Obwohl, bzw. weil das Internet mit heimlich aufgenommenen Amateurvideos von überbordender Polizeigewalt überquillt, will der französische Staat das Filmen seiner Polizisten im Einsatz unter Strafe stellen.

 

„In Frankreich wird über ein Gesetzespaket zur „globalen Sicherheit“ debattiert, in das zuletzt Bestimmungen eingefügt wurden, die ein neues Delikt definieren, das für die Pressefreiheit und für den Schutz der Bürger:innen vor polizeilichen Übergriffen schwerwiegende Folgen hätte. Es geht um ein Verbot des Verbreitens von Bildaufnahmen von öffentlich intervenierenden, uniformierten Ordnungskräften, das seit Längerem von den Polizeigewerkschaften und auch von der konservativen Rechten verlangt worden war.“ (https://taz.de/Aufnahmen-von-der-Polizei-bald-verboten/!5725391/)

 

„Tausende Menschen haben am Wochenende in Frankreich gegen den Passus eines neuen Gesetz demonstriert, das Filmaufnahmen von Polizistinnen und Polizisten verbietet. Allein am Samstag gingen in Paris 22.000 Menschen, darunter zahlreiche Journalistinnen und Journalisten, auf die Straße. Die Nationalversammlung hatte den Passus am Freitagabend in erster Lesung verabschiedet. Es stellt das Filmen unter Strafe, wenn die Aufnahmen die körperliche oder seelische Unversehrtheit von Beamten verletzen könnten. Wer solche Bilder veröffentlicht, dem drohen nun ein Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu 45.000 Euro.“ (https://taz.de/Neues-Sicherheitsgesetz-in-Frankreich/!5727172/)

 

Während bürgerliche Medien der Aufgabe eines kritischen Journalismus längst nicht mehr nachkommen und riesige Medienmonopole das gesellschaftliche Bild vom Staat und seinen Repressionsbehörden hinsichtlich einer inzwischen einzig bürgerlich-freundlichen Berichterstattung verzerren (in Deutschland z.B. der bekannte und verhasste Axel Springer Verlag mit BILD, WELT uvm., oder Gruner+Jahr), ist dem bürgerlichen Staat der Amateurjournalismus noch zu gefährlich. Denn gegenüber dem bürgerlichen Journalismus zeigen selbstgemachte Aufnahmen häufig die unzensierte und ungeschönte Realität: Bullen, die auf vermeintliche „Ausländer“, politisch Linke und die Arbeiterklasse im Allgemeinen einprügeln, misshandeln oder gar ermorden (Man erinnere sich bspw. an die brutale Niederschlagung der Gelbwestenaufstände mit zahlreichen Toten und Verstümmelten). Amateuraufnahmen zeigen somit den eindeutigen Klassencharakter der Bullen und korrigieren das falsche Bild der bürgerlichen Journaille. Amateurfilmer sind folglich dem bürgerlichen Staat ein Dorn im Auge. Dabei ist kritischer Journalismus über tagespolitische Kämpfe ein wichtiges Anliegen dem selbst Karl Marx nachgekommen ist. Mit Friedrich Engels veröffentlichten sie gar eigene Zeitungen, wie die „Neue Rheinische Zeitungen“ und analysierten konsequent politischen Kämpfen in den bürgerlichen Reihen sowie freilich der Arbeiterbewegung, dabei immer die Perspektive der proletarischen Ideologie einnehmend.

„Als Karl Marx 1883 in seinem Lehnstuhl entschlief, war er zwei Mal Chefredakteur einer Tageszeitung gewesen und hatte jahrelang seinen Unterhalt als Auslandsberichterstatter für eine große US-amerikanische Zeitung verdient. Er hatte darüber hinaus an einer großen Zahl von Wochen- und Tageszeitungen mitgewirkt. Er hinterließ Bücher, Broschüren, Flugschriften, Aufsätze und Gedichte, aber auch eine Vielzahl von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln. Richard Sperl geht für beide, für Marx und Friedrich Engels, von nahezu 2000 Korrespondenzen, Artikeln und Artikelserien aus. Nach seiner Schätzung füllen sie sechzehn MEGA-Bände, also die Hälfte aller Bände der ersten Abteilung dieser historisch-kritischen Ausgabe.“ (https://edoc.bbaw.de/opus4-bbaw/files/208/27tj5swOXVIcI.pdf)

Zurück nach Frankreich. Das Bild von um sich prügelnden Bullen soll im Sinne der herrschenden Bourgeoisie jedoch mitnichten nach außen getragen werden. Vielmehr soll den Bullen der Ruf edler Ritterlichkeit nachklingen, die nach einer über den Klassen stehenden Gerechtigkeit strebten. Im selben Maße wie der bürgerliche Staat sich selbst als Staat im Dienste aller seiner Bürger verkauft und vermeintlich begreift, versucht er seine wahre Form als Klassenstaat zu verschleiern. Dabei ist spätestens seit Lenins bahnbrechendem Werk „Staat und Revolution“ jede Frage über Parteilichkeit eines Staates bereits hinreichend geklärt.

„Nach Marx ist der Staat ein Organ der Klassenherrschaft, ein Organ zur Unterdrückung der einen Klasse durch die andere, ist die Errichtung derjenigen „Ordnung“, die diese Unterdrückung sanktioniert und festigt, indem sie den Konflikt der Klassen dämpft“ (Lenin, Staat und Revolution, S.9f) (…) „In Wirklichkeit ist der Staat nichts als eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andre, und zwar in der demokratischen Republik nicht minder als in der Monarchie (…)“ (ebd., S.91, Lenin Engels zitierend)

 

Der Marxismus lehrt uns also, dass jeder Staat in den Händen einer Klasse ein Klassenstaat ist und niemals neutral sein kann. Der bürgerliche Staat ruht im festen Griff der Bourgeoisie und ist somit nicht unser Staat der Arbeiterklasse, sondern der Staat der Imperialisten zur Unterdrückung der Arbeiterklasse und zur Ausbeutung der Völker der Welt in den unterdrückten Nationen. Selbst wenn hin und wieder selbsternannte Sozialisten eine Regierungen in bürgerlichen Staaten stellen heißt das keineswegs, dass nun die Arbeiterklasse selbst regierte, sondern nur, dass die Revisionisten mal wieder mit der Bourgeoisie paktieren und ihre Arbeit als Sozialchauvinisten realisieren. Der Klassencharakter der Staates hat sich mithin nicht geändert, selbst wenn sich die Form der Staates unter sogenannten „Arbeiterparteien“ dezent wandelte – der Inhalt bleibt der gleiche. Und so ist es auch erklärbar, weshalb exemplarisch eine „Linkspartei“ in Berlin keineswegs „linke“ Politik macht (oder lediglich so wenig, dass sie zumindest den Schein einer „linken“ Partei aufrecht erhalten kann) und auch in einer Bundesregierung an ihren eigenen Versprechen und Zielen scheitern würde und niemals den Sozialismus verwirklicht: Sie kollidiert mit ihren ach so arbeiterfreundlichen Versprechen am Klassenstaat der Bourgeoise infolge seiner eigenen Gesetze (z.B. das Grundrechtlich verankerte „Recht auf Privateigentum“ in Art. 14GG das stets einen Sozialismus durch Wahlen verhindern wird, gleichwohl er von der Linkspartei als Wahlversprechen im Grundsatzpapier steht). Deshalb sagt Lenin auch, Marx zitierend infolge der Lehren der Pariser Kommune, dass der alte Staat „zerschlagen, zerbrochen“ werden muss. Mit dem bürgerlichen Staat ist keine proletarische Revolution möglich, sondern nur gegen ihn. Der proletarische Staat muss grundlegend neu aufgebaut werden und sowohl die Sowjetunion unter Lenin und Stalin als auch die Volksrepublik China unter Mao haben einträchtige Beispiele geliefert, wie ein grundauf neuer proletarischer Staat verwirklicht werden kann, indem die größtmögliche Demokratie für die breiteste Mehrheit Geltung findet und der geschaffene Reichtum samt der Produktionsmittel den Produzenten selbst gehört.

 

Erneut zurück ins heutige Frankreich. Das Filmen der Bullen im Einsatz wird verboten um zu zensieren, dass die Bourgeoisie längst nicht einmal mehr die eigenen selbstauferlegten bürgerlichen Rechte ernst nimmt. Der Bourgeoisie ist sehr wohl bewusst, dass es sprichwörtlich im Volk brodelt und verschärft deshalb seine volksfeindliche Politik zur besseren Unterdrückung gerechtfertigter Aufstände und Rebellionen. Denn was die Bourgeoisie angeblich nicht gesehen hat (Bilderverbot durch Zensur, also das Küppeln mit dem Schlagstock durch den Bullen), das muss auch nicht dementiert werden. Und was nicht dementiert werden muss, schadet auch nicht dem Ansehen des bürgerlichen Staates. So ihre Logik. Frei nach dem Motto, dass nicht sein kann, was nicht sein darf.

Doch wir wissen genau um ihren Klassencharakter. Und wir wissen genau um den Zweck ihrer Zensur. Wir wissen auch um die Aufgabe der Polizei und wir wissen auch um ihre volksfeindliche Gewalt. Mit allen Mitteln den bürgerlichen Staat zu schützen um das Recht auf Privateigentum der Wenigen mit allen Mitteln gegen die Vielen besitzlosen zu sichern. Das ist die Aufgabe der Bullen, das ist der Zweck des bürgerlichen Staates, das ist der Sinn ihrer Zensur und Gesetze. Von dieser Wahrheit soll möglichst wenig nach außen dringen und da Bilder bekanntermaßen mehr als tausend Worte sagen geht der französische Staat nun dazu über ein bürgerliches Bilderverbot auszusprechen. „Die demokratische Republik ist die denkbar beste politische Hülle des Kapitalismus (…)“ sagte Lenin (ebd. S.17) vor über 100 Jahren weitsichtig. Um diese politische Hülle zu wahren und aufrecht zu erhalten ist ihm die Zensur als Instrument zweckdienlich und legitim. Deshalb wird es keine rechtlichen Schwierigkeiten geben die Bilderzensur ins Recht zu kodifizieren. Denn Rechtsbruch durch die Handlanger des Staats wird es nicht geben sofern es niemanden gibt, der die Rechtsbrüche dokumentiert und folglich beweist. Das ist der Grund der Zensur. Das Bild eines authentischen, demokratischen und ehrlichen „Rechtsstaates“ weiterhin aufrecht zu erhalten sein Zweck.

 

Dass sie damit jedoch scheitern werden ist ein Gemeinplatz. Denn die Rebellion und der Widerstand des Volkes wird sich natürlich nicht durch eine Zensur unterdrücken lassen. Zensur hat es gegen das Volk immer gegeben, und noch immer hat das Volk einen Weg gefunden die Zensur zu umgehen. Und heutzutage stehen die Möglichkeiten des Volkes glänzender denn je. Durch Internet (insb. dem Darkweb) und Mobilfunk werden Bilder und Videos in Sekundenschnelle um den Globus versandt. Wikileaks hat die bestialischen Widerwärtigkeiten des Yankee-Imperialismus aufgedeckt. Und die Kreativität der Völker hat Verschlüsselungen entwickeln lassen, an denen sich die bürgerlichen Geheimdienst bis heute die Zähne ausbeißen. Deshalb gilt auch hier, was der Vorsitzende Mao entgegen allen Reaktionären („Papiertiger“) äußerte: Strategisch müssen wir den Gegner als zahnlosen Tiger begreifen, taktisch jedoch ernst nehmen. Das galt damals gegen den US-Imperialismus, das gilt heute gegen den US-Imperialismus und umso mehr gegen den heutigen französischen imperialistischen Staat.

Hinsichtlich dieser unverfrorenen Zensur ist der französische Staat gegenwärtig nur Vorläufer. Andere bürgerliche Staaten werden folgen. Das ist so gewiss wie die Gewalt der Bourgeoisie gegen das Volk real ist.