Folgende Stellungname zu den Kundgebungen in Essen hat uns erreicht:
Stellungnahme zur der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen die 1. Mai Kundgebungen in Essen zu verbieten
Zum 130. Mal wird in diesem Jahr weltweit der 1. Mai als Kampftag der Arbeiterbewegung durchgeführt werden. Pünktlich dazu bestätigte das Bundesverfassungsgericht noch Mitte April, das ein pauschales Verbot von Kundgebungen und Demonstration auf Grund von „Corona“ bzw. dem Infektionsschutzgesetz keinesfalls rechtens ist und diese zu erlauben seien, wenn Infektionsschutzerwägungen maßgeblich berücksichtigt werden, da sonst zu stark in das Grundgesetz eingegriffen werden würde.
Als Konsequenz sehen wir, obwohl noch Anfang April nicht absehbar, dass im ganzen Bundesgebiet zahlreiche Kundgebung und Demos zum 1. Mai genehmigt werden – In Essen allerdings nicht. Gestern entschied die 20. Kammer des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen beide für den 1. Mai angemeldeten Kundgebungen zu verbieten, obwohl in Vorabgesprächen mit der Stadt Essen große Zugeständnisse an die veränderten Gesundheitsbedingungen gemacht und ausgeklügelte Infektionsschutzkonzepte vorgelegt wurden.
Für die Kundgebung am Kennedy-Platz wurde (zusätzlich zum obligatorischen Mund-Nase-Schutz und Kreidemarkierungen damit ein Mindestabstand von 1,5m garantiert ist) so bspw. ein Kompromiss diskutiert, der vorsieht das Versammlungsgelände mit Absperrband abzugrenzen, die Anzahl der Teilnehmer auf 100 zu limitieren und die Dauer auf eine Stunde zu reduzieren. Darüber hinaus wurde vom Veranstalter sogar beschlossen, auf der Kundgebung eine Infektionsschutzliste aller Teilnehmer zu führen damit Infektionsketten rekonstruierbar sind und die Erfüllung der Auflagen tatsächlich garantiert werden kann. Die Kundgebung am Willi-Brandt-Platz wurde von 4 ½ Stunden auf 60 Minuten reduziert, die Teilnehmer auf 50 begrenzt und vom Verteilen von Propagandamaterial sollte abgesehen werden – um nur einige der Maßnahmen zu nennen.
Trotz dieser Konzepte um Infektionen zu verhindern, hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zwei Tage vor dem 1. Mai beide Kundgebungen verboten. In Ihrer Pressemeldung vom 29. April sagt es hierzu: „Trotz dieser Vorkehrungen sei der erforderliche Schutz der Bevölkerung vor einer Infektion mit dem Coronavirus nicht hinreichend sichergestellt. Dies beruhe insbesondere auf den jeweils gewählten Veranstaltungsorten an zentralen Stellen der Essener Innenstadt und den Veranstaltungskonzepten, die jeweils u.a. das Abspielen von Musik vorsahen. Damit könne das Interesse zahlreicher Passanten und Bewohner geweckt werden. Hinzu kämen Bezüge zu der ursprünglich geplanten, dann aber wegen der Corona-Pandemie abgesagten Mai-Kundgebung des DBG, aufgrund derer sich der Besucherkreis dieser Veranstaltung zu einer Teilnahme angesprochen fühlen könne. Zu berücksichtigen sei schließlich auch, dass im Essener Innenstadtbereich mehrere Versammlungen geplant seien, deren Teilnehmer sich aufgrund der zeitlichen Abläufe vereinigen könnten.“
Die Argumentation des Verwaltungsgerichts läuft darauf hinaus, die Kundgebungen müssten verboten werden, weil „das Interesse zahlreicher Passanten und Bewohner geweckt werden“ könnte, sich Menschen aus dem Spektrum der DGB-Demonstrationen beteiligen könnten und die Möglichkeit bestehen würde, dass unterschiedliche Initiativen an diesem Tag zusammenarbeiten. Was, wenn nicht das, ist aber der Kern von politischen Kundgebungen - insbesondere am 1. Mai? Sollten wir unsere Kundgebungen außerhalb der Städte verschieben oder in Hinterhöfen stattfinden lassen? Sollen wir darauf abzielen nicht das Interesse von zahlreichen Menschen zu erwecken? Sollten wir uns nicht zusammenschließen und den 1. Mai zusammen begehen? Entsprechend werten wir die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als ein Verbot politischer Kundgebungen, nicht weil es Mängel im Infektionsschutzkonzept gibt, sondern genau weil es sich um politische Kundgebungen handelt,die in Zeiten der zusehends um sich greifenden Krise die verursachenden Verhältnisse genau benennen.
Gegen den Beschluss wurde bereits Gestern Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen eingelegt.