Wie in allen Bundesländern der BRD gibt es in Baden Württemberg einen Fachkräftemangel im Lehrerberuf. Das dortige Kultusministerium, welches eigentlich die Aufgabe haben sollte dieses Problem zu lösen, hat nun eine Werbekampagne für den Lehrerberuf gestartet, welche von Seiten der Lehrkräfte im Bundesland sehr viel negative Reaktionen bekommt.
Bei der genannten Kampagne wurden am Flughafen im Stuttgart nun zwei große Plakate aufgehangen. Eigentlich findet die Kampagne unter dem Motto „HURRAAA“ und „Lust auf Veränderung? Dann werde Lehrer*in“ statt. Soweit alles kein Problem. Allerdings finden sich auf den aufgehangenen Plakaten noch weitere Slogans. Neben dem auffällig großen „HURRAAA“ findet sich dort auch die Aussage „Gelandet und gar keinen Bock auf Arbeit morgen? Mach was dir Spaß macht und werde Lehrer*in."
Diese Slogans inmitten der Sommerferien aufzuhängen bringt vor allem eine Botschaft rüber: Lehrer machen den Job, weil sie keine Lust haben in den Ferien zu Arbeiten. Tatsächlich ist der Fakt, dass man als Lehrer oder Lehrerin relativ viel Urlaub hat ein angenehmer Vorteil des Berufes. Manch einer würde vielleicht auch einwenden, dass es ja nicht schlimm sei mit dieser Tatsache zu werben und darüber Witze zu machen. Doch neben den angenehmen Urlaubszeiten gibt es im Lehrerberuf aber auch alle möglichen großen Probleme und tatsächlich sehen sich viele Lehrerinnen und Lehrer in ihrem Job einer hohen Belastung ausgesetzt. Gerade in den letzten Jahren stieg die Mehrbelastung für Lehrkräfte kontinuierlich an. Die Situation, dass die Baden Württembergische Landesregierung, welche für die fatalen Arbeitsbedingungen verantwortlich ist, nun eine öffentliche Kampagne startet, in welcher sie Witze über die Arbeitszeiten machen die darauf hinauslaufen, dass Lehrer angeblich faul wären sorgt entsprechend zurecht für große Empörung unter den Lehrern.
Ein zentrales Problem des Lehrerberufes ist der Fachkräftemangel. Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen wollen immer weniger Menschen den Job machen wodurch der Fachkräftemangel ansteigt. Die Folgen davon sind noch größere Arbeitsbelastung für die verbliebenen Lehrer, was viele von diesen dann auch zum aufhören drängt ,wodurch der Fachkräftemangel wieder ansteigt. Ein Teufelskreis, welchen wir so auch in anderen Jobs, wie zum Beispiel in der Pflege oder bei den Erziehern sehen können.
Die schlechten Arbeitsbedingungen für die Lehrer fanden ihren höhepunkt in den letzten Jahren. Die Coronapolitik der Regierung sorgte auch an den Schulen für Zahlreiche Einschränkungen und Belastungen. Die Probleme, die durch den Personalmangel sowieso schon bestehen wurden unter diesen Bedingungen noch weiter verschärft. Plötzlich mussten sich die Lehrer allesamt mit allen möglichen weiteren Problemen herumschlagen. Trotz fehlender Digitalisierung musste plötzlich überall online Unterricht durchgeführt werden. Da die meisten Schulen die Mittel dafür nicht hatten mussten viele Lehrer sich selbst damit beschäftigen und herausfinden wie sie auf eigene Faust digitalen Unterricht ermöglichen können. Ständig neue, alle paar Monate wechselnde Corona-Verordnungen, für deren Durchsetzung an der Schule die Lehrkräfte Verantwortlich waren, waren in den letzten Jahren die Regel. Hinzu kommt auch noch, dass Zahlreiche Unterrichtsstunden in dieser Zeit ausgefallen sind, während sich der Lehrplan nicht geändert hatte. Viele Lehrer wurden damit vor die Herausforderung gestellt, noch mehr Lernstoff in noch weniger Zeit irgendwie in die Köpfe der Schüler hinein zu Pauken.
Auch heute, nach dem Ende der Corona-Maßnahmen gibt es in den Schulen zahlreiche Folgen die man immer noch merkt. Von vermehrter Aggressivität und Verhaltensauffälligkeit unter den Kindern und Jugendlichen bis hin zu dem Nachholen massenhaft verpassten Stoffes gibt es für die Lehrkräfte alle Hände voll zu tun. Dazu kommt dann auch noch die Beschulung von Flüchtlingskindern, welche trotz oftmals schlechter Sprachkenntnisse gleichzeitig mit allen anderen Schülern gemeinsam in einer Klasse unterrichtet werden sollen. Die bekannten Probleme des Personalmangels sind dann natürlich die letzten Jahre über auch nicht besser geworden. Ganz im Gegenteil. Viel zu große und ständig wechselnde Klassen, ausfallende Fächer, deren Inhalt irgendwie nachgearbeitet werden muss. Schulstunden, bei welchen mehrere Klassen gleichzeitig unterrichtet werden müssen etc. Dazu kommt noch dass sich jeder Lehrer auch über Situation jedes einzelnen Schülers und den individuellen dafür passenden pädagogischen Umgang Gedanken machen müsste. Gerade bei Schülern mit Problemen wäre dies eine dringende Notwendigkeit. In der Praxis ist dafür allerdings so gut wie nie Zeit und wenn doch müssen die Lehrer am Wochenende und nach ihrem Feierabend Pläne dafür machen.
Kurzum also, der Job als Lehrer ist kein einfacher, sondern ein wirklich harter und Anstrengender Job. Ganz besonders für diejenigen, die ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und trotz der schlechten Bedingungen ihren Schülern eine gute Bildung ermöglichen wollen. Entsprechend kam sofort nach dem Beginn der „HURRAAA“ Kampagne eine deutliche öffentliche Reaktion von den entsprechenden Berufsverbänden.
Karin Broszat die Vorsitzende des Realschullehrerverbands sprach von einem Skandal."Man wusste vor dieser Kampagne nicht, wie viel Blödheit auf ein einziges Plakat passt." äußerte sie gegenüber der Presse. Deutlicher und niveauloser könne man die Geringschätzung für den Lehrerberuf in Baden-Württemberg nicht ausdrücken, so die Verbandsvorsitzende. Auch Gerhard Brand, der baden württembergische Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) äußerte sehr klar, dass dieses Plakat ein „Schlag ins Gesicht für alle Lehrkräfte ist“
Das Kultusministerium reagierte auf diese Kritiken erst mal auf eine sehr arrogante und abgehobene weiße und verteidigte seine Kampagne. Mittlerweile sahen sie sich durch die ansteigenden Kritiken allerdings dazu genötigt zurückzurudern und den Slogan auf dem Plakat zu ändern. An der generellen Situation, welche sich hier gezeigt hat ändert sich aber nichts. Die Lehrer machen weiterhin einen Anstrengenden und schwierigen Job und die politischen Verantwortlichen, welche für die Schlechten Verhältnisse an den Schulen verantwortlich sind sitzen immer noch in ihrem Elfenbeinturm und haben kein Gespür für die Interessen der Lehrerschaft. Und diese Verantwortlichen werden auch nichts an den Schlechten Arbeitsbedingungen im Beruf ändern, außer wenn die Lehrer sie dazu zwingen. Der einzige Weg dafür ist der gemeinsame Kampf für bessere Arbeitsbedingungen.