Sowohl die EU-Kommission, als auch die noch amtierende Bundesregierung der BRD haben neue Pläne zur Vorratsdatenspeicherung, welche noch weit über das ursprünglich geforderte hinaus gehen, hervor gebracht.
Bereits einige mal hat der Europäische Gerichtshof, welcher nicht gerade dafür bekannt ist, besonders fortschrittlich zu sein, Gesetze und und Vorschläge zur Vorratsdatenspeicherung gekippt, so auch einige nationale oberste Gerichtshöfe, wie der Bundesgerichtshof in der BRD.
„Mit der Vorratsdatenspeicherung werden Anbieter von Telekommunikationsdiensten dazu verpflichtet, Daten über ihre Kundschaft für eine gewisse Zeit zu speichern und auf Anfrage Ermittlungsbehörden zur Verfügung zu stellen. Ein Mobilfunkanbieter muss dann etwa Auskunft erteilen, wann und mit wem eine tatverdächtige Person telefoniert hat.
Eine solche Verpflichtung gab es in der Vergangenheit bereits: Ein EU-Gesetz führte sie 2006 in der ganzen Union ein. Allerdings hob der EuGH die Richtlinie 2014 als unzulässigen Eingriff in das Recht auf Privatsphäre auf. Eine anlasslose Speicherung der Daten von fast allen Menschen in Europa für lange Zeiträume sei mit den Grundrechten nicht zu vereinbaren. Seither urteilte der EuGH immer wieder gegen neuerliche Versuche zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung“1
Das ändert aber nichts daran, dass die EU-Kommission, unter der deutschen Führung von Ursula von der Leyen, der gefallenen Verteidigungsministerin, ein neus „Working-Paper“ zur Vorratsdatenspeicherung publik gemacht hat (das gesamte „Working-Paper“ ist hier verlinkt).
Darin werden mehrere Ideen angeführt, wie man den EuGH umgehen könnte, um den Terror gegen das Volk, bzw. die Völker in der EU aus zu weiten. Beispielsweise könne man auf ein EU weites Gesetz verzichten, aber dafür die nationalen Regierungen bei der Durchsetzung einer umfassenden Vorratsdatenspeicherung tatkrätig zu unterstützen. Eine weitere Idee ist es, die Diensteanbietern zur Herausgabe von Identitätsdaten an Behörden zu verpflichten, darunter auch sogenannte Over-the-top-Dienste (OTT) wie WhatsApp, Instagram oder Skype. Jedoch ohne dabei die Standort- und Verkehrsdaten abzufragen, dies hatte der EuGH explizit verboten. Oder man lasse doch alle Daten speichern , auch Standort- und Verkehrsdaten, aber dann nur zum Schutz der „Nationalen Sicherheit“. Was die „Nationale Sicherheit“ gefährdet bleibt dann natürlich Auslegungssache, vielleicht eine Demonstration, oder Streiks, oder vielleicht eine Pandemie, oder der Fakt keine weiße haut zu haben, die Möglichkeiten wären endlos. 2
Diesen reaktionären Phantasien muss die BRD selbst natürlich noch mal einen drauf setzen. Nach angaben des Spiegels wurde ein geheimes Dokument der noch amtierenden Großen Koalition (CDU, SPD) zu eben diesem Thema „geleakt“. Solche Dokumente sollen als Diskussionsgrundlage mit anderen Staaten dienen und es wird wohl kein Zufall sein, dass diese Diskussion erst auf den letzten Metern der aktuellen Legislaturperiode wieder eröffnet wurde.
„Danach spricht sich die Große Koalition nicht nur dafür aus, die Vorratsdatenspeicherung EU-weit wiedereinzuführen, sondern auch dafür, sie – wie von der Kommission geplant – auf Videotelefonie und Videokonferenzen sowie Messengerdienste wie WhatsApp auszuweiten, die bisher noch nie davon erfasst waren.[…] Außerdem befürwortet Deutschland in dem Positionspapier eine Vorratsdatenspeicherung auch für IP-Adressen und weitere zugehörige Daten, die jeden Klick nachvollziehbar und damit alle Internetnutzerinnen und -nutzer gläsern machen würden.“ 3
Als wäre das schon nicht genug, will die BRD die „Rechtsprechung“ soweit aufweichen, dass eine zeitlich unbegrenzte, personenunabhängige und flächendeckende Vorratsdatenspeicherung ohne konkreten Anlass möglich wäre, also einfach alle und immer.4 Bei Demonstrationen wird diese Art der Vorratsdatenspeicherung in der BRD bereits betreiben, zum Schutz der „nationalen Sicherheit“.
Natürlich sind EuGH oder BGH, oder wie sie auch alle heißen mögen nichts, was die Interessen des Volks schützt. Ihre einzige Aufgabe ist es dem Imperialismus gewisse Rahmenbedingungen zugeben, um die interimperilaistischen Widersprüche zu minimieren und die Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit und zwischen Imperialismus und unterdrückten Nationen zu negieren; und die Staaten tun im Geheimen am Ende sowieso, was sie wollen, egal was irgendwelche Gerichte dazu sagen. Aber diesem dann auch noch eine angebliche „demokratische Legitimation“ zu verleihen ist ein weiterer Schritt in der voranschreitenden Reaktionarisierung des Staates.
1https://netzpolitik.org/2021/vorratsdatenspeicherung-eu-kommission-will-mit-neuen-ideen-eugh-umgehen/
2ebenda
3https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/grosse-koalition-zum-abschied-noch-ein-ja-zur-vorratsdaten-speicherung-a-266cd41b-8589-4b0a-bb9e-4d78067d5fda
4ebenda