Zum Prozessauftakt gegen Lina E. und drei weitere Antifaschisten, welche dazu beschuldigt werden Angriffe auf Faschisten geplant und durchgeführt zu haben und dessen Inszenierung durch die BRD als gefährlicher Terroristen, zu einer breiten Solidaritätswelle geführt hat, möchten wir zwei Artikel von political-prisoners.net dazu mit euch teilen.

DD: Bericht zum Prozessauftakt im Antifa Ost-Prozess
[Link zu dem Artikel]

free lina

Wir blicken auf einen langen und anstrengenden Tag zurück. Bereits um 05:30 ist ein Bus aus Leipzig zum Prozess nach Dresden gefahren und gegen 07:30 Uhr standen schon ca. 80 Menschen bei der Kundgebung vor dem OLG Dresden. Später stieß noch ein Fahrradkorso hinzu. Im Lauf des Tages wuchs die Kundgebung auf ca. 200 Personen an. Es wurden viele bewegende Redebeiträge gehalten, u.a. ein sehr bewegender von Linas Mutter.
Schon gegen 09:00 Uhr war klar, welches Bild die Sicherheitsbehörden für den Prozessstart zeichnen wollten. Während Linas Ankunft kreiste ein Hubschrauber über der Kundgebung und Hundertschaften waren vor dem Gericht postiert. Ein Konvoi aus mehreren Polizeifahrzeugen transportierte sie zum Hintereingang des OLG.

Auch um die Kundgebung herum nahm die Polizeipräsenz im Laufe des Tages zu. Die anwesenden Faschisten inszenierten Journalisten. Unter Polizeischutz begannen sie die Kundgebung abzufilmen. Dabei u.a. der ehemalig Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke sowie Nele Schier, die unter dem Pseudonym „Emma Stabel“ für das NPD-Presseorgan „Deutsche Stimme“ aktiv ist. Anwesend waren auch die einschlägigen Nebenklage-Anwälte Frank Hannig und Martin Kohlmann. Hannig vertrat u.a. den Rechtsterroristen Stephan Ernst, welcher den CDU-Politiker Walter Lübke ermordet hat. Im aktuellen Verfahren vertritt er den Wurzner Neonazi Cedric Scholz. Er ist schon länger als Anwalt und zentrale Figur in der rechten Szene aktiv. Aktuell tritt er als parteiloser Direktkandidat für die Bundestagswahl an.

Der Prozess begann direkt mit einem Eklat: Im Gerichtssaal machte der Chemnitzer Faschist und Vertreter der Nebenklage, Martin Kohlmann, ein Foto der Angeklagten und veröffentlichte es über seinen Kameraden Sebastian Schmidtke trotz eindeutigem Video- und Bildverbot auf sozialen Plattformen. Dies wollte die Verteidigung so nicht hinnehmen und beantragte einen Sichtschutz für ihre Mandant:innen.

Bereits unmittelbar nach Prozessbeginn zeigte der vorsitzende Richter, Hans Schlüter-Staats, wie die Verhandlung seiner Vorstellung nach laufen solle. Er versuchte die Anträge der Verteidigung abzublocken und direkt mit der Anklageverlesung zu beginnen. Nach Aussage des Anwalts Ulrich von Klinggräff solle die Verteidigung „auf Teufel komm raus vom Gericht behindert werden“. Deshalb wurde die Verhandlung schon vor dem eigentlichen Start für 30 Minuten unterbrochen. Weitere Details zum Verlauf des ersten Verhandlungstages sowie die Erklärungen der Verteidigung folgen in den nächsten Tagen.

In den weiteren Stunden war die Dresdner Polizei nach wie vor stark im Umkreis des OLG und vor allem im Umfeld der Kundgebung zu unterwegs. Währenddessen erreichten uns unzählige Solidaritätsbekundungen aus ganz Europa, davon etliche über soziale Medien. #FreeLina war zeitweise auf Platz zwei der deutschen Twitter-Charts.

Nach einem langen Tag endete die Verhandlung gegen 18:00 Uhr.

Wir wollen uns bei allen Menschen bedanken, die heute vor Ort waren und sich in verschiedenster Weise solidarisch gezeigt haben.

Antifaschismus bleibt notwendig und legitim!

 

Grußwort von Linas Mutter zum Prozessauftakt in Dresden
[Link zu dem Artikel]

free lina sticker

In Dresden hat der Prozess gegen Lina E. und drei weitere Antifaschisten begonnen. Linas Mutter ist wütend über die Kriminalisierung ihrer Tochter und wie sie zur Terroristin stilisiert wird. Vor dem Gericht wurde Solidarität mit den Angeklagten bekundet.

Vor dem Oberlandesgericht Dresden hat der Prozess gegen Lina E. und drei weitere Antifaschisten begonnen. Den Angeklagten wird vorgeworfen, Angriffe auf aktive Neonazis geplant und durchgeführt zu haben. Lina soll dabei die Gruppe angeführt und das Kommando der „kriminellen Vereinigung“ übernommen haben. Die Inszenierung von Lina als gefährlicher Linksextremistin hat zu einer breiten Solidaritätswelle geführt. Vor dem Gerichtsgebäude hat zum Prozessauftakt eine Kundgebung unter dem Motto „Trotz alledem – Für einen konsequenten Antifaschismus“ stattgefunden, bei der ein Grußwort von Linas Mutter verlesen wurde:

„Meine Tochter Lina sitzt seit zehn Monaten in Untersuchungshaft und heute beginnt der Prozess gegen sie und drei weitere Menschen hier am OLG. Das sächsische LKA hat Anfang 2020 ein Verfahren nach Paragraph 129 eingeleitet, in dem Lina und anderen die Gründung und Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird. Ziel soll die Planung und Durchführung von Aktionen gegen Neonazis gewesen sein.

Weil es sich bei der Hauptbeschuldigten um eine Frau handelt, überschlägt sich die mediale Berichterstattung. Empörend finde ich die hetzerischen, sexistischen und menschenverachtenden Inhalte einiger Pressehäuser. So liest sich: Lina, die schöne schlanke Studentin mit den blonden Haaren, roten Fingernägeln und kurzem Minirock… Gleichzeitig liest sich: Lina, die Anführerin eines hochorganisierten linken Schlägerkommandos, einer Terrorzelle…

Ich bin zornig und erschüttert über die Kriminalisierung meiner Tochter und wie sie zur Terroristin stilisiert wird. Die Vorverurteilung ist auffallend und die Unschuldsvermutung gilt für Lina von Anfang an nicht. Mit dem Verfahren gegen Lina und weitere Personen soll ein Präzedenzfall geschaffen und gleichzeitig ein Exempel statuiert werden: Wer sich in Deutschland gegen Nazis organisiert, wird mit aller Härte verfolgt und bestraft.

Ich empfinde die Entwicklung als sehr gefährlich und es sollte unser aller Bestreben sein, sich dem ausbreitenden Rassismus mit aller Kraft entgegenzustellen. Diesem Faschismus, der – wie die Morde in Kassel, Hanau und Halle zeigen – eine ungeheure Dimension der Gewalt erreicht hat. Um mit Esther Bejarano zu sprechen: ,Ich sage immer, wehret den Anfängen ist nicht mehr. Wir sind mittendrin im Kampf gegen Rassismus und Faschismus.'

Ich wünsche Lina und den anderen Beschuldigten viel Kraft und Zuversicht für den langen Prozess. Euch danke ich für eure großartige Unterstützung, eure Verbundenheit und für das gemeinsame Aufstehen gegen Rassismus und Faschismus. Lina wünsche ich von Herzen, dass sie aus der UHaft entlassen wird und dass für sie gilt: Jeder Mensch ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren nachgewiesen ist und in dem alle für die Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet sind.“

Solidaritätsbündnis: Die antifaschistische Bewegung steht vor Gericht

Auch das Solidaritätsbündnis Antifa Ost erwartet keinen fairen Prozess. „Bereits seit Monaten versuchen rechts unterwanderte Sicherheitsbehörden durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit eine Vorverurteilung der Beschuldigten zu bewirken“, erklärte die Pressesprecherin des Solidaritätsbündnisses, Marta Zionek. Sie führte weiter aus: „Konsequenten Antifaschismus in dieser Form zu verfolgen und als Terrorismus darzustellen, stellt eine eindeutige politische Positionierung dar. Vor Gericht stehen nicht nur einzelne Angeklagte, sondern die antifaschistische Bewegung als solche.“