Ein konservativer US-Amerikaner, Sohn von Überlebenden des Holocaust, in bürgerlichen Kreisen bekannt als einflussreicher Intellektueller, „Faschismus-Experte“ und für seiner große Klarheit im Kampf für „Demokratie, Verantwortung und Menschlichkeit“, dieser Mann wurde beim Gedenken an die Pogrome am 9. November, als er seine Rede halten wollte, aus der Westend-Synagoge in Frankfurt von der dortigen jüdischen Gemeinde rausgeworfen, weil er es wagte Kritik zu formulieren.

Jason Stanley sorgte für Empörung weil er unter anderem feststellte: Die jüdische Publizistin Masha Gessen wurde kürzlich mit dem Hannah-Arendt-Preis ausgezeichnet. Die Preisverleihung wurde abgesagt, weil sie eine Analogie zwischen Gaza und dem Warschauer Ghetto gezogen hatte. Hannah Arendt dürfte heute in Deutschland wegen ihrer kritischen Haltung zu Israel nicht mehr sprechen. Für Albert Einstein, der sich für einen binationalen Staat einsetzte, gilt das Gleiche.

Leute im Publikum begannen Stanley anzuschreien. Manche haben nur noch gebrüllt. Ein Mitgleid der Jüdischen Gemeinde Frankfurt kam auf die Bühne und forderte ihn auf, die Bühne zu verlassen. Der Haupteingang wurde von mehreren aufgebrachten, wütenden Menschen belagert, sodass Stanley durch einen Seiteneingang verschwinden musste.

Der Vorgang zeigt, wie extrem reaktionär die Haltungen in Deutschland zur Palästinafrage mittlerweile geworden sind, nicht einmal mehr innerhalb der bürgerlichen Lagers werden Diskussionen darüber erlaubt, welche Rolle der deutsche Imperialismus in dieser Hinsicht in Frage der Unterdrückung der Meinungsfreiheit spielt.