liquidatoren auf dem Gebiet der unmittelbaren, nächstliegenden, „alltäglichen“ Arbeit der Agitation, der Organisation, beim Kampf um Reformen und bei ihrer Ausnutzung voraus sind.
Die Marxisten leisten eine unermüdliche Arbeit und lassen sich keine einzige „Möglichkeit“, Reformen zu erlangen und sie auszunutzen, entgehen, wobei sie jedes Hinausgehen über den Rahmen des Reformismus sowohl in der Propaganda als auch in der Agitation, als auch in der wirtschaftlichen Massenaktion usw. nicht nur nicht tadeln, sondern unterstützen und sorgsam fördern. Die Liquidatoren aber, die sich vom Marxismus abgekehrt haben, desorganisieren nur die Arbeiterbewegung mit ihren Angriffen auf die Existenz des marxistischen Ganzen, mit ihrer Verletzung der marxistischen Disziplin, mit ihrer Propagierung des Reformismus und der liberalen Arbeiterpolitik. Man darf außerdem nicht vergessen, dass der Reformismus in Russland in einer besonderen Form in Erscheinung tritt, nämlich darin, dass man die Grundbedingungen der politischen Verhältnisse im derzeitigen Russland mit denen im derzeitigen Europa identifiziert. Vom Standpunkt des Liberalen ist eine solche Identifizierung berechtigt, denn der Liberale glaubt und versichert, dass „wir Gott sei Dank eine Verfassung haben“. Der Liberale drückt die Interessen der Bourgeoisie aus, wenn er die Ansicht vertritt, dass nach dem 17. Oktober jeder Schritt der Demokratie über den Rahmen des Reformismus hinaus Wahnsinn, Verbrechen, Sünde usw. sei.
Aber eben diese bürgerlichen Ansichten werden von unseren Liquidatoren in der Praxis verfochten, die ständig und systematisch sowohl die „legale Partei“ als auch „den Kampf für die Legalität“ usw. (auf dem Papier) auf Russland „übertragen“. Mit anderen Worten, sie predigen, ähnlich wie die Liberalen, die Übertragung der europäischen Verfassung auf Russland, ohne jenen eigentümlichen Weg zu berücksichtigen, der im Westen im Laufe von Generationen, manchmal sogar im Laufe von Jahrhunderten zur Einführung von Verfassungen und zu ihrer Festigung geführt hat. Die Liquidatoren und die Liberalen wollen, wie man sagt, den Pelz waschen, ohne ihn nass zu machen.
In Europa bedeutet der Reformismus in der Tat die Abkehr vom Marxismus und seine Ersetzung durch eine bürgerliche „Sozialpolitik“. Bei uns bedeutet der Reformismus der Liquidatoren nicht nur dies, sondern außerdem noch die Zerstörung der marxistischen Organisation, den Verzicht auf die demokratischen Aufgaben der Arbeiterklasse und ihre Ersetzung durch eine liberale Arbeiterpolitik.
„Prawda Truda“ Nr. 2, 12. September 1913, Unterschrift: W.J.