Deutschland gilt als das Bordell Europas. Das zu rechtfertigen wird auch für bürgerliche Politiker aber immer schwieriger, müssen sogar sie mittlerweile, wo auch die Bourgeoisie immer mehr Aktivitäten z.B. rund um den 25. November entfaltet, um diesen Kampf nicht in die Bahnen der revolutionäre Kräfte laufen zu lassen, zugestehen, dass das Geschäft mit der patriarchalen Gewalt gegen Frauen eine zutiefst abscheuliche Sache ist. Insofern haben sich bürgerliche Politiker im letzten Monat öffentlich gegen die Prostitution positioniert, aber im gleichen Zuge praktische Schritte dagegen ausgeschlossen.

Tatsächlich hat die CDU Anfang November ein Positionspapier Namens „Menschenunwürdige Zustände in der Prostitution beenden – Sexkauf bestrafen“  veröffentlicht. Wie der Name schon vermuten lässt, wird sich dort für das „Nordische Modell“, die Kriminalisierung der Freier, eingesetzt. Die CDU lässt verlauten:

  • Der neue Ansatz ist es, nicht gegen die Opfer vorzugehen, sondern gegen die Profiteure. Wir wollen durch die Bestrafung des Sexkaufs als Vergehen, und einer damit einhergehenden Kriminalisierung der Freier, die Nachfrage nach Prostitution sofort erheblich einschränken. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen: Viele (potenzielle) Freier wollen sich grundsätzlich legal verhalten oder werden durch die Gefahr des Bekanntwerdens ihrer Tat abgeschreckt.
  • Zudem soll die grundsätzliche Strafbarkeit von Zuhälterei, Ausbeutung von Prostituierten und Menschenhandel sowie das umfassende strafbewehrte Verbot, aus der Prostitution einer anderen Person vorsätzlich eigenen Nutzen zu ziehen, aufrechterhalten bleiben.“

Als Maßnahmen dafür werden unter anderem natürlich mehr Polizei und mehr Überwachung gefordert. Abgesehen davon, dass das „Nordische Modell“ der Prostitution keineswegs ein Ende setzt, ist bemerkenswert, dass die Union in ihrem Entwurf für ihr neues, rund 70-seitiges „Grundsatzprogramm“, was politische Leitlinien für die kommenden zehn Jahre geben soll, das Wort Prostitution kein einziges Mal drin vorkommt, genau wie im Ampel-Koalitionsvertrag. Da entpuppt sich das „Positionspapier“ doch als relativ bedeutungsloses Schreibstück. Das zeigt auch die aktuelle Positionierung der CDU in Stuttgart für den Erhalt der Prostitution im Stuttgarter Leonhardsviertel, ohne welche laut FDP Stuttgart übrigens ein "Provinzkaff" sei.

In einer offenen Fragestunde musste sich auch der Bundesgangster vergangene Woche unangenehmen Fragen stellen, z.B. aus der Union, die sich jetzt wohl frisch als feministisch selbst gekürt hat: „Sie sind Bundeskanzler des Landes, das als Bordell Europas gilt. Deutschland ist leider eine Hochburg sexuellen Missbrauchs und sexueller Ausbeutung geworden. Schätzungsweise 250.000 vornehmlich Frauen sind hier unter sehr menschenunwürdigen Bedingungen in einem System von Zwangsprostitution gefangen. Wir als Union wollen diese furchtbaren Zustände stoppen. Wir sprechen uns daher für ein Sexkaufverbot aus. Und ich stelle Ihnen die Frage: Setzen Sie sich auch für ein Sexkaufverbot ein?“, so die vorwurfsvolle Frage der CSU-Abgeordneten Dorothee Bär an Olaf Scholz. Er entgegnete: „Zunächst mal finde ich es nicht akzeptabel, wenn Männer Frauen kaufen. Das ist etwas, was mich moralisch immer empört hat […] Es ist furchtbar, was wir über Prostitution wissen. Und diejenigen, die in diesem Bereich tätig sind, haben ein schweres Leben. Ganz oft ist es mit Missbrauch und mit Gewalttaten und mit kriminellen Strukturen verbunden. […] Wir müssen in der Tat sehr viel unternehmen, um Prostitution zurückzudrängen und den Sexkauf nicht als eine Normalität akzeptieren, sondern als etwas, das nicht in Ordnung ist.“

Abgesehen von etwas Zirkus für Wählerstimmen, den die CDU/CSU-Fraktion hier mit für sie ganz neuen Themen veranstaltet, wird nichts gegen die Prostitution in Gang gesetzt. Bundesfrauenministerin Lisa Paus von den Grünen, welche 2002 zusammen mit der SPD als maßgebliche Kraft die offizielle Relativierung der Prostitution als „normalen Beruf“ verabschiedete und damit der Ausweitung des Prostitutionsgeschäfts den Weg frei machte (von geschätzt allermindestens 250.000 Prostituierten in der BRD sind laut der Bundesregierung ganze 50 sozialversicherungspflichtig gemeldet, was die Reform von 2002 und ihre angebliche Verbesserung der Zustände völlig entlarvt), sagt, dass man keine Veränderungen am „Prostituiertenschutzgesetz“ plant, und man müsse es noch bis 2025 evaluieren. Dann kann man schauen, welche Lügen sich die nächste Regierung einfallen lässt. So einfach kann man es sich und seinen reaktionären Gesetzen und Maßnahmen in einem Land mit einer so „gutmenschlichen“ und „politisch korrekten“ Regierung wie Deutschland machen.

 

Bild: CSU-Abgeordnete Dorothee Bär (Quelle: emma.de)