Nach dem gescheiterten Referendum zur ersten Auflage des Friedensvertrags findet in Kolumbien aktuell das große Schachern zu dessen Neuauflage statt. Die FARC und verschiedene Fraktionen des bürokratischen Kapitalismus versuchen einander politisch und militärisch auszuspielen. Das dies nichts weiter ist als ein Schachern um Einfluss und Posten zeigte deutlich der Boykott von über 63% der Bevölkerung bei bei der Wahl am 3. Oktober, die sich nicht für fremde Zwecke mobilisieren ließ.
Jeder der sich diese Tage mit Kolumbien auseinander setzt, die Tageszeitungen ließt und die Fernsehberichte schaut, kommt an einem Thema nicht vorbei: Den Friedensverhandlungen um die Kapitulationsbedingungen zwischen der FARC und dem kolumbianischen Staat. Die internationale und auch deutsche Presse ist voll von Bildern mit sich vor Freunde in den Armen liegenden Menschen, vom historischen Friedensabkommen inklusive Friedensnobelpreis. Gleiches Bild, nur umgedreht, in den als „alternativen“ Medien. Dort finden wir massig Berichte über ermordete Kämpfer, Funktionäre und Vertreter der FARC.
Was sich momentan in Kolumbien abspielt ist komplex und simpel zugleich. Komplex, weil es die verschiedenen Kämpfe innerhalb der Fraktionen des bürokratischen Kapitalismus in Kolumbien und die Rolle der FARC in über 50 Jahren des Kampfes widerspiegelt. Simpel, weil es nichts anders ist als das in Nachspielzeit gegangene Theater um die Verhandlungen zu den Kapitulationsbedingungen der FARC und ihrer Integration in das parlamentarische System (im neuen Vertrag will sich die FARC u.a. 10 Sitze im Parlament zusichern lassen). Das Wahlfiasko vom Volksentscheid konnte nicht die von der Bourgeoisie und der FARC erhoffte Legitimierung dieses Übergangs bringen und endete in einer Farce – 2/3 der Menschen beteiligten sich überhaupt nicht und letztendlich lag der Unterschied bei 0,1%. Jetzt befinden sich alle Beteiligten unter Handlungsdruck: Sei es die Fraktion der bürokratischen und großgrundbesitzer Bourgeoisie um Santos, die sich in der Wahl für ein „Ja“ einsetzte, sei es jene um Uribe, die sich für ein „Nein“ einsetzte, oder sei es die FARC. Sie alle versuchen jetzt für die zweite Verhandlungsrunde, die sich aktuell entwickelt, ihre Verhandlungsposition mit militärischen und politischen Mitteln zu stärken. Deshalb die Morde, deshalb die Bezichtigungen, deshalb die Berichterstattung.
Doch all das Geschacher kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in Kolumbien keinen permanenten Frieden geben kann und das kolumbianische Volk kein Interesse an der Kapitulation oder nicht-Kapitulation der FARC hat. Es lebt seit Jahrzehnten in einem Land, in dem militärische Auseinandersetzungen die Regel sind, die Ausbeutung und Unterdrückung massiv ist. Nur weil der bewaffnete Revisionismus versucht sich ein Plätzchen in den Reihen des Systems zu ergattern, werden und können die Revolutionäre und das kolumbianische Volk solange sie geknechtet sind nicht mit dem Kampf aufhören. Das dem Volk die Rolle der FARC und ihr Wahltheater recht egal ist hat es mit dem Boykott der letzten Wahl ziemlich klar gezeigt.
„Es ist nicht so, dass wir - das Proletariat - und die Völker der Welt uns grämen, weil die FARC sich demobilisiert, oder das wir traurig sind, dass sie es machen, und deshalb zu ihnen schreien: „Kapitulanten!“, „Verräter!“. Das zu tun [...] wäre anzunehmen, dass ihr Kampfprogramm, ihre Formen sich zu organisieren und zu kämpfen und vor allem ihr ideologischer Grund und ihr Fundament richtig waren und mehr noch, dass die Massen als „Weisen“ ohne revolutionäre Führung bleiben werden. Nein! Absolut nicht!“ - Kommunistische Partei Ecuadors – Rote Sonne, aus Der falsche Frieden Obamas, Castros, Santos und der FARC