Aktuell wird wieder gestreikt in Deutschland. Konkret heißt das, die DGB-Gewerkschaft ver.di führt Warnstreiks durch, um für die rund 2,14 Millionen Arbeiter im öffentlichen Dienst sechs Prozent mehr Lohn und 100 Euro mehr Ausbildungsvergütung zu erreichen. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, werden am Mittwoch insgesamt sechs Flughäfen bestreikt. Vorangegangen waren Warnstreiks in Kitas, bei der Müllabfuhr und im Nahverkehr. Weitere Warnstreiks werden folgen. Der Streik an den Flughäfen bringt so einige deutsche Medien dazu über „Verhältnismäßigkeit“ zu schreiben und das Handelsblatt kommt zu so geistreichen Überschriften wie „Die Gewerkschaft lässt streiken, die Airlines müssen zahlen – wie kann das überhaupt sein?“ Aus dem Streik selbst - und den Reaktionen auf ihn - kann man einiges über Arbeitskämpfe in Deutschland und die korporatistischen Gewerkschaften lernen.
1. Wenn in Deutschland tatsächlich mal gestreikt wird – und Gewerkschaften nicht nur als Bittsteller auftreten – ist das mindestens ein kleiner „Skandal“ der in der Presse ausgeschlachtet wird. Was in anderen Ländern völlig normal ist, Arbeiter organisieren sich, streiken und setzen so ihr Interesse gegen den Chef durch, ist in Deutschland die Ausnahme. Und entsprechend lassen sich die bürgerlichen Zeitungen darüber aus, dass die Arbeiter in den Flughäfen nicht „ihrer Aufgabe“, Reisende von A nach B bringen, nachkommen. Ähnliches konnte man schon bei dem Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokführer im Jahr 2015 beobachten. Streiken soll man am besten so, dass alles weiter seinen gewohnten Gang geht und niemand gestört wird. Nur so kann man keinen Druck aufbauen, ein ernsthafter Streik lebt davon, erkannt zu haben, dass man ein ökonomisches Druckmittel gegen die Chefs hat. Die Lufthansa macht ihre Profite mit dem Befördern von Menschen und Waren, wenn dies nicht stattfindet machen sie auch keine Profite. Wenn man das erkannt hat, weiß man wie man die Kapitalisten unter Druck setzen kann, man lässt das Arbeiten sein und begrenzt ihre Profitmacherei. So hat man tatsächlich ein ökonomisches Druckmittel, um seine Forderungen durchzusetzen.
Aber der Deutsche Staat hat das Streikrecht so gestaltet, dass es vor allem eines gewährleisten soll: Den reibungslosen Ablauf der Ausbeutung. So heißt es im Betriebsverfassungsgesetz § 2 Absatz 1. „Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.“. Weiterhin ist ein Streik nur unter sehr bestimmten Bedingungen legal zulässig: 1. Der Streik muss von einer Gewerkschaft geführt werden, andernfalls gilt er als „wilder Streik“ und wird verboten. 2. Der Streik muss „das letzte Mittel“ und „verhältnismäßig“ sein. 3. Der Streik darf ausschließlich ein tariflich regelbares Ziel haben, das bedeutet auch, dass politische Streiks verboten sind. 4. Das alles ist nur nach Ablauf der Friedenspflicht zulässig. Während die Friedenspflicht gilt, verzichten die Gewerkschaften auf Arbeitskampfmaßnahmen.
Entsprechend ist auch der DGB organisiert, natürlich sozialpartnerschaftlich. Sie behaupten die Interessen von den Ausgebeuteten und die der Ausbeuter wären nicht gegensätzlich. Sie behaupten die Interessen von Kapital und Arbeit wären prinzipiell vereinbar. Der Korporatismus ist eine Idee, welche ursprünglich von dem italienischen Faschisten Benito Mussolini, in seinem Buch „Der Korporativstaat“, festgehalten wurde und ein wichtiges Kernelement des Faschismus ist. Und die Realität sieht anders aus, die Kapitalisten versuchen so viel Profit aus der Arbeitskraft der Arbeiter herauszuschlagen, wie möglich und die Arbeiter versuchen so viel Lohn wie möglich zu bekommen. Schon hier wird deutlich, dass dieser Gegensatz nicht einfach verhandelt werden kann. Jeder Euro mehr Lohn für den Arbeiter ist ein Euro weniger Profit für den Kapitalisten. Dieser Widerspruch kann endgültig nur gelöst werden, indem die Arbeiterklasse die Macht ergreift und die Kapitalisten enteignet werden. Davon ausgehend, dass die DGB-Gewerkschaften die Klassen versöhnen wollen kommen wir zum zweiten Punkt.
2. Die DGB-Gewerkschaften sind ein Instrument, um die Massen zu befrieden und das System zu stabilisieren. Die Art und Weise wie sie „kämpfen“ orientiert sich penibel am gesetzlichen Rahmen und dient tatsächlich dem Ziel die beiden „Vertragsparteien“ an einen Tisch zu bekommen und gemeinsame „Lösungen“ zu finden. Zudem ist die Frage wen sie organisieren, nämlich die Stammbelegschaften, die Arbeiteraristokratie, diejenigen die sowieso verhältnismäßig gut verdienen. Der DGB will Personalmanagement machen und für die Gewerkschaftsbonzen lohnt es sich nicht die tiefsten Massen zu organisieren, wie z.B. die unsicher beschäftigen Leiharbeiter. Sie wollen hohe Beiträge in den Kassen und bloß keine Probleme, um irgendwann in den Aufsichtsräten der Konzerne zu landen. Sie kämpfen nicht um den Widerspruch zwischen den Massen und diesem System zu vergrößern und es zu zerschlagen, sondern sichern die Privilegien einer Minderheit der Arbeiter, ihrer Aristokratie.
Wenn die proletarischen Revolutionäre ernsthaft etwas erreichen wollen, müssen sie zu den tiefsten und breitesten Massen gehen. Sie müssen die Kämpfe so führen, wie es erforderlich ist um ihre Forderungen durchzusetzen und das heißt rücksichtslos gegen die Interessen des Imperialismus und seines Staates. Das heißt, sie müssen notwendig den legalen Rahmen der Diktatur der Bourgeoisie übertreten um der Klasse zu dienen. Das heißt auch, sie dürfen nicht die Illusion in den Massen schüren, dass der DGB eine eigentlich gute Organisation wäre, die man nur reformieren müsse. Das ist nichts anderes als eine revisionistische Neuauflage des bekannten „Marsches durch die Institutionen“. Diese Erkenntnis führt uns aber auch zu der objektiv glänzenden Situation unserer Klasse.
3. Wenn die Arbeiterklasse vereint ist im Kampf, wird sie unbesiegbar sein. Selbst ein kleiner Teil der Arbeiterklasse, der in einer solchen Gewerkschaft organisiert ist, ist in der Lage für Schnappatmung bei den Chefs zu sorgen. So steht auf der Website der Tagesschau “895 Flüge an sechs Standorten würden gestrichen. Insgesamt seien rund 87.000 Passagiere betroffen“. Das passiert bei einem lange angekündigten Warnstreik! Denn die Arbeiter sind es, die alles in Bewegung setzen. Die Arbeiter sind es, die dafür sorgen, dass in dieser Gesellschaft irgendetwas funktioniert. Auch wenn es etwas altbacken klingt ist der Spruch „Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will“ korrekt. Wenn man sich dann klar macht, was möglich ist, wenn die Arbeiterklasse vereint ist und von einer Kommunistischen Partei geführt wird. Was möglich ist, wenn der Kampf tatsächlich mit allen Mitteln geführt wird, dann versteht man die gesellschaftliche Macht die unserer Klasse innewohnt und vor der die Herrschenden zurecht große Angst haben. Sie fürchten die Macht, die unsere Klasse hat, wenn sie organisiert ist und kämpft. Das ist, was wir im Kopf behalten müssen.
Das ist der Geist den die proletarischen Revolutionäre am kommenden 1. Mai auf die Straße tragen müssen. Den revolutionären Optimismus, das Vertrauen in die tiefsten und breitesten Massen und den unbedingten Willen sich mit ihnen zu verbinden und Schluss zu machen mit diesem System!