Es war abzusehen und spätestens jetzt, nachdem der Krieg in der Ukraine gut vier Wochen tobt und tausende Flüchtlinge die BRD erreicht haben, hat die Debatte begonnen, wie man sie am besten nutzten könnte. Der imperialistische Chauvinismus entfesselt sich dieser Tage frei und ungezügelt. Unterschiedliche Unternehmensverbände fordern eine schnelle „Integration“ der Flüchtlinge in den deutschen Arbeitsmarkt. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verkündete mittlerweile, die Ukraine-Flüchtlinge schnell auf den Arbeitsmarkt bringen zu wollen. Es gebe in vielen Bereichen eine Arbeitskräftemangel, sagte er am 18. März.
Besonders hohen Stellenwert nimmt der Bereich der Pflege in der Debatte ein. Der sogenannte Pflegenotstand ist schon seit Jahren ein ungelöstes Problem in der BRD und zehntausende Stellen sind unbesetzt. Niedriger Lohn, völlige Überlastung und schlechte Arbeitsbedingungen sind Standard in der Pflege. Die Kolleginnen und Kollegen in den Pflegeberufen gehen schon seit Jahren immer wieder für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen auf die Straße und konnten immer wieder Teilerfolge erkämpfen. Nichtsdestotrotz bleibt die Situation im allgemeinen schlecht. Die ukrainischen Flüchtlinge – die hauptsächlich Frauen sind – sollen dieses Problem nun lösen, wenn es nach dem deutschen Staat geht. Der Berliner Arbeitsrechtler Martin Bechert vermutet folgendes:
„Viele Unternehmer sehen die ukrainischen Flüchtlinge einfach als billige Arbeitskräfte. Meine Befürchtung ist, dass ihre Notsituation ausgenutzt wird und viele Firmen die Ukrainer nicht etwa als qualifizierte Arbeitnehmer beschäftigten, sondern sie vergleichsweise weniger Geld bekommen und unter Wert arbeiten müssen … Es flüchten ja vor allem Frauen aus der Ukraine. Viele von ihnen könnten in der Pflege beschäftigt werden, wo Fachkräfte fehlen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass ihre Berufsausbildung schnell anerkannt wird. Dass selbst examinierte Pflegekräfte unterbezahlt, auf dem Lohnniveau einer Hilfskraft beschäftigt werden, ist daher wahrscheinlich. Die Gefahr, dass viele Flüchtlinge ausgenutzt werden, ist insbesondere in der Pflege ganz konkret.“
Das, was der Berliner Anwalt hier sagt, trifft den Nagel auf den Kopf. Die Bourgeoisie sieht in den Menschen aus der Ukraine billige Arbeitskräfte, die zu Hungerlöhnen die Jobs machen sollen, die sonst keiner machen will. Die Menschen, die wegen Krieg, Hunger oder anderem Elend ihre Länder verlassen haben, sind immer diejenigen, die am meisten ausgebeutet werden. Die imperialistische deutsche Bourgeoisie stellt sich nun dar als der große Flüchtlingshelfer, aber sie sind Chauvinisten, die sich für Herrenmenschen halten und die Menschen aus den unterdrückten Nationen nur als ihre Sklaven betrachten.