Im Juli 2021 ist das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) in Kraft getreten, wodurch Pflegeeinrichtungen verpflichtet wurden, eine tarifliche Entlohnung an ihr Pflegepersonal zu zahlen. Ab dem 1. September 2022 durften also nur noch diejenigen Pflegeeinrichtungen zur Versorgung zugelassen werden und mit der Pflegeversicherung abrechnen, die ihr Pflegepersonal mindestens nach Tarifhöhe bezahlen.

 

Das bedeutet, dass Pflegeeinrichtungen, welche noch nicht mit ihrem Personal tarifgebunden sind ihr Pflegepersonal nach einschlägigem Pflege-Flächentarif, nach einem Pflege-Haustarif (welcher in mindestens einer aderen Einrichtung in der Region desselben Bundeslandes gilt) oder nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen entlohnen müssen. Dabei darf die Entlohnung die Tarifhöhe ab September jedoch nicht mehr unterschreiten.

 

Kurz gesagt bedeutet das, dass Pflegeeinrichtungen welche noch nicht tarifgebunden sind ihr Personal nicht weiter unter der Höhe des Tarifes bezahlen dürfen, sondern dass sie die Löhne entsprechend erhöhen müssen. Dadurch kommt es zu einer Erhöhung des Mindestlohnes für Pflegekräfte.

 

Für die Arbeiter in der Pflege ist dies auf den ersten Blick erstmal eine gute Nachricht, denn diese kämpfen schon seit vielen Jahren für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Jedoch hat diese Reform auch ihre Schattenseiten. So steigen nicht nur die Löhne für Pflegekräfte sondern auch die Kosten für Pflegebedürftige und deren Angehörige. So berichten manche Angehörige von einer Erhöhung der Pflegekosten von über 37 Prozent. Das bedeuted, dass der Preis für die Unterbringung einer Person in einer Pflegeeinrichtung durchaus um die 600 Euro teurer werden kann.

 

Für Angehörige, die den Aufenthalt ihrer Eltern in einem Pflegeheim finanzieren müssen ist dies ein Schlag ins Gesicht, denn schon vor dieser neuen Regelung waren die zu zahlenden Kosten für den Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung enorm hoch. Der Grund dafür ist, dass die Pflegekassen nur einen Teil der Kosten für die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung übernehmen. Die restlichen Kosten bilden den Eigenanteil, welcher von den Pflegebedürftigen und wenn diese nicht dazu in der Lage sind, von den Angehörigen gezahlt werden muss.

 

Eine Datenauswertung des Verbandes der Ersatzkassen e.V. welche Anfang des Jahres erhoben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass im bundesweiten Durchschnitt der monatliche Eigenanteil eines Pflegebedürftigen für stationäre Pflege, trotz der Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung mehr als 2.100 Euro betrug. In vier Bundesländern war der Eigenanteil im Schnitt sogar noch höher.

Und das war bevor die Tariftreuepflicht in Kraft trat. Dass die kosten nun noch weiter steigen wird einen Pflegeheimplatz für die meisten Menschen quasi unbezahlbar machen und damit viele weitere Angehörige von Pflegebedürftigen in die Armut treiben.

 

Da die Kosten dieser Lohnerhöhungen nicht von den Pflegekassen übernommen werden, müssen die Pflegeeinrichtungen diese tragen. Das führt dazu, dass die Pflegeeinrichtungen diese einfach auf die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen abwälzen. Auf der anderen Seite stehen nun jedoch viele, vorallem kleinere Pflegeheime vor massiven finanziellen Problemen und laufen Gefahr, schließen zu müssen. Diese finanziellen Probleme können einerseits durch die Abwälzung der Kosten auf die Angehörigen, jedoch auch durch Einsparungen in unterschiedlichen Bereichen innerhalb der Pflegeinrichtungen zu bewältigen versucht werden.

 

Das bedeuted, dass beispielsweise ein Pflegeheim Einsparungen an der Qualität und der Menge des Essens für die Bewohner vornehmen kann, weniger Betreuungskräfte beschäftigt und keine Ausflüge mehr für die Bewohner der Einrichtung anbietet.

Die Folgen des Tariftreuegesetzes werden also nicht nur sein, dass die Pflegeheime uns nun mehr Geld für die Versorgung unserer pflegebedürftigen Angehörigen aus der Tasche ziehen, sondern dass auch die Lebensqualität unserer Alten und Kranken in den Pflegeheimen abnimmt.

 

Mit der Art und Weise wie diese Mindestlohnerhöhung in der Pflege durchgesetzt wird, sehen wir also, wie die Forderung der Pflegekräfte nach höheren Löhnen gegen die Forderung von Pflegebedürftigen und Angehörigen nach bezahlbarer Pflege ausgespielt wird. Das ist der Versuch, Massen gegen Massen auszuspielen und wir dürfen das nicht zulassen.

 

Die Forderung nach höheren Löhnen und besseren Abeitsbedingungen für Pflegekräfte und die Forderung nach bezahlbarer Pflege sind Forderungen, welche gemeinsam gestellt werden müssen als die Forderung für ein bezahlbares und funktionierendes Gesundheitssystem im Interesse des Volkes.

 

Auf die ekelhaften Versuche der Herrschenden uns gegeneinander auszuspielen dürfen wir nicht hereinfallen. Wenn der Staat genug Geld hat um hundert Milliarden in sein Militär zu stecken um seine verbrechersichen Kriege zu führen, dann hat er auch genug Geld um ein vernünftiges Gesundheitssystem zu finanzieren.