Neun auserwählte Menschen treffen sich und entscheiden, wie hoch der Mindestlohn sein soll. Drei Vertreter der Bosse, drei Gewerkschaftsfunktionäre, zwei Wissenschaftler und ein Vorsitzender - die SPD-nahe Juristin Christiane Schönefeld - das ist die staatlicherseits eingesetzte Mindestlohnkommission. Dieser exklusive Zirkel bestimmt dann über die Lohnentwicklung von über sechs Millionen Menschen. Rund 1/4 aller Beschäftigungsverhältnisse basieren auf dem Arbeitslohn - etwa doppelt so viele wie 2015, als der Mindestlohn eingeführt wurde.

 

Diese Körperschaft hat nun entschieden, dass es angemessen sei, dass der Mindestlohn im kommenden Jahr um ganze 41 Eurocent steigen soll. Das sind nicht ganz 3,5 Prozent. Zur Erinnerung: die Preissteigerungen für Grundbedarfe sind im vergangenen Jahr zwischen 15 und 20 Prozent gesteigen. Diese Preissteigeerungen treffen vor allem bereits arme Menschen, welche dadurch noch ärmer werden. Nur um diesen Umstand auszugleichen hätte die Mindestlohnerhöhung bei etwa zwei Euro auf rund 14 Euro liegen müssen. Auch die weitere Erhöhung um weitere 41 Eurocent im darauf folgenden Jahr 2025 ändert nichts daran, dass dieser Beschluss ein reiner Hohn für die Arbeiter ist, die zu diesen Bedingungen arbeiten müssen.

 

Bemerkenswert ist doch, dass diese Körperschaft mit diesem Beschluss in gewisser Weise ihre eigentliche Funktion verloren hat. Eingesetzt als ein Gremium, um die Klassenauseinandersetzungen zu negieren, in dem Arbeiter und Arbeitskäufer, staatlicherseits moderiert, ihre Interessen in Einklang bringen sollen, ist die Mindestlohnkommission nun gescheitert, weil die Gewerkschaftsfunktionäre dieser Farce nicht zustimmen konnten. Das zeigt, dass sich auch in diesem Gesellschaftsbereich die Widersprüche verschärfen.