Wir publizieren hier ein Flugblatt des Internationalen Netzwerk zur Verteidigung der Mapuche:

Die Mapuche-Gemeinde von Tranguil kämpft gegen ein Wasserkraftwerkprojekt auf ihrem Land. Eine Aktivistin wurde in ihrem Haus leblos aufgefunden und ihr Ableben von der Staatsanwaltschaft als Selbstmord ad acta gelegt. Erst ein alternatives Gutachten bringt ans Licht, dass es kein Freitod gewesen sein kann. Macarena Valdés wurde ermordet!

Das österreichische Unternehmen RP Global plant den Bau von drei Wasserkraftwerken in der Región Panguipulli, 810 Kilometer südlich von der Hauptstadt Santiago de Chile. Dabei führt die Konstruktion der ganzen Anlage auch über das Land von zwei Mapuche-Gemeinden, die weder für das Projekt gefragt wurden noch ihre Zustimmung dafür erteilt haben.

Zunächst versuchte man den Anwohnern den Bau schmackhaft zu machen: Das Projekt eines Wasserkraftwerks würde nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch den Fortschritt in die Gegend bringen.

Als die Überwältigende Mehrheit der Gemeindemitglieder sich nicht überzeugen ließ, ging man dazu über die Mapuche zu bedrohen. Ein Dorn im Auge war den Befürwortern des Baus der Sprecher beider Gemeinden, Ruben Collío. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Aktivistin Macarena Valdés organisierte Collío den Widerstand der betroffenen Mapuche-Gemeinde gegen das Unterfangen. Für diese Auflehnung wurden beide zum Fokus permanenter Einschüchterung und Todesdrohungen.

macarena valdes y sus hijos

Am 23. August 2016 wird Macarena Valdés in ihrem Haus tot aufgefunden. Die Polizei ging schnell von einem Selbstmord durch Erhängen aus. Der Tod der vierfachen Mutter gab aber gleich zu Beginn viele Rätsel auf.

Zwei Tage vor dem Tod von Macarena waren zwei Vertreter von RP Global bei Monica Painemilla, die rechtmäßige Landeigentümerin. Sie hatte ein Stück Land an Macarena und Ruben gepachtet. Sie verlangten von Painemilla, dass sie Ruben und Macarena den Vertrag kündigt, ansonsten würde ihnen etwas Böses zustoßen. Zudem wird von Ruben Collío bekräftigt, dass Macarena keinen Grund hatte, sich das Leben zu nehmen, weil sie an diesem Ort mit ihren gemeinsamen Kindern glücklich war. „Wir lebten an diesem Ort unseren Traum. Wir wollten hier eine Schule für die Menschen gründen. Man hat sie ermordet“, betont Ruben.

Die Gemeinde beantragt eine alternative Autopsie, die von der Staatsanwaltschaft sofort abgelehnt wurde. Ruben fragte zeigte dem Gerichtsmediziner Pedro Calderón und Andrei Tschernitchin die offizielle Autopsie. Die Gerichtsmediziner zweifelten an der korrekt ausgeführten Autopsie ihres Kollegen Enrique Rocco. Dieser hatte in der Vergangenheit in zwei anderen Fällen fragwürdige Gutachten erstellt. Diese Tatsache veranlasste die Gemeinde eine kostspielige alternative Autopsie beim renommierten Forensiker Luis Ravanal in Auftrag zu geben, der zum Schluss kam, dass die Merkmale eines Suizids durch Erhängen nicht gegeben waren: „Die Diagnose Tod durch Erhängen ist objektiv nicht haltbar, da die Beschreibung der Stellen nicht darauf schließen lassen, dass sie entstanden sind, als die Person noch am Leben war“, kam Ravanal zum Schluss.

Das Gericht hat den Fall neu aufrollen lassen. Es hat auf Grundlage dieser neuen Erkenntnisse den Beschluss gefasst, dass im Falle Macarena in alle Richtungen ermittelt werden muss. Wenn Macarena kein Selbstmord gemacht hat, dann wurde sie ermordet und die Mörder sind im Umfeld von RP Global und ihrer chilenischen Handlager zu suchen.

Das RP-Global-Projekt ist vorerst stillgelegt, aber nicht aufgrund des Mordes an Macarena Valdés, sondern weil die chilenischen Vertreter des Unternehmens Umweltauflagen und Eigentumsrechte verletzt haben. Zudem missachten Staaten wie Chile und transnationale Unternehmen wie RP Global systematisch das ILO-Übereinkommen 169, wonach die ansässige indigene Bevölkerung bei solchen Prohekten um Zustimmung gefragt werden muss.

Die Autopsie und die juristischen Auseinandersetzungen sind kostspielig und für die oft verarmten Gemeinden kaum zu bezahlen. Daher sind die Mapuche auch auf die Solidarität in Chile und im Ausland angewiesen. Wir unterstützen die Mapuche-Gemeinden von Tranguil und fordern, dass die Täter in Chile und ihre Auftraggeber in Europa zur Verantwortung gezogen werden. Wir fordern, dass RP Global das Projekt aufgibt und sich aus dem Mapucheland zurückzieht.