Am 19.01.2023 standen in Frankreich die Räder still. Bus und Bahn fuhren nicht, Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser blieben vielerorts dicht, die Fabriken ebenfalls. Bis zu zwei Millionen Menschen streikten am vergangenen Donnerstag und nahmen sich die Straßen des Landes, um gegen die reaktionäre Rentenreform zu demonstrieren, die die aktuelle Regierung rund um Präsident Macron durchzusetzen versucht. Die französische Regierung plant das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre zu erhöhen – ein Angriff auf die Arbeiterklasse Frankreichs, der bei den Werktätigen auf taube Ohren stößt und enormen Widerstand auslöst.
Die Reform stellt für den französischen Staat eine Notwendigkeit dar, um das Renten- und Sozialsystem in seinen Grundzügen aufrechtzuerhalten. Durch die ökonomische Krise des imperialistischen Systems, die sich auch in Frankreich immer mehr verschärft, nimmt die Bourgeoisie den Arbeitern immer mehr Errungenschaft, die in der Vergangenheit erkämpft wurden, wie es in Krisen immer der Fall ist. Die Rentenreform der französischen Regierung ist somit eine klare Bestätigung der Tatsache, dass die Herrschenden nicht so weiter machen können wie bisher und sie ihre Krisen immer auf die Schultern der Arbeiterklasse und des Volkes abwälzen.
Präsident Macron hält bislang trotz des Widerstandes an der Reform fest. Am Tag der Proteste war er beim spanisch-französischen Gipfeltreffen in Barcelona, von wo aus er sich zu den zur Reform und den Protesten gegen sie äußerte: „Wir werden dies mit Respekt, im Geiste des Dialogs, aber auch mit Entschlossenheit und Verantwortung tun.“ Im gleichen Atemzug versuchte Macron an die Demonstrierenden zum friedlichen Protest zu appellieren.
Die Arbeiter und das Volk ließen sich vom reaktionären Präsidenten aber keineswegs vorschreiben, wie sie ihren Widerstand entfalten sollen. In verschiedenen Städten gab es Kämpfe gegen die Polizei. Besonders in Paris, wo bis zu eine Millionen Menschen auf der Straße gewesen sein sollen, gab es schwere Ausschreitungen, bei denen mehrere Polizisten verletzt werden konnten.
Auch die proletarischen Revolutionäre der Jeunes Révolutionnaires (Revolutionäre Jugend) und die Genossen der revolutionären Zeitung La Cause de Peuple (Die Sache des Volkes) beteiligten sich an den Demonstrationen und den Kämpfen. Laut Angaben von La Cause de Peuple waren Propagandakomitees auf Demonstrationen in Paris, Lille, Caen, Rennes, Limoges und in Clermont-Ferrand in Aktion. Unter der Parole „Die Rebellion ist gerechtfertigt!“ marschierten die Genossen mit Transparenten auf den Demonstrationen und entwickelten in diesem Zuge unterschiedliche Aktionen.
Es sind nicht die ersten Proteste, die in Folge von Reformplänen des französischen Staates zur Erhöhung des Renteneintrittsalters losbrechen. Schon mehrfach – zuletzt im Jahre 2020 – gelang es den französischen Arbeitern durch ihren Widerstand, die Rentenreform zu verhindern und zwang den Staat in die Knie.