Ende Juli gab Deutschlands zweitgrößter (nach Bosch) und weltweit drittgrößter Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen bekannt, bis Ende 2028 11.000 bis 14.000 Stellen streichen zu wollen. Vor dem Hintergrund, dass ZF hauptsächlich unverzichtbarer Zulieferer für die Monopole im eigenen Land ist, zeigt sich mit der Ankündigung des Konzerns, dass die Krise das Herz der deutschen Wirtschaft getroffen hat: Die Automobilindustrie.
ZF beschäftigt in Deutschland rund 54.000 Menschen und hatte im vergangenen Jahr einen weltweiten Umsatz von 46,6 Milliarden Euro. Die Entlassungen könnten also mehr als ein Viertel der Belegschaft vor die Tür setzen. Die wohl wichtigsten Produkte von ZF sind die Getriebe, die von den deutschen Automonopolen gekauft und verbaut werden. Hinzu kommen etliche andere, hauptsächlich mechanische Komponenten im Antriebssystem wie Lenkungen, Kupplungen und Stoßdämpfer. ZF hat innerhalb seines Zulieferbereichs eine Monopolstellung. Bosch konzentriert sich auf Motoren und elektronische Komponenten, der nächste große deutsche Zulieferer, Continental, bekanntermaßen auf Reifen. Die Umsatzprobleme bei ZF sind also keine Probleme von ZF, sondern ein Problem der gesamten Autoindustrie, ein Resultat der Überproduktion.
ZF hat in den vergangenen Jahren rund elf Milliarden Euro Schulden aufgenommen, hauptsächlich durch Zukäufe (Autozulieferer TRW und des Bremsenspezialist Wabco). Offensichtlich handelt es sich hierbei z.T. um bereits tote Fische. Auch ein Vorzeigeprojekt zum Bau von autonomen Shuttles musste ZF vergangenen Dezember aufgeben. Auch Bosch kündigte im März Entlassungen von bis zu 3000 Mitarbeitern in Deutschland an. 25.000 gingen in der Folge in Gerlingen nahe Stuttgart vor dem Hauptsitz des Konzerns auf die Straße.
Der Datenspezialist Marklines hat für die Nachrichtenagentur dpa eine Auswertung gemacht, in der man unter anderem zum Schluss kommt, dass „die deutschen Werke von Volkswagen, BMW oder Mercedes im vergangenen Jahr nur zu etwas mehr als zwei Dritteln ausgelastet waren. Danach wären zwar alle deutschen Standorte in der Lage 6,2 Millionen Autos im Jahr zu liefern - 2023 lieferten sie aber nur gut 4,1 Millionen Autos aus.“ Im Mai sei die Produktion der Autoindustrie noch weiter um 9,9 Prozent zurückgegangen. Dass Nachtschichten überall gestrichen werden, Roboter nicht arbeiten, Bänder während der Schicht stillstehen – das ist auch dem „Umstieg auf E-Mobilität“ und der „Konkurrenz aus China“ geschuldet, aber diese Aspekte sind lediglich Ausdruck der Überproduktion. Es gilt zu beachten, dass, während die Stellen am Band in der Montage abnehmen (was auch mit dem E-Antrieb leicht zunimmt), die Jobs in der Logistik für die immer umfassendere Komponentenversorgung und Anzahl der Karossenmodelle wachsen.
Baden-Württemberg ist – als „Erbe von Carl Benz und Gottlieb Daimler“ – mit unter anderem Mercedes, Porsche, Bosch und ZF weiterhin das bedeutendste Bundesland für die Automobilindustrie; 2018 waren hier über 233 Tausend Menschen in der Branche beschäftigt. Die Entlassungen hier haben das Potential, viele Menschen auf die Straße zu bringen. Abseits der großen Proteste vor der Bosch-Zentrale im März gingen beispielsweise auch im Januar 3000 Menschen gegen die damals schon z.T. bekannten Sparpläne der ZF in Friedrichshafen auf die Straße; protestiert wurde dort auch gegen die Schließung des Werks in Schalke (Bildquelle: giessener-anzeiger.de). Die kommenden Proteste und werden unterschiedliche Leute auf die Straße bringen, die in sehr unterschiedlichem Maße vom Imperialismus bestochen sind. Die untersten von ihnen werden für die Verantwortlichen der IG Metall am schwierigsten zu halten und am günstigsten für den politischen Kampf zu gewinnen sein.
Titelbild: Getriebe-Montage bei ZF in Friedrichshafen (Quelle: press.zf.com)