Der 8. Mai hat in der bundesrepublikanischen Öffentlichkeit einen Bedeutungswandel erlebt. Während das Ende des 2. Weltkriegs vielen Meinungsmachern lange als Niederlage galt, wird er inzwischen von höchster Stelle als Tag der Befreiung definiert.
Ausdruck dieses Wandels war die Bundestagsrede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäckers zum 8. Mai 1985: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“
Dieses vermeintliche „Umdenken“ hat zwei perfide Gründe. Zum einen war die Kriegsgeneration inzwischen alt oder tot. Mit ihr verschwanden auch die Nazifunktionäre, die die Bundesrepublik maßgeblich geformt haben, von ihren Posten. Das subjektive Interesse die eigene frühere Karriere in Hitlerdeutschland zu rechtfertigen wurde damit hinfällig. Diesen Generationswechsel voraussetzt konnte die herrschende Klasse das Befreiungsnarrativ übernehmen, das vorher nur von Kommunisten, Juden und allen anderen, die tatsächlich aus den Nazi-KZs befreit wurden, hochgehalten wurde. Sie haben verstanden, dass ein neuer Anlauf auf deutsche Weltmacht eher möglich wird, wenn man den letzten verdammt. Sie kritisieren den deutschen Faschismus um seine ökonomische Grundlage zu bewahren und auszuweiten – die Herrschaft der Bourgeoisie. Wenn also deutsche Politiker, imperialistische Berufsnationalisten, von Befreiung reden, dann nur mit zusammengebissenen Zähnen. Mehr als die Befreiung hassen sie in Wirklichkeit nur die Befreier, die aus der Sowjetunion.
Letzteres wird aktuell in Berlin besonders deutlich. Unter dem hanebüchenen Vorwand des russischen Angriffs auf die Ukraine werden am 8. und 9. Mai für alle Orte, die der roten Armee Gedenken maßlose Verbote ausgesprochen. Neben dem Verbot von russischen und ukrainischen Fahnen soll auch das Zeigen der sowjetischen Flagge, Georgsbänder und „russische oder ukrainische Militärmusik“ geahndet werden. Der steinerne Sowjetsoldat im Treptower Park soll dieses Jahr nicht von Sowjetfahnen umgeben sein.
Neben einem neuerlichen krassen Einschnitt in die Versammlungsfreiheit bedeutet das auch einen Angriff auf die Gedenk- und Geschichtskultur. Sie wollen das Gedenken der Massen drangsalieren und vergessen machen, dass die Befreier auch eine Alternative zu ihrem maroden System des Imperialismus im Marschgepäck hatten. Dagegen muss sich gewehrt und hochgehalten werden, wer die Befreier waren: Die Rote Armee unter der Führung der Kommunisten, insbesondere Genosse Stalin.