Die Proteste nach der Vergewaltigung und Ermordung von Özgecan Aslan am 11. Februar in Mersin weiten sich auf ganz Europa aus.
Nach größeren Demonstrationen am 15. Februar mit 1500 Teilnehmern in Ganziantep, 3000 in Mersin und unzähligen weiteren in verschiedenen Städten in der ganzen Türkei, fanden am 17. Februar auch in ganz Europa Demonstrationen statt, so z.B. in Zypern, London, Berlin, Frankfurt und Hamburg.
Am 18. Februar gab es eine Demonstration mit über 15.000 Teilnehmern in Tarsus.
Die Entfesselung der Wut tausender Frauen durch diese abscheuliche Tat ist gerade in der Türkei sehr lange fällig. Die doppelte Unterdrückung der Frau ist in der Türkei besonders heftig zu spüren und nimmt durch die immer reaktionärer werdende Herrschaft des Tayyip Erdogan seit Jahren zu. Aber ebenso nimmt der Kampfeswillen der Frauen zu, wie im Laufe der Proteste zum Beispiel an der Reaktion auf einen Angriff auf die Demo durch einen Mann zeigt, der erst im Krankenhaus wieder zu Bewusstsein kam.

Wir dokumentieren hier einen Flyer von Yeni Kadin – Neue Frau

ÖZGECAN ist unser Aufstand! Wir trauern nicht, Wir sind in Rebellion!

NEUE FRAU | 19-02-2015 | Wenn Männer sie ermorden, so ist es an uns Frauen, für die Erhaltung des Lebens zu kämpfen. – Clara Zetkin

Die Gewalt der Männer nimmt jeden Tag zu. Der Mord an Frauen nimmt nun Massenmord Dimensionen an. Selbst vor dem eigenen immer noch konservativen Familienkreis macht dieser Zustand nicht halt. Frauen werden von ihren nächsten Angehörigen umgebracht. Die Gewalt verbreitet sich auf die Strassen, auf Arbeitsplätze, Schulen, öffentliche Verkehrsmittel und auf alle öffentlichen Bereiche des Lebens. Das obwaltende System unternimmt hiergegen nichts, im Gegenteil Frauen werden genötigt mit dem Umstand der Gewalt zu leben, sich mit ihm zu arrangieren. Die rechtlichen Neuerungen existieren nur auf pro forma, die Regierung und die Gerichte unterstützen die Männer sogar, indem sie Strafmilderungen verhängen. Selbst die Gesellschaft normalisiert diesen Umstand, die Medien tun das Ihrige und versuchen Opfer als Täter darzustellen. Im Einklang mit der Regierung wird die Gewalt an Frauen gefördert, der kleinste Widerstand wird niedergeschlagen.
Von Pippa zu Sierra, von Sierra zu Özgecan, zu Reyhaneh, die gehängt wurde, weil sie ihren Peiniger umbrachte, werden heute vor den Augen der Welt Frauen auf Sklavenmärkten verkauft. Diese Frauen sind in der Gewalt der ISIS befindliche Eziden, Christen, Turkmenen und Aleviten. Selbst Glaubensschwestern werden auf diesen Märkten verkauft. Dies zeigt, wie weit man gehen kann. Die chauvinistische, nationalistische Grundeinstellung, die immer gefördert wurde spielt hier natürlich auch eine wichtige Rolle. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich, so wird es gepredigt. Einer Frau Gewalt anzutun ist gleichbedeutend mit einen Krieg für sich zu entscheiden. In den letzten 15 Jahren wurden 241 Polizisten, 91 Soldaten, 17 Spezialeinheitsmitglieder, 15 Ortswachbedienstete und 45 Gefängnisaufseher wegen dem Vorwurf der Vergewaltigung vor Gericht gebracht aber kein einziger verurteilt. Das ist Faschismus in seiner reinen Form.
Daher werden wir Frauen wie schon so oft auf die Straßen gehen und hiergegen unsere Stimmen erheben und protestieren. Und als in Europa lebende Frauen stellen wir fest, dass auch hierzulande die Gewalt gegen Frauen immer mehr zunimmt. Im Allgemeinen wird dies hier aber verschwiegen, wenn es sich nicht gerade um Beteiligte mit Migrationshintergrund handelt. So zum Beispiel wurde im kapitalistischen Deutschland eine 19-jährige schwangere junge Frau erstochen. Maria P. wurde genau wie Özgecan erstochen und verbrannt. Dies geschah in Berlin. In Darmstadt wurde ein ähnlicher Vorfall als Eifersuchtstat abgetan.
Selbst in den Medien war nur ganz am Rande hiervon zu lesen. Erst gestern haben wir unsere Tugce zu beklagen gehabt, die Opfer der von Männern dominierten Systems wurde, obwohl sie nur helfen wollte. Diese Gesellschaft fährt unablässig fort Frauen Leid anzutun.
Deswegen werden wir fortfahren unsere für unsere Freiheit einzustehen und kundzutun, dass wir ein Recht auf ein freies Leben haben. Denn wir können es nicht mehr ertragen, dass auch nur einer Frau Gewalt angetan wird. Uns wollen sie vorgeben, was wir anzuziehen haben, wie wir uns zu bewegen haben, ja selbst unser Lippenstift stellt ein Problem für sie dar, sie die sogar von den Beinen der eigenen Mutter erregt werden.
Gegen diese Welle von Gewalt stehen wir an und sagen: WIR SIND NICHT STILL, WIR SIND IM AUFSTAND!
Ihr habt unsere ÖZGECAN umgebracht.
Dies wird nicht der Erste und der Letzte Mord sein, aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir werden keine Frauen des Systems. Gemeinsam skandieren wir: Eine mag von uns gegangen sein aber zu tausenden werden wir wiederkommen.
Jede Frau, die ihr umgebracht habt wird in unserem Aufstand leben und eure Regierung in ihren Grundfesten erschüttern.
Uns Umzubringen ist keine Lösung.
Wir gebären unsere Kinder nicht, damit ihr sie tötet! Wir werden nicht zulassen, dass ihr unseren Kindern Leid antut. Nieder mit eurem von Männern dominierten Faschistisch-reaktionären Gedankengut.
GENUG DER WORTE!
WIR TRAUERN NICHT, WIR BEFINDEN UNS IN REBELLION!