Die in Indien seit zwei Monaten andauernden Bauernproteste haben sich am Dienstag in der Hauptstadt Neu-Delhi zugespitzt. Den streikenden Bauern gelang es, bis ins abgesperrte Stadtzentrum vorzudringen, nachdem sie vorher am Rand der Hauptstadt kampierten.
Die Wut der Bauern richtet sich gegen ein neues Gesetz, dass den Markt für landwirtschaftliche Produkte liberalisieren soll. Während staatliche Zwischenhändler bisher festgelegte Mindestpreise gezahlt hat, sollen in Zukunft Privatfirmen den Preis drücken können. Denn die vielen Kleinbauern sind gegenüber den Großkonzernen in einer schwachen Verhandlungsposition. Ein Schreiben des CPI (Maoist) Andhra Odisha Border Special Zonial Comittee, das von einer bürgerlichen Zeitung zitiert wird, nennt die gegenwärtigen Zustände die schlimmsten agrarischen Krise in der Geschichte des Landes.
Die Polizei griff die ins Zentrum strömenden Massen mit Tränengas und Schlagstöcken an und töteten einen Demonstranten. Die Bullen behaupten einen Traktorunfall, die Bauern sprechen von einem Schuss. Auch das Internet wurde in einigen Bezirken zeitweise abgeschaltet. Trotzdem konnten die Herrschenden nicht verhindern, dass die aufgebrachten Massen das historische Rote Fort besetzten. Auf dem Palast hisst Premier Modi jeweils zum Unabhängigkeitstag die indische Flagge. In diesem Jahr zogen jedoch die wütenden Landwirte ein Fahne auf. Ganz in der Nähe war die Bühne, von der Modi einer Parade zum Nationalfeiertag beiwohnen wollte. Scheinbar bekam es dieses reaktionäre Schwein dann auch mit der Angst: „Sicherheitskräfte brachten Modi zu seiner Residenz zurück, bevor es zu einer direkten Konfrontation mit den Landwirten kommen konnte.“
Indem die Bauern am Unabhängigkeitstag bis in das Zentrum Neu-Delhis vorgedrungen sind, haben sie ein starkes Zeichen gesetzt, auch gegen ihre eigenen Funktionäre aus reformistischen Verbänden. Immer weniger Inder lassen sich von Modis reaktionärer Hindu-Nationalisitischer Politik einlullen. Diese neuen Verschlechterungen in der Landwirtschaft könnten eine noch größere Sprengkraft entwickeln, denn die Landwirtschaft bildet laut bürgerlicher Quellen die Lebensgrundlage für über 60 Prozent der indischen Erwerbstätigen. Das sind glänzende Perspektiven für den Volkskrieg, den die CPI (Maoist) seit Jahrzehnte an der Seite der ärmsten Bauern führt. Das haben auch bürgerliche indische Medien erkannt, die vor einer starken Beteiligung der Maoisten an den Protesten warnen.