Im Jahr 2019 pflegten rund 4,5 Millionen Menschen in der BRD ihre Angehörigen. Die Mehrheit, 70%, von ihnen waren Frauen.
Schon damals wurde diskutiert, dass die Frauen dafür häufig in Teilzeitberufe wechseln müssten und somit ihre gesetzlichen Rentenansprüche sinken würden, denn die Pflege wurde mit völlig fiktiven Zahlen angerechnet. Dies resultierte und resultiert für viele Frauen weiter in die Gefahr der Altersarmut zu versinken. Zwar gab es seitdem einige Anpassungen, doch diese wirkten mehr wie Tropfen auf einem heißen Stein.
Jetzt, in Zeiten des sogenannten „Pflegenotstandes“ kommt die Diskussion erneut auf, wie man Angehörige entlasten könnte, die ihre Verwandten pflegen, denn immerhin handelt sich auch hier um rund 2,33 Millionen Menschen, die zuhause durch die Familie versorgt werden.
Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf legte dazu dem Bundesinnenministerium einen Vorschlag vor. In diesem Bericht empfiehlt der Beirat eine Verlängerung der Pflegezeit. Ganze sechs Monate könnten sich Angehörige so freistellen lassen, danach weiter in Teilzeit ihrem Beruf nachgehen und zusätzlich die Pflege übernehmen. Außerdem sollen diese Regelungen nicht mehr nur für ein pflegendes Familienmitglied wirken, sondern innerhalb der Familie ließe sich die Pflegezeit flexibel aufteilen. Eigentlich käme das der im Koalitionsvertrag vorgeschlagenen Reform des Pflegezeitgesetzes entgegen.
Doch wie immer ist es so, dass auch dieser Vorschlag nicht ohne Tücken ist, auch wenn er sich vielleicht zuerst ganz gut anhört. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz dazu: „Alle Jahre wieder legen Regierungskommissionen gut Vorschläge vor. Was fehlt, ist der politische Wille der Umsetzung.“ Neben diesem Unwillen, würden auch die zahlreichen Rentner, die Angehörige pflegten dabei völlig außer Acht gelassen. Weiter würden sich immer mehr Pflegende von der Situation überfordert fühlen und auch der Zugang zu Entlastungen würden nicht angenommen werden, denn es sei ein „bürokratischer Dschungel“, so der Sozialverband VdK.
Dass zwar Änderungen im Koalitionsvertrag niedergeschrieben sind und diese auch von verschiedenen Interessensverbindungen unterstrichen werden, kann auch in Zeiten, wo immer mehr Pflegepersonal fehlt, viele Menschen sich die Pflege durch externe Stellen ihrer Angehörigen auch einfach schlichtweg nicht leisten können und immer mehr ältere in Menschen in das pflegebedürftige Alter kommen, nicht unbedingt als Zufall betrachtet werden. Denn solange viele Menschen ihre Verwandten quasi umsonst zuhause pflegen, gibt es keine Notwendigkeit, die Riesengewinne deutscher Pflegeinstitutionen weiter zu schmälern und das Gesundheitswesen tatsächlich zugunsten der Menschen – besonders derer, die sich keinen Pflegeplatz leisten können in diesem Fall – zu verbessern. Auch wird mit den Vorschlägen und den eventuellen Veränderungen, auf die seit Jahren gewartet wird, nicht von der Bourgeoisie angepackt, die reelle Gefahr der Altersarmut für hunderttausende von Frauen zu verringern. Stattdessen werden diese als private Gratis-Pflegekräfte behandelt, die nicht mehr aus der Falle herauskommen.