Nicht nur die repressiven Polizeigesetze schleifen gegenwärtig die demokratischen Rechte in der BRD. Auch im Bildungswesen gibt es die Tendenz, mit dem fadenscheinigen liberalen Demokratieversprechen zu brechen. Dies vollzieht sich in Form einer steigenden Zahl an Privatschulplätzen: „23 Prozent aller Akademikereltern schicken ihre Kinder auf eine Privatschule – ein Anstieg um 20 Prozentpunkte gegenüber 1995.“ Während sich die Lernbedingungen an öffentlichen Schulen seit Jahrzehnten verschlechtern, weichen wohlhabende Eltern auf Privatschulen aus. Die Reichen können sich also aus den Problemen des sonstigen Schulsystems rauskaufen – marode Infrastruktur, zu große Klassen, der immense Unterrichtsaufall.
Für Niedersachsen heißt das 60.000 Privatschüler, deren Eltern 200 bis 645 Euro im Monat bezahlen. Für proletarische Familien ist das undenkbar. Das ganze wird vom Land Niedersachsen mit 360 Millionen Euro Steuergeldern bezuschusst. Damit steht den Privatschulen pro Schüler insgesamt doppelt so viel Geld zur Verfügung, wie den staatlichen Schulen. Zu hohe Schulgelder – und eigentlich auch Privatschulen an sich - verstießen gegen das Grundgesetz, sagen bürgerliche Kritiker in Bezug auf Artikel 7 Absatz 4: „In diesem Artikel steht sinngemäß, dass der Besuch einer privaten Schule nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein darf.“ Die laxen Kontrollen der Schulbehörden sprechen eine andere Sprache. Offensichtlich soll die Bildung der Elite vom Rest der Kinder zunehmend institutionell getrennt stattfinden. Letztere erhalten auf den öffentlichen Schulen nur noch die grundlegendste Bildung, gerade genug um in der kapitalistischen Produktion ausgebeutet werden zu können.
In Thüringen wurde das Privatschulgesetz erst vor wenigen Jahren so verändert, dass das Betreiben von Privatschulen möglich ist, während nur eine geringe Anzahl von Arbeiterkindern subventioniert aufgenommen werden muss. Dadurch ist die Eröffnung der Internationalen Schule in Weimar (This), die jetzt auch nach Erfurt expandieren soll, erst möglich geworden. Die nachfolgende rot-rot-grüne Regierung spricht diesbezüglich offen von einem „besonders wichtigen wirtschaftlichen Interesse.“