Am 02.08 kam es in Freiburg zu Hausdurchsuchungen bei fünf Personen. Hintergrund davon sind neu gestartete Ermittelungen bezüglich der linken Internetplatform „Linksunten Indymedia“. Den fünf Personen wird vorgeworfen den von der Staatsanwaltschat erfundenen Verbotenen „Verein“ rundum Linksunten angeblich am Leben zu erhalten. Die Ermittelungen stehen im Zusammenhang mit Repression, welche es kürzlich gegen einen Journalisten eines demokratischen Radiosenders in Freiburg gab.

Grundsätzlich wurden am Mittwoch die Wohnungen von vier Männern und einer Frau durchsucht. Laut einer Mitteilung der Autonomen Antifa Freiburg waren an den Durchsuchungen Polizeikräfte des Landeskriminalamtes (LKA), der Beweissicherungs und Festnahmeeinheit (BFE) und des Polizeipräsidiums Freiburg beteiligt gewesen. Die Wohnungen der Betroffenen wurden von den Bullen aufgerammt woraufhin vermummte und schreiende Cops die Bewohner, wenn sie denn anzutreffen waren, fesselten und jegliche auffindbaren technischen Geräte beschlagnahmten. Es wurden rund ein Dutzend Mobildevices, mehr als ein halbes Dutzend Computer und dazu noch etliche Speichermedien beschlagnahmt. Die Autonome Antifa berichtet von einem durch die Durchsuchungen verursachten Sachschaden von mehreren Zehntausend Euro. Erneut, denn bei den Fünf Personen handelt es sich auch um die selben Leute, welche schon 2017 von den durchsuchungen gegen Linksunten betroffen waren und denen vorgeworfen wurde, angeblich teil jener „Vereinigung“ zu sein.

 

Gehen wir um dies zu Verstehen etwas Zurück in die Vergangenheit. Im Jahr 2017 fanden Repressionsmaßnahmen gegen die linke Internetplattform Linksunten Indymedia statt. Linksunten Indymedia war eine Open Posting Website, also eine Internetplattform in welcher jeder anonym und selbstständig Beiträge veröffentlichen konnte. Über die Jahre hinweg entwickelte sich diese Website in der BRD zu einem der relevantesten Medien in der antifaschistischen Bewegung. Jedermann konnte dort anonym Beiträge publizieren. Es erschienen zahlreiche Demonstrations- und Aktionsaufrufe, tiefgehende Recherchen zur rechten Szene, aber auch Bekenner:innenschreiben zu militanten Anschlägen und Outings von Personen. Die Jahrelange Geschichte fortschrittlicher und antifaschistischer Bewegungen, sowie zahlreiche Informationen zu faschistischen Strukturen wurden durch die Website dokumentiert.

 

Ende 2017 fanden dann, wie bereits oben erwähnt, Repressionsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Website statt. Inmitten der Welle von Repression, welche nach den Kämpfen gegen den G20 Gipfel in Hamburg auf fortschrittliche und revolutionäre Kräfte losgelassen wurde, wurde auch jene Nachrichtenseite einfach kurz und Knapp Verboten. Die Maßnahmen gegen Linksunten fanden unter Führung und Befehl des damaligen Bundesinnenministers Thomas de Maiziere statt und wurden damit begründet, dass dort aufrufe und Bekennerschreiben von Straftaten veröffentlicht wurden. Da dass Verbieten von Zeitungen und Presseorganen in der BRD allerdings juristisch nicht einfach so möglich ist, wurde hier eine Vereinigung hinter der Website Konstruiert, welche sich angeblich gegen die sogenannte „verfassungsmäßige Ordnung“ richte und deren Zweck und Tätigkeiten den Strafgesetzen der BRD zuwiederlief.

 

Folglich begann die Reaktion gegen das Medium vorzugehen. Die Server der Seite wurden beschlagnahmt und die Website wurde dadurch abgeschaltet. Bei den fünf genannten Personen fanden Hausdurchsuchungen und ein Verfahren statt in welchem ihnen vorgeworfen wurde angeblich teil jener verbotenen „Vereinigung“ hinter Indymedia gewesen zu sein.

 

Allein der Fakt, dass ein komplettes Nachrichtenmedium einfach so verboten wird war ein klarer Angriff auf die Pressefreiheit, welcher von zahlreichen Presserechtlern und Initiativen verurteilt wurde. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) sprach Beispielsweise von einem Missbrauch des Vereinsrechtes sowie einer Verletzung der Medienfreiheit und teilte mit, dass die staatlichen Maßnahmen gegen Linksunten einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstellen.

 

Auch die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) sprach von einem „rechtsstaatlich fragwürdigen Verbot“ und stellte klar, dass hier über die Hintertür des vereinsrechtes Versucht wird eine juristische Abwägung mit dem Grundrecht auf Pressefreiheit zu umgehen.„International ist das ein bedenkliches Signal und liefert repressiven Regimen in aller Welt einen Vorwand, es den deutschen Behörden gleichzutun“, so die damals geäußerte Befürchtung von ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.

 

Grundsätzlich sollte es eigentlich, laut dem Recht der BRD keine klare juristische Grundlage für das Verbot von Linksunten geben. Auch dass zum Verbot genutzte Vereinsrecht zieht hier nicht wirklich, denn das Verbot von Linksunten, bzw des konstruierten Vereins wurde ausschließlich mit den auf der Internetseite veröffentlichten Beiträgen begründet. Der Sache nach würde es sich also eigentlich um eine medienrechtliche Aufsichtsmaßnahme handeln, welche auch eigentlich in die Gesetzgebungszuständigkeit der Bundesländer fallen würde so die GFF. Weiterhin wurde auch kontinuierlich von den Angeklagten dementiert, dass ein solcher Verein hinter der Website existiert haben soll. Dass das Vorgehen gegen dieses Medium nun auf jene Weise vonstatten ging lag tatsächlich weniger an klaren juristischen Gründen als an einem klaren politischen Verurteilungswillen des Staates.

 

Im Juli 2022 wurde das verfahren gegen diese aus Mangel an Beweisen eingestellt und die verschiedenen beschlagnahmten Güter mussten zurückgegeben werden.Über die Einstellung des Ermittlungsverfahren wurde in zahlreichen Medien berichtet. Unter anderem schrieb auch Fabian Kienert, ein Journalist des fortschrittlichen demokratischen Radiosenders „Radio Dreyeckland“ , eine kurze Meldung in welcher über die Einstellung des Verfahrens berichtet wurde. Daraufhin fanden bei ihm zuhause und in den Redaktionsräumen des Radiosenders Durchsuchungen statt und es wurde ein Verfahren gegen Kienert eröffnet, in welchem ihm vorgeworfen wird, die Verbotene „Vereinigung“ hinter Linksunten Indymedia durch seinen Artikel unterstützt zu haben. Die Unterstützung soll er dadurch getätigt haben, indem er in besagtem Artikel zur Quellenangabe einen Link veröffentlicht haben soll, welcher auf ein im Internet frei zugängliches Archiv der offline genommenen Website geführt hat. Scheinbar kann es nun in der BRD auch eine Straftat sein als Journalist Quellen anzugeben.

 

Das Vorgehen gegen den genannten Journalisten ist auch ein sehr deutlicher angriff auf die Pressefreiheit und juristisch äußerst Fragwürdig. Einerseits durch den offensichtlichen Aspekt, dass hier die Journalistische Tätigkeit zu einem Thema kriminalisiert wird, zum anderen aber auch von dem Aspekt her, dass eine Vereinigung auch nur dann unterstützt werden kann wenn sie denn auch tatsächlich existiert. Die Existenz der Vereinigung hinter Indymedia war sowieso schon Fragwürdig und konnte von den Repressionsorganen nicht nachgewiesen werden. Doch selbst wenn eine solche Vereinigung existiert haben sollte, wurde ihnen ja lediglich die Tätigkeit rundum Linksunten Indymedia vorgeworfen. Mit der Beschlagnahmung der Server und dem abschalten der Website müssten sie dann eigentlich durch das Ende ihrer Tätigkeiten auch aufhören, weiterhin als Vereinigung zu existieren.

Eine Vereinigung welche nicht mehr existiert kann nunmal auch nicht mehr unterstützt werden. Auf dieser Grundlage und aufgrund dessen, dass eine Quellenangabe in einem Artikel nicht als „Unterstützung“ gelten kann wurde die Anklage gegen den Journalisten Kienert im Mai diesen Jahres vom Landesgericht abgelehnt und die Durchsuchungen von seiner Wohnung und den Redaktionsräumen seines Radiosenders für unrechtmäßig erklärt und eine Entschädigung dafür wurde vom Gericht angeordnet.

 

Nun im Juni diesen Jahres wurde diese Entscheidung allerdings in einem Urteil des Oberlandesgericht (OLG) in Stuttgart aufgehoben und die Anklage gegen den Journalisten zugelassen. Das OLG argumentierte dazu in seinem Urteil unter anderem, dass es angesichts des 2020 von unbekannten hochgeladenen online stehenden Archivs „überwiegend wahrscheinlich“ sei, dass Linksunten doch noch existiere, die Plattform also auch verbotenerweise unterstützt werden könne. In Zusammenhang damit fanden auch die erneuten Razzien in Freiburg statt.

 

In dem Durchsuchungsbeschluss zu den Durchsuchungen am 02.08 wurde laut Informationen der bürgerlichen Zeitung "Neues Deutschland" auch Bezug zu jenem kürzlich ergangenen Urteil des OLG genommen. Offensichtlich ist der Staat weiterhin stark bemüht, seine Gesinnungsjustiz gegen kritische Journalisten auf irgendeine Art juristisch zu begründen. Doch obwohl die juristischen Begründungen für das Vorgehen gegen RDL und Linksunten bisher schon absurd waren steigert sich der Grad an Absurdität mit den neuen Ermittelungen noch weiter, denn diese richten sich nichtmals gegen das Betreiben einer aktiven Website, sondern lediglich gegen das hochladen eines statischen Archivs einer abgeschaltetenWebsite. Etwas was laut Recht der BRD eigentlich keinesfalls illegal sein sollte.

Egal wie oft sich die deutsche Bourgeoisie auch selbst für ihre „Meinungsfreiheit“ und ihre großen „demokratischen und Rechtsstaatlichen Werte“ feiert, wenn es darum geht ihre politischen Gegner zu verfolgen sind ihr diese großen Werte plötzlich egal und sie verdrehen ihre eigenen Gesetze bis zur Unkenntlichkeit um kritische Stimmen zum schweigen zu bringen.