Die monatelangen Debatten über den Bundeshaushalt 2024 und die Finanzplanung bis 2027 zeigen erneut die Schwäche der Regierung. Gleiches gilt für das Ergebnis dieser Streitereien, welches nun alsbald durchs Parlament gewunken werden soll.
Der ausgehandelte Kompromiss ist eine 364 Seiten umfassende Kabinettsvorlage, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch vorlegen will. Es ist der Versuch innerhalb einer seit vier Jahren andauernden schweren ökonomischen Krise zumindest das Staatssäckl zusammen zu halten: Die Schuldenbremse soll wieder greifen, damit die Staatsfinanzen künftig nicht komplett den Bach runter gehen.
Der vermeintliche Lösungsansatz ist denkbar einfach - sparen. 445,7 Milliarden Euro sollen im Jahr 2024 nach dem Entwurf des Finanzministers ausgegeben werden, nach geplanten 476,3 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Das Haushaltsvolumen soll dann bis zum Jahr 2027 auf 467,2 Milliarden Euro anwachsen.
Wo wird gespart? Natürlich bei den "Sozialausgaben". Das hat jüngst das Münchener ifo Institut medienwirksam eingefordert. "Ein großer Teil der Ausgaben des Arbeits- und Sozialministeriums wird beispielsweise für Transfers verwendet, von denen nur die Begünstigten profitieren", heißt es dort unter anderem. Es soll unter anderem der Bundeszuschuss für die Pflegeversicherung im kommenden Jahr komplett gestrichen und der momentan gezahlte staatliche Zuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung auf dem bisherigen Niveau eingefroren werden. Der Zuschuss für die gesetzliche Rentenversicherung soll nach dem Willen des Finanzministers abgesenkt werden.
Pflege-, Renten- und Krankenversicherung werden also künftig die Netto-Einkommen der Arbeiter in diesem Land deutlich absenken. Dabei muss man sich stets vergegenwärtigen, dass die vergleichsweise hohen Abschlüsse in den letzten Tarifverhandlungen, die hauptsächlich auf eine zunehmende Kampfbereitschaft und zunehmenden Kampfeswillen der Arbeiter zurück zu führen sind, in der Regel maximal die Preissteigerungen des vergangenen Jahre ausgleichen.
Für die geplante und groß beworbene sogenannte Kindergrundsicherung sind nach gegenwärtigem Stand zunächst lediglich zwei Milliarden Euro jährlich vorgesehen. Das Familienministerium ging bisher von einem Finanzbedarf von zwölf Milliarden Euro pro Jahr aus. Wie die Ampel-Regierung dieses Problem lösen wird bleibt abzuwarten. Zur Schuldenbremse gehört nämlich auch, dass Kredite über das Limit von rund 15 Milliarden Euros hinaus aufgenommen werden dürfen, die als Investitionen gelten.
Mit Blick auf das künftige Elterngeld ist das mediale Geschrei recht groß. Selbst das Handelsblatt wird auf einmal zum Bollwerk der Verteidigung der Rechte von Frauen und Kindern, spricht von einem gefährlichen Wagnis. Es soll die Einkommensobergrenze, bis zu der es Anspruch auf das Elterngeld gibt, deutlich gesenkt werden. Auf 150.000 Euro Jahreseinkommen, brutto. Zum Vergleich: Ein Lehrerehepaar mit jeweils 4.000 Euro Netto-Monatseinkommen, heißt 8.000 Euro insgesamt kommt im Jahr zusammen auf weniger als 130.000 Euro Brutto-Einkommen. Diesbezüglich lässt sich mit Fug und Recht behaupten: Hier trifft es - ausnahmsweise einmal - diejenigen, die es nicht so dringend nötig haben.
Das einzige Ministerium, welches von den Sparmaßnahmen verschont bleibt, ist das Bundesverteidigungsministerium. Auch hier haben die "Experten" des ifo-Instituts schon eine Forderung parat. Mehr Geld für die Bundeswehr, noch mehr, mehr als die 100 Milliarden und mehr als die zwei Prozent. "Im Haushalt sollen Ausgaben für öffentliche Güter bevorzugt werden, von denen alle Bürger etwas haben", wird der ifo-Forscher Niklas Potrafke zitiert, was in diesem Zusammenhang doch etwas skurril anmutet. Tatsächlich hat der deutsche Imperialismus erkannt, dass er seine Mängel im Bereich des Militärischen überwinden muss, um bei den Großen mit zu spielen, heißt fort zu fahren im Streben den Sprung zur Supermacht machen zu können.