Zuletzt fand die bürgerliche Presse ganz erstaunliche Dinge heraus, obwohl der amtierende Finanzminister vor zwei Jahren erklärt hat, wie man mit Tatsachen umgeht: "Polizeigewalt hat es nicht gegeben". Nun, was ist die neue Erkenntnis? "In Deutschland kommt mutmaßlich rechtswidrige Polizeigewalt deutlich häufiger vor als bisher bekannt".

Auszüge aus der Berichterstattung über die Studie, die das zutage bringt:

"Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen"

"Demnach gibt es jährlich mindestens 12.000 mutmaßlich rechtswidrige Übergriffe durch Polizeibeamte - und damit deutlich mehr als angezeigt."

Zur Illustration der Sachlage zieht der Tagesspiegel dann die Ermordung eines Flüchtlings durch die Bullen im September 2016 heran. Dort wurde ein Mensch von drei Schützen umgebracht und später erklärt, es wäre Notwehr aufgrund eines Messers gewesen. Offensichtlich hatte aber kein Zeuge ein Messer gesehen und selbst ein Bulle der dabei war sagt: "Meine Kollegen und ich glauben - nein, wir wissen, dass wir alle kein Messer gesehen haben. Aus unserer Sicht war der Mann nicht bewaffnet.". Offensichtlich interessiert so etwas die Staatsanwaltschaft aber nicht: das Verfahren wurde 2017 eingestellt. Auch, weil genau der Polizist, dessen Kugel getroffen hatte, dann auch ein Messer gefunden hat, das nur blöderweise weder Fingerabdrücke noch DNA-Spuren des Ermordeten aufwies. Das deckt sich mit Aussagen der Studie:

"Weniger als zwei Prozent der Ermittlungsfälle münden in ein Gerichtsverfahren. In Ermittlungsverfahren zur Körperverletzung gelangen dagegen in der Regel 20 Prozent der Fälle vor Gericht - also zehnmal mehr als in Fällen von Beschuldigten aus der Polizei."

Man muss aber gar nicht so weit in der Geschichte zurückgehen, und Polizeigewalt ist glücklicherweise nicht immer mit Todesfolge. In den letzten Tagen tauchte dann auch ein Video von einer Blockade bei der Demonstration gegen Rechtsextremismus in Kassel am 20. Juli auf, das zeigt, wie die Polizei das Demonstrationsrecht und die Verhältnismäßigkeit handhabt:

 Ein anderer Fall aus der näheren Vergangenheit ist die Ermordung von Adel B. am 18.06. in Essen. Genau wie im vorhin geschilderten Fall soll er angeblich ein Messer in der Hand gehabt haben, genau wie im vorhin geschilderten Fall wurde hinterher im Polizeibericht einfach stumpf gelogen. Das ist ein Fakt, den die Bullen nichtmehr zurechtbiegen können. Was sie natürlich versuchen, ist mit den Beweisen, die jetzt aufgetaucht sind, eine andere Lügengeschichte zu konstruieren.


Wir alle wissen auch, dass es am Ende egal ist, wie ausgetüftelt die Coverstory der Polizei und Staatsanwaltschaft ist. Die Ermordung von Oury Jalloh zeigt, das es nicht interessiert, was die Wahrheit ist, das Brandgutachten, die belegen, dass er sich nicht selbst angezündet haben kann weniger wert sind als die Behauptung der Bullen, dass sie ein Feuerzeug gefunden haben.

Studien wie die eingangs genannte sind natürlich weiterhin bürgerliche Studien. Selbst wenn sie eine "Dunkelziffer" aufdecken, decken sie noch lange nicht das auf, was die tiefsten und breitesten Massen täglich erleben. Aber es trifft einen Nerv, die Behauptung der Herrschenden, die Demokratie und Gerechtigkeit zu vertreten, wird enttarnt. Daher beissen die Kettenhunde des Imperialismus auch sofort um sich mit Aussagen, die einfach nur zum Lachen wären, wäre es nicht so offensichtlich, wie verzweifelt sie sind. Zum Beispiel wird behauptet:

"Leider unterschlagen die Presseberichte allesamt, dass Polizeibeamte Träger des staatlichen Gewaltmonopols sind und im Dienst immer wieder gezwungen sind, Gewalt auszuüben." Eine einfache Finte, mit der behauptet werden soll, dass die beschriebene Polizeigewalt "notwendig" und "gezwungenermaßen" (laut bürgerlichem Recht) stattfand. Darum geht es aber nicht. Würde man diese Polizeigewalt mit einschließen, wäre wohl eher mit einer massiv höheren und nicht nur einer fünffach höheren Anzahl zu rechnen.

Eine andere Aussage ist: "Weit über 99 Prozent meiner Kolleginnen und Kollegen leisten einen herausragenden Dienst für die deutsche Bevölkerung. Die rechtsstaatliche Einbindung der Polizei in den deutschen Rechtsstaat und deren Verfassungstreue steht für mich außer Frage."

Von Zahlenspielereien und dem Verständnis des Wortes "herausragend" abgesehen: wenn für den Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter das ausser Frage steht, dann scheint er keine Nachrichten zu lesen.

Wo wir wieder am Anfang angekommen sind, oder eben auch nicht:

Alles kriegen die raus!