In den Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie haben sich die Gewerkschaftsführung der IG-Metall und der Arbeitgeberverband Stahl am 15. Juni auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Demnach sollen ab 1. August 6,5 Prozent mehr Lohn gezahlt werden. Außerdem wird eine Einmalzahlung von 500 Euro bzw. 200 Euro für Auszubildende gezahlt. Der neue Tarifvertrag, der eine Laufzeit von 18 Monaten hat, ist bislang für die Bundesländer NRW, Niedersachsen und Bremen ausgehandelt. Allein hier arbeiten 68.000 Beschäftigte in der Stahlindustrie.
In unterschiedlichen Städten haben in den letzten Wochen Warnstreiks stattgefunden, an denen sich Zehntausende Arbeiter beteiligten. So z. B. in Duisburg, in Salzgitter und in Bremen. Auch in ostdeutschen Städten wurde gestreikt, wo es bislang nicht zu einer Einigung in den Tarifverhandlungen gekommen ist. Allerdings wird davon ausgegangen, dass die Konditionen des in Westdeutschland ausgehandelten Tarifvertrags im Osten einfach übernommen werden.
Streikkundgebung in Duisburg bei Thyssen Krupp Steel am 09. Juni 2022
Bei den Streiks brachten die Beschäftigten klar und unmissverständlich zum Ausdruck was sie Fordern. Ganz besonders im Vordergrund stand die Forderung nach vollständigem Ausgleich der Inflation. 8,2 Prozent mehr Lohn lautete die ursprüngliche Forderung. So sagte eine Arbeiterin des Stahlkonzerns Arcelor Mittal in Bremen in einem Interview mit einem Lokalnachrichtensender: „Wir haben eine Inflation von 7,9 Prozent und da kann man uns nicht mit einer Einmalzahlung abspeisen, das funktioniert alles nicht mehr.“ Ein anderer Arbeiter sagte: „8,2 Prozent und nicht weniger darf es sein, genau dafür stehen wir heute hier.“
Doch die Gewerkschaftsbürokraten der IG-Metall-Führung willigten jetzt dem Vorschlag von 6,5 Prozent mehr Lohn ein. Wie die zitierte Arbeiterin sagte, liegt die Inflation in der BRD aktuell aber bei 7,9 Prozent. Das beutetet, dass noch nicht einmal die Inflation durch die Lohnerhöhung ausgeglichen wird, was den neuen Tarifvertrag zu einer totalen Farce macht. Die Gewerkschaftsführung wird den gerechtfertigten Forderungen und dem Kampfgeist der Arbeiter wie üblich nicht gerecht. Eine Gewerkschaftsführung, die den Forderungen nicht entspricht, die nicht im Interesse der Arbeiter agiert und nur faule Kompromisse aushandelt, braucht die Arbeiterklasse nicht. Es braucht keine Kompromisse mit den Kapitalisten, sondern klare Kante und eine Führung, die den Kampfgeist der Arbeiter dahin führt, dass die Arbeiter ihre Ziele erreichen. Was es braucht, sind kämpferische Gewerkschaften, die in der Lage sind, die Kämpfe der Arbeiter zu führen, zu verteidigen was davor steht verloren zu gehen und neu zu erkämpfen was notwendig ist. In den Zeiten der Krise, in denen die Herrschenden uns schon erkämpftes wieder versuchen zu nehmen, wird diese Notwendigkeit nach einer kämpferischen Organisation der Arbeiterklasse um so dringlicher.