Kundgebung in Köln

Im folgenden Dokumentieren wir einen Artikel über die „Erdogan not Welcome“ Demo der zugesandt wurde von Teilnehmern an dieser gestrigen Aktion:

Von den Bullen versiegelte Gullideckel, abgesperrte Straßen, Tausende von Einsatzkräften in Uniform und Zivil, Scharfschützen auf den Dächern und Helikopter in der Luft – das war Köln heute der Besuch von Erdogan.


Während die bürgerliche Presse und die Politiker auf scheinheiligste die „Angriffe auf die Demokratie in der Türkei“ unter Erdogan kritisieren, sich bei Banketten „empören“ und von Feiern fernbleiben, während gleichzeitig munter Treffen mit deutschen Wirtschaftsvertretern für kommende Projekte und Deals mit der türkischen Regierung passieren, während in der Türkei die Rechte des Volkes durch KHK (vgl. Präsidialdekrete) und OHAL (vgl. Ausnahmezustandsreglungen) beschnitten, demokratische Aktivisten verhaftet und (in den letzten Tagen mutmaßlich erneut drei weitere) Guerillas ermordet werden, während all dem hat der deutsche Staat gestern wieder erneut gezeigt, was sein Verständnis von der „Meinungsfreiheit“ und „Demokratie“ ist. Worte, die seine Repräsentanten grade mit Anlass von Erdogas Besuch ständig im Munde führen.

Köln, insbesondere seine proletarischen Stadtteile auf der „Schäl Sick“ (wie bspw. Kalk), wurden heute regelrecht von den Bullen besetzt: In jeder Querstraße eine Wanne, Hubschrauber in der Luft und höchste Sicherheitsstufe. Dazu noch das Verbot von der europaweit mobilisierten „Erdogan not Welcome“ Demo, Beschlagnahmung der Bühne, Vorkontrollen und Umstellung des Auftaktkundgebungsortes – das ist wie der Staat „Meinungsfreiheit“ in der BRD versteht.

Er hat aber auch aus den Erfahrungen von 2014 gelernt: Als Erdogan damals nach Köln kam um für seine erstmalige Präsidentschaftskandidatur Werbung zu machen, waren die Bullen weniger vorbereitet, ihr Sicherheitskonzept schlecht und nur ein Drittel von dem, was jetzt in Köln unterwegs war, hatten sie damals zu Verfügung. Die um die 1.100 Polizeikräfte konnten nicht verhindern, dass immer wieder türkische Faschisten von Gegendemonstranten angegriffen wurden, sich Straßenschlachten entwickelten und sogar das unmittelbare Sicherheitspersonal Erdogans angegriffen wurde.

Der größte Unterschied aber: Damals waren wir 30.000 Leute, dieses mal nicht mal 3.000. Klar: Taksim ist inzwischen ein paar Jahre her, Soma nicht unmittelbar vorher passiert. Aber rechtfertigt das ein so lahmes Auftreten wie heute? Nein! Auch mit ein paar hundert Leuten kann man kämpferische Demos und Aktionen machen, auch in Mitten größter Bullenpräsenz (wer‘s nicht glaubt, einfach nochmal an den Sommer letztes Jahr in Hamburg zurückerinnern). Aber das erfordert Vorbereitung und vor allem den Willen dazu.

Einen Willen, der nicht darin zum Ausdruck kommt, dass man sich den Auflagen der Bullen – wie etwa Organisationsfahnenverboten der PKK – unterordnet und einfach nicht zur Demo geht oder als Demoleitung die Idee der Bullen weiterspinnt und kurzerhand „Organisationsfahnenverbot für jede Organisation“ verhängt. Die feste Bühne anstelle eines Lautsprecherwagens, die überdachten Stände der MLPD für Kaffee und Ramsch, die Auswahl der Ortes – all das werfen die Frage auf, ob überhaupt je eine Demo geplant gewesen sei. Die Mittel dafür – wie Fahnenstangen oder Transparente - wurden auf jeden Fall in den Vorkontrollen von „Demo-Ordnern“ (!), die in Absprache und Koordination mit den Bullen (!!) durchgeführt wurden, teilweise gar nicht erst auf das Gelände gelassen oder beschlagnahmt.

Wir Antifaschisten, Revolutionäre und Kommunisten in der BRD haben keine Illusionen in den Staat, die Stadt oder die Bullen. Natürlich verbieten sie uns unsere Demos, wenn es ihnen in den Kram passt und wir nicht bereit sind für ihre Durchsetzung zu kämpfen! Die Hauptursache, warum es heute keine Demo gab, ist nicht weil sie verboten wurde, weil wir wenige waren oder weil niemand kämpfen wollte (es gab kämpferische Mobilisieren u.a. aus der Schweiz, Österreich und verschiedenen Städten in der BRD), sondern weil das Konzept der Organisatoren die Möglichkeit des Kampfes für die Durchsetzung einer Demonstration von Beginn an ausgeschlossen hat und es so ein leichtes war, die Demo widerstandslos zu verbieten. Lernen wir daraus, aufbauend auf der weiteren Zusammenarbeit der revolutionären und kommunistischen Kräfte die Gestern, fernab vom Kaffeeverkauf und Gerede der Sozialdemokraten, erreicht wurde.