Seit einer guten Woche liefert Jan Ullrich täglich neue Schlagzeilen für die Klatschpresse. Der ehemalige Radrennprofi hat ein Alkohol- und Drogenproblem. Natürlich stürzen sich die Medien auf jeden Absturz, jedes Foto was ihn in seinem kaputten Zustand zeigt. Eigentlich wäre uns dieser so genannte „Star“ völlig egal. Aber die Berichterstattung über ihn macht die Doppelmoral der bürgerlichen Medien so gut deutlich, dass wir auf sie eingehen müssen.
Gehen wir das ganze doch mal chronologisch durch:
Am 03.08. betritt Ullrichunerlaubter Weise das Grundstück von Til Schweiger auf Mallorca. Dort soll er einen Freund des Schauspielers bedroht haben.
Am 05.08. ist er zurück in seiner Ferienwohnung und gibt das Statement ab „Meine Kinder sind die beste Therapie“. Die Bild wünscht ihm alles Gute und zeigt sich gerührt von so vielFamiliensinn.
Am 06.08. bietet der Radsportkollege Lance Armstrong an ihm im Privatjet seinen Leibarzt einfliegen zu lassen um Ulrich bei seinem Entzug zuhelfen.
Am 09.08. fliegt er schließlich mit dem Privatjet zurück nach Deutschland um seinen Entzug anzutreten.
Am 10.08. um kurz vor 6 läuft eine Frau schreiend aus Ullrichs Suite im Hotel „Villa Kennedy“. Es ist eine Prostituierte, die er gewürgt hatte bis ihr schwarz vor Augen wurde. Daraufhin kommt er kurz inGewahrsam.
Einen Tag später kann er selbstverständlich die Polizeistation verlassen und wird in eine Entzugsklinik gebracht.
Das bestätigt zunächst nur, dass Jan Ullrich ein degenerierter Promi ist, so weit so üblich. Man stelle sich aber ein mal vor, dass gleiche hätte sich ein „normaler“ Junkie erlaubt. Erst begeht er Hausfriedensbruch und geht nicht in den Knast. Eine Woche später erwürgt er fast eine Prostituierte. Daraufhin geht er in eine Entzugsklinik wo er neben der Therapie viel Freizeit und Entspannung hat. Wir vermuten die Genesungswünsche der BILD würden sich bei einem gewöhnlichen Drogenabhängigen in Grenzen halten und wohl eher die Frage aufgeworfen werden, warum dieses Schwein nicht schon nach dem Hausfriedensbruch im Knast gelandet ist. Wir vermuten auch niemand würde es „rührend“ finden wenn ein Drogenabhängiger unbedingt Kontakt zu seinen Kindern haben möchte. Er würde auch wahrscheinlich nicht auf freien Fuß kommen, wenn gegen ihn wegen versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung ermittelt wird. Aber für die Reichen gelten eben andere Regeln als für die Armen.
Auch Drogenabhängigkeit ist also eine Klassenfrage. Zum einen sind die Gründe für den Konsum andere aber auch die Auswirkungen auf das alltägliche Leben. Drogen machen das Leben in unseren Vierteln und für Menschen aus der Arbeiterklasse unerträglich. Wenn Leute aus der Arbeiterklasse ein Drogenproblem bekommen hängt da gleich ein riesiger Rattenschwanz an Problemen dran, zusätzlich zur ohnehin schädlichen Drogensucht kommen häufig Jobverlust, Geldprobleme, folgende Beschaffungskriminalität und deutlich gravierendere gesundheitliche Probleme aufgrund von Streckmitteln. Das ist die Realität für Süchtige die aus der Armut kommen. Die Reichen können es sich locker leisten können ihre Sucht zu finanzieren, sich nebenbei gesund zu ernähren und keine ernsthaften Probleme in ihren „Jobs“ zu bekommen. Sie können einen „lockeren“ Drogenkonsum pflegen ohne die wirklich harten Konsequenzen zu fürchten, die dieses Gift für unsere Leute bedeutet. Das ist wie es in diesem System läuft. Für die Reichen mag so ein hedonistischer Lifestyle halbwegs ohne Konsequenzen bleiben, für die Arbeiterklasse bedeutet er massive Probleme. Den Kampf gegen dieses Gift zu führen, sowohl ideologisch als auch praktisch ist eine wichtige Aufgabe die die proletarischen Revolutionäre mit aller Kraft anpacken müssen wenn sie diesem System ein Ende machen wollen. Dabei geht es nicht darum einen Moralkodex aufzustellen, sondern die Frage der Drogen tatsächlich in all ihren biologischen aber vor allem gesellschaftlichen Bedeutung zu analysieren. Dabei ist zu beachten, dass jede ernsthafte Kampagne oder Arbeit gegen die Drogen zu einer direkten Konfrontation mit den Lumpen führen wird, die diesen Dreck in unseren Vierteln verticken, also müssen sich die proletarischen Revolutionäre auch darauf vorbereiten.