Am heutigen Abend wird der Hamburger Stadtteil St. Pauli wieder einmal im Ausnahmezustand sein. Denn heute Abend steht das Stadtderby zwischen dem Hamburger SV und dem FC. St. Pauli im Millerntor-Stadion statt. Es ist eines der berüchtigtsten Derbys im deutschen Fußball und gilt wegen der Rivalität zwischen den Fans beider Vereine als sogenanntes Hochrisikospiel. Das veranlasst die Hamburger Polizei immer wieder stark übertriebene Polizeieinsätze rund um die Fußballspiele durchzuführen.
Die Hamburger Polizei traf schon vor dem heutigen Derbytag verschiedene Maßnahmen. So teilte sie mit, dass sie schon in den Tagen vor dem Derby vermehrt auf St. Pauli unterwegs sein werde. Dazu wurde für den Derbytag eine Allgemeinverfügung von der Bundespolizei erlassen, die besagt das an S- und U-Bahnhöfen im gesamten Stadtgebiet das Mitführen von Glasflaschen, Getränkedosen, Pyrotechnik und Sturmhauben untersagt ist. Dieses Verbot werde laut Polizei auch kontrolliert.
Doch in den Aussagen von Polizeipräsident Falk Schnabel in Bezug auf das Stadtderby ist, wenn man zwischen den Zeilen liest, auch Unsicherheit zu erkennen. Diese haben ihre Grundlage sicherlich in den brutalen Polizeieinsätzen, die es in jüngerer Vergangenheit in verschiedenen deutschen Stadien gab (wir berichteten). Bei Polizeieinsätzen, wie dem am vergangenen Wochenende im Frankfurter Waldstadion, stießen die angreifenden Polizeikräfte auf massiven Widerstand hunderter Fans und Ultras, denen es schließlich gelang, den Polizeiangriff zurückzuschlagen. Entsprechend sagte Polizeipräsident Schnabel gegenüber dem Norddeutschen Rundfunk (NDR): „Ich appelliere an alle, die sich auf ein friedliches Derby freuen, Gewalttäter sofort auszugrenzen und ihnen keinen Rückzugsort zu geben." und weiter „Es gibt auch in Stadien keine rechtsfreien Räume. Und wenn die Polizei eine Maßnahme durchführt, dann die dringende Bitte: Lasst uns das auch machen" Dieser „Appell“, der sich mehr wie eine Drohung liest, ist also der Freifahrtschein für Polizeigewalt gegen Fußballfans, erteilt von oberster Stelle bei der Hamburger Polizei.
Doch blicken wir noch einmal auf das letzte Stadtderby zurück, das auf St. Pauli ausgetragen wurde. Damals im Oktober 2022 kam es auch schon zu massiver Polizeigewalt, vor allem gegen Fans des FC. St. Pauli. Angeblich um eine Schlägerei unter Fußballfans zu verhindern, stürmten mehrere Polizeitrupps damals in voller Kampfmontur auf das Heiligengeistfeld vorm Millerntor-Stadion, rannten mehrere Fans um und verprügelten schließlich zahlreiche Fans. Ein Bereitschaftspolizist aus Brandenburg prügelte damals auf einen bereits am Boden liegenden St. Pauli Fan ein. Der Fall wurde gefilmt, in den sozialen Medien veröffentlicht und schaffte es bis in die bürgerliche Lokalpresse, die sich aufgrund der Härte des Vorfalls sogar auch darüber empörte. Verurteilt wurde der prügelnde Bulle dafür aber wie üblich nicht.
Egal was heute Abend beim Derby passieren wird, die Polizei nutzt Großveranstaltungen, wie Fußballspiele, bei denen durchaus Konfliktpotenzial herrscht gern als Übung zur Aufstandsbekämpfung. Gleichzeitig werden gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fans von der Exekutive aber auch dafür genutzt, die Militarisierung weiter voranzutreiben, aufzurüsten und mehr Bullen auf die Straßen zu bringen. Und auch wenn es im Rahmen von Fußballspielen zweifelsohne zu reaktionärer Gewalt zwischen Fußballfans kommt, ist das niemals eine Rechtfertigung für die reaktionäre Gewalt der Polizei.