Auch das Jahr 2023 hat keineswegs frischen Wind, neuen Schwung in die Kulturbranchen der Imperialisten gebracht. Mehr denn je wiederholen sich die alten faulen Ideen der herrschenden Klasse in anderer Form, die sich mehr und mehr gar nicht voneinander unterscheiden, weil die Bourgeoisie nicht in der Lage ist, etwas neues hervorzubringen. Zwei Jahre Pandemie, anderthalb Jahre Krieg und die allgegenwärtige Krise des Imperialismus haben ihre Spuren in den Köpfen der bürgerlichen Kulturschaffenden hinterlassen, und beispielsweise bei vielen Musikern drückt sich das in deutlichem Pessimismus aus. Und folglich besingen sie die Kapitulation.
Peter Fox’ neue Single aus dem März heißt „Weiße Fahnen“. Der Name ist Programm, vor den alten NSA-Spionagetürmen auf dem Westberliner Teufelsberg singt der in die Jahre gekommen Reggae-Rapper, untermalt von einer müden Indie-Band, von dem wunderbaren Gefühl, ein Verlierer zu sein:
„Ich wasch die Kriegsbemalung ab“
„Diesen Fight hab ich verloren, tut gar nicht weh“
„Wir spar’n die Energie für nen Kampf der sich lohnt“
„Es lebt sich leicht, wenn man weiß, dass man ein Idiot ist“
Und dann spricht er seine Gedanken auch sehr bewusst und strukturiert aus:
„Hier gibt es keinen Sieg, nur einen Toast auf die Kapitulation“
Was sich ausdrückt, ist der aufdringliche Wunsch, dahin zurückzugehen, wo es über die Jahre hinweg bequem war, ein Wunsch – insbesondere eines Teiles des Kleinbürgertums – nach einer Zeit vor der Krise des Imperialismus und auch der Krise der Demokratie. Den Blick in die Zukunft voll Pessimismus, knickt das Ego ein und wünscht sich einen Ausweg vor den bevorstehenden Zeiten, in Kauf nehmend, dass diese „Niederlage“ alle Welt zur Kenntnis nehmen kann. Während ein Teil der Kleinbourgeoisie sich in der gegenwärtigen Krise radikalisiert, was sich kulturell beispielsweise in Danger Dans „Alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ oder einigen Beiträgen von Jan Böhmermann ausdrückt, geht ein anderer in die entgegengesetzte Richtung; das Lied „Weiße Fahnen“ ist ein Beispiel dafür. Ähnlich wie der Sommerhit der Hipster-Band Kraftklub und den Vorzeigelosern von Tokio Hotel aus dem vergangenen Jahr, „Fahr mit mir (4x4)“, in dem zwar deutsches Spießertum kritisiert, als Lösung aber nicht Kampf, sondern die Flucht mit dem Auto vorgeschlagen wird. Auch musikalisch drückt das Lied, sowie der Großteil des es enthaltenden Albums „Kargo“, ein zunehmendes Maß an Resignation aus.
Die irische Band U2 hat ebenfalls im März ihr neues Album „Songs of Surrender“ herausgebracht. Auch hier steht das Programm dem Namen in nichts nach; U2 schreiben 40 alte Hits um und nehmen sie mehr akustisch und mit einer sehr melancholischen und faden Note wieder auf. Dabei wird die Nummer „Walk On“ aus dem Jahr 2000 zu einem Lied für die Ukraine umgeschrieben. Aber statt Unterstützung für die ukrainische Nation im Kampf gegen den Invasor, ein kämpferisches Lied für das heldenhaft kämpfende ukrainische Volk, gibt es einen depressiven Einschlafsong. Die Parole ist zwar „Walk On“, Text und Melodie entsprechen aber den Gedanken eines naiven Träumers; Bono geht von den Gefühlen eines Individuums und nicht denen des Volkes aus, er singt von Flucht, Herzschmerz und „Aufstehen für den Frieden“. Es sind seine Gefühle, seine Resignation im Angesicht der Krise und der Zersetzung des Imperialismus. Auch „Songs of Surrender“ ist eine Kapitulationserklärung einer Musikgruppe, die im Angesicht der großen Stürme auf der Welt in Ohnmacht verfällt.
Unterm Strich trägt das dazu bei, dass die Kulturellen der Bourgeoisie immer weniger in der Lage sind, das Bewusstsein der Massen mit bürgerlicher Ideologie zu vergiften, weil sie in ihrem Degenerationsprozess die Massen mit ihren Inhalten zunehmend gar nicht mehr ansprechen kann. Am ehesten tun dies noch die Lumpen, die mit ihrem Hip Hop an den Kampfgeist der Massen appellieren und sich im Wort in Teilen gegen den bürgerlichen Staat stellen. Die Lücken der Philantropen, die jetzt Lieder des Aufgebens komponieren und weiße Fahnen hissen, werden zwangsläufig in erster Linie von der herrschenden Klasse selbst gefüllt werden, mit solchen, die aggressiver für die Durchsetzung der Interessen des imperialistischen Finanzkapitals eintreten. Dennoch: Grundlegend sind die Gegebenheiten optimal – die Massen schreien nach dem Neuen, die Kultur der Herrschenden wird immer unerträglicher. Die proletarische Front der Kunst- und Literaturschaffenden muss und wird in den kommenden Jahren auf Weltebene erhebliche Sprünge machen, die proletarische Kultur als eine Waffe für die Revolution voranzubringen.