Am 1. April 1991 wurde Detlev Rohwedder, Präsident der Treuhandanstalt, in seinem Haus von einem Scharfschützen erschossen.
Rohwedders Treuhandanstalt war insbesondere in der Ostdeutschen Arbeiterklasse verhasst, weil sie die Privatisierung tausender DDR-Betriebe organisierte, aus der hauptsächlich Werksschließungen und Massenentlassung folgten. Die Rote Armee Fraktion bekannte sich am Tatort zu dieser Hinrichtung.
Die kürzlich erschienene vierteilige Netflix Doku „Rohwedder - Einigkeit und Mord und Freiheit“ präsentiert keine neuen Fakten zu dieser Tat. Was die Reihe auszeichnet, ist die ausführliche Einbettung der Tat in den historischen Kontext. Rohwedder wird als überzeugter Funktionär des Kapitalismus gezeigt, der vom BRD-Imperialismus in diesen Posten gehievt wurde, weil er bereits in seinen früheren Management Jobs bewiesen hat, dass er für die Kapitalvermehrung ohne Zögern über Arbeiterexistenzen geht. Unter seiner Führung vermittelte die Treuhand Betriebe zu Schleuderpreisen an Westdeutsche Kapitalisten, die wie Kolonialherren auftraten. Auch O-Töne aus der ostdeutschen Arbeiterklasse kommen nicht zu kurz. Aus ihnen spricht die berechtige Wut und Verzweiflung über die von der Treuhand verordneten Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Man kann mit den Menschen mitfühlen, die in Interviews nach Rohwedders Ermordung hämische Freude bekunden.
In den letzten beiden Teilen wird die Reihe dann kreativ. Sie präsentieren alternative Theorien zur Täterschaft. Waren es am Ende doch altgediente Stasi-Agenten oder sogar der BRD Staat selbst? Als Indiz dafür nimmt die Doku Komplexität der Tat, die das Können der RAF übersteige, und widerspricht sich am Ende selbst. Noch in der ersten Folge wurde hervorgehoben, dass das taktisch-operative Geschick der 3. RAF Generation ein beachtliches Niveau erreichte. In Ermanglung an Beweisen erscheint keine Theorie glaubhafter als die Bekennerschaft der RAF. Wirklich bemerkenswert aber ist, dass die dazu befragten Experten, ehemalige hochrangige Polizei- und Geheimdienstbeamte, eine Täterschaft der BRD für möglich bis wahrscheinlich halten. Ihrer Meinung nach war Rohwedder ein Bauernopfer, mit dem man die ostdeutsche Widerstandsbewegung der neuen Montagsdemos schwächen sollte. Da lässt der sogenannte Rechtsstaat tief blicken.