21. September 2016 in Augsburg. Ein senegalesischer Flüchtling trinkt einen Tee im McDonalds. Plötzlich betreten fünf Männer und eine Frau den Laden. Sie sind sichtlich betrunken, bedrängen den dunkelhäutigen Mann und drücken ihm einen angebissenen Burger ins Gesicht. Als der Mann flüchten will, versucht ihm einer der Männer ein Tablett gegen den Kopf zu schlagen. Sie verfolgen ihn weiter, rufen „Black man, go home!“, treten und schlagen nach ihm. Was sich anhört als wäre die örtliche Kameradschaft auf Sauftour gewesen, war eine so genannte „Gemeinschaftsveranstaltung“ von Polizisten aus Giengen an der Brenz in Baden-Württemberg.

 

Zwei der Beamten standen nun vor Gericht. Der Haupttäter, ein 43 jähriger Polizeioberkommissar, wurde wegen Beleidigung und mehrerer Körperverletzungsdelikte zu 14 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Ein weiterer 40 jähriger Polizist muss wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung eine Geldstrafe von 14.400 Euro zahlen. Dagegen werden beide in Berufung gehen, schließlich würden sie ihre Jobs verlieren, sollten sie verurteilt werden. Entsprechend ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und die Täter sind weiterhin auf freiem Fuß.

 

Der Polizeioberkommissar macht in sozialen Netzwerken keinen Hehl aus seiner Gesinnung und teilt Plakate der AfD, auf denen gegen Flüchtlinge gehetzt wird. Entsprechend absurd ist seine Verteidigungsstrategie. Er und die anderen Kollegen hätten viel Bier getrunken, seien in einer Brauerei gewesen, in Bars: „Es floss viel Alkohol, es herrschte ausgelassene Stimmung“ völlig logisch, dass man dann mal auf einen Dunkelhäutigen einschlägt. Auch den Angriff mit dem Tablett will er so nicht stehen lassen, er habe „nur herumgefuchtelt“, aber nicht zugeschlagen. Ob er dann auch noch mit der Faust zugeschlagen habe, könne er „nicht beschwören“. Und den Flüchtenden habe man ja auch nur verfolgt, um „endlich Ruhe zu haben“. Ähnlich sah das auch sein Anwalt der eine Geldstrafe forderte, weil „faktisch nichts passiert ist.“. Das sehen mehrere unabhängige Zeugen anders. Der betroffene Flüchtling ist mittlerweile untergetaucht, scheinbar aus Angst gegen die Polizisten auszusagen. Und wie man erwarten kann sind die Kollegen der Polizisten keine große Hilfe im Verfahren. Der Richter bringt es auf den Punkt wenn er sagt: „Von den Kollegen hat keiner mehr so genau hin geschaut, eher weggeschaut, wenn es strafbar war.“ Und die Staatsanwältin pflichtet ihm bei: „Immer wenn es kritisch wurde, hatten sie auffällige Erinnerungslücken.“

 

So ist es eigentlich immer, wenn Polizisten vor Gericht stehen. Selten sagt ein Beamter gegen den anderen aus, im Zweifel können sie sich „leider“ nicht mehr erinnern und die Polizisten genießen einen enormen Vertrauensvorschuss durch die Richter. Und so verwundert es nicht, dass von tausenden Anzeigen gegen Polizeibeamte nur ein knappes siebtel vor Gericht landet. Von diesem Teil kommen fast alle ohne Strafe davon, schließlich sind es ihre Kollegen, die gegen sie „ermitteln“. Hinzu kommt die fast schon automatisch erfolgende Gegenanzeige wegen Verleumdung falls man es wagt Anzeige gegen Polizisten zu erstatten.

Grausam und nachdrücklich zeigt sich dieses Prinzip anhand eines Mannes aus Gelsenkirchen, der an Silvester 2015 von vier Polizisten tot geschlagen wurde. Das Verfahren wurde eingestellt.