Gestern am frühen Mittag verkündete der 7. Strafsenat des Oberlandesgerichts München sein Urteil im TKP/ML Prozess. Für die zehn Angeklagten wurden Haftstrafen zwischen 2 Jahren und 9 Monaten bis zu 6 Jahren und 6 Monaten festgelegt. Gegen die Farce dieses Prozesses und sein abschließendes Urteil beteiligten sich Hunderte von Kundgebungsteilnehmern an den gestrigen Protesten in München.
Mehr als 4 Jahre und 234 Hauptverhandlungstage hat der Prozess gegen die 10 Aktivisten gedauert, die nach den Razzien am 15. April 2015 in mehreren EU-Ländern festgenommen und in der BRD auf die Anklagebank gesetzt worden sind. Vorgeworfen wurde ihnen nicht, hier eine konkrete Straftat begangen zu haben, sondern Mitglied in der TKP/ML zu sein. Damit war es das erste Verfahren in Deutschland welches wegen Mitgliedschaft in der TKP/ML geführt wurde. Es ist zugleich das erste, in dem Angeklagte wegen der Mitgliedschaft in einer „ausländischen terroristischen“ Organisation nach § 129b StGB verurteilt wurden, die auf keiner internationalen Terrorliste steht und die in Deutschland nicht nach dem Vereinsgesetz verboten ist und deren Mitglieder häufig einen Flüchtlingsstatus in Deutschland erhalten haben.
Entsprechend offensichtlich ist der politische Motivierte Charakter des Verfahrens, mit dessen Urteil die Reaktion erneut ihrer eigenen Gesetze gebrochen hat. Basierend auf „Einschätzungen“ und „Beweisen“ des türkischen Staates, eines Staates der sein Volk mit offener Repression und Terror überzieht, in der BRD revolutionäre Aktivisten als „Terroristen“ (bzw. deren Unterstützer) anzuklagen, die hier keine konkreten Straftaten durchgeführt haben, und zu verurteilen hat mehr mit dem Gesinnungsstrafrecht des Faschismus zu tun, als mit allem anderen. Aber dies war das Zeil von Vornherein: Schon mir den inszenierten Bildern der Festnahme wurde die Grundlage hierfür gelegt. Mit Sonderkommandos, gepanzerten Fahrzeugen, simultanen Zugriffen und Waffen im Anschlag wurden die Festnahmen damals durchgeführt um die zehn (unbewaffneten) Angeklagten schon im Vorfeld als „brandgefährliche Terroristen“ zu stigmatisieren, von denen der Letzte erst gestern am Tag seiner Verurteilung freigelassen wurde, nach dem er über fünf Jahre ohne Verurteilung im Gefängnis gesessen hatte [sic!].
Haftstrafen:
Müslüm Elma: 6 Jahre 6 Monate
Deniz Pektas: 5 Jahre
Seyit Ali Uğur: 4 Jahre 6 Monate
Erhan Aktürk: 4 Jahre 6 Monate
Sinan Aydın: 3 Jahre 6 Monate
Banu Büyükavcı: 3 Jahre 6 Monate
Haydar Bern 3 Jahre 4 Monate
Musa Demir: 3 Jahre 4 Monate
Sami Solmaz: 3 Jahre
Mehmet Yeşilçalı: 2 Jahre 9 Monate
Entsprechend groß und kämpferisch war der Protest am gestrigen Tag gegen die Verurteilung der Angeklagten, zumal in den Schlussplädoyers und Stellungnahmen fünf der Angeklagten eine klare Stellungnahme dazu gemacht haben, dass sie ihrer Ideologie und dem Kampf für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung keineswegs abschwören werden und klarstellten, dass der deutsche Staat sowieso keine Legitimität habe, über diese Frage zu entscheiden. Dennoch wurde von der Staatsanwaltschaft, die diesen Prozess offensichtlich als Präzedenzfall schaffen wollte, in Ihrem abschießenden Worten die klare Forderung aufgestellt die TKP/ML in Zukunft als Terrororganisation zu führen.
Da der Tag der Urteilsverkündung auch auf den Internationalen Aktionstag in Solidarität mit den revolutionären Gefangenen in Indien viel, beteiligten sich proletarische Revolutionäre auf unterschiedliche Art und Weise auch dadurch, dass Slogans für die dortigen Inhaftierten in die Kundgebung rein zutragen.