Den antidemokratischen Versammlungsverboten zum Trotze begeben sich in Mannheim weiterhin große Mengen auf die Straße um gegen die Handhabe des Staates der Coronapandemie, die zunehmende Repression und Hetze innerhalb des Volkes zu demonstrieren.
Natürlich sind die Positionen innerhalb dieser Bewegung sehr diffus und es sind unter den hunderten Demonstranten sicher einige, die wirren Verschwörungsmythen anhängen. Auch offene Reaktionäre beteiligen sich wohl an den Protesten, wagen dort aber zumindest bisher keinen organisierten Ausdruck. Diese Tatsachen sind natürlich real und erfordern es, sich damit auseinanderzusetzen. Sie dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei den Demonstrationsteilnehmern zum Großteil um ganz normale Leute handelt, die gerechtfertigterweise gegen die zunehmende Reaktionarisierung des deutschen Staats auf die Straße gehen. Diese Einschätzung macht auch eine lokale antifaschistische Gruppe zu den Protesten der vergangenen Wochen.
Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) schafft in seiner dreisten Hetze die beeindruckende Akrobatik, demokratische Forderungen indirekt faschistisch zu nennen und selbst die Ausschlachtung demokratischer Rechte als etwas gutes, demokratisches darstellen zu wollen:
„Es geht nicht um Freiheit, sondern ums Gegenteil, es geht nicht um Frieden, sondern ums Gegenteil, und es geht nicht um die Abwehr einer Diktatur, sondern um die Etablierung einer Diktatur.“
- Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) über die Ziele der Demonstranten
Man solle diese Dimension nicht unterschätzen, sagte Kurz. Er verwies auf „entsprechende historische Erfahrungen“. Die staatlichen Organe seien jetzt im Sinne der „wehrhaften Demokratie“ gefordert.
Mit den „entsprechenden historischen Erfahrungen“ ist natürlich der Hitlerfaschismus gemeint und mit der „wehrhaften Demokratie“ die weitere Zentralisierung und zunehmende Auflösung der Gewaltenteilung, also die zunehmende Reaktionarisierung und Stärkung der faschistischen Tendenz unter dem Deckmantel der „Verteidigung der Demokratie“.
Es ist eine unglaubliche Frechheit die Massen für so dumm zu halten, als könne er sie auch nur für einen Moment mit seiner zutiefst reaktionären Lüge verzaubern.
Nur an einem Punkt hat er Recht: es geht nicht um Frieden, die Massen haben begriffen, dass Rechte sich erkämpft und verteidigt werden müssen und angesichts der Offensive, die der bürgerliche Staat gegen sie entfaltet wäre Pazifismus nur Hinnahme der Schikane und Demütigung. In den vergangenen Wochen kam es gerade in Mannheim aber auch in vielen anderen deutschen Städten im Kampf gegen diesen Angriff des Staates zu Auseinandersetzungen mit seinen Schergen, den Bullen. Dabei wurden sehr viele Menschen festgenommen, teils im Schnellverfahren verurteilt aber auch Kessel durchbrochen und Bullen verletzt. Hieraus hat sich jetzt ergeben, dass es bei dem letzten solchen „Spaziergang“ am Montag, den dritten Januar zu keinen größeren Kämpfen kam und offiziellen Zahlen nach weniger Leute sich die Straßen Mannheims genommen haben. Hier widerspricht das den Berichten, die die Spaziergänger selbst geben: die einzelnen Gruppen sind nicht so geschlossen aufgetreten, aber zumindest die, von denen wir berichten können haben ein Wachstum an Teilnehmern angemerkt, außerdem sind die Straßen auch nach Feierabend und Ladenschließung trotzdem prall gefüllt durch Einzelpersonen und kleinen Gruppen. Zwar sind Hundertschaften auf und ab gesprintet, entweder im Versuch die Demonstranten einzuschüchtern oder zu kesseln und lokalen Angaben nach wurde geschätzt, dass an vier verschiedenen Orten die Bullen mit Lautsprecherwägen waren, mithilfe derer sie alle Spaziergänger für Straftäter erklärt haben, da diese sich an verbotenen Versammlungen beteiligen würden und auch alle „Schaulustigen“ wegen Behinderung von Ermittlungen. Über mehrere Stunden kam es also in der Mannheimer Innenstadt zu einem Katz und Maus Spiel, bei dem die Bullen allerdings nie in der Lage waren zuzuschlagen. Es schlussfolgert also, dass die Massen dort im Allgemeinen kampfbereit sind und klar verstehen, dass der Staat nicht im Interesse der Unterdrückten handeln wird, sondern dass man ihn für unsere Tagesforderungen und den Erhalt unserer Rechte zwingen muss. Was hier fehlt ist eine Organisation, die diese Kämpfe kraftvoll zusammenschließen kann und den Preis der dafür bezahlt werden muss limitieren kann. Natürlich sind die sogenannten „Querdenken“- Demos vielerorts von Reaktionären usurpiert. Wer aber eine konkrete Auseinandersetzung mit dieser Bewegung aufgrund der Beteiligung einzelner Reaktionäre oder Faschisten verweigert, von Vornherein alle Teilnehmer an vergleichbaren Demos als Verschwörungstheoretiker abtut oder gleich gegen jede dieser Protestaktionen meint, „antifaschistische“ Kundgebungen machen zu müssen, handelt objektiv im Interesse der Herrschenden und hat mit „emanzipatorischer“ Politik tatsächlich nichts am Hut.