Im Zeitraum der Fußball-Europameisterschaft wird sich das Bild über den Austragungsstädten ändern. Die Polizei wird in diesem Raum den Luftraum mehr überwachen und andererseits nutzen, um selbst die Überwachung des Bodens voranzubringen.

In Stuttgart beispielsweise herrscht ein Flugverbot über der Stadt, zudem soll ein Drohnenabwehrsystem zum Einsatz kommen, während Drohnen der Polizei über die Stadt kreisen und einerseits den Luftraum überwachen sollen, andererseits das KI-Projekt „Escape Pro“ mit Informationen füttern sollen. Die Software soll dann der Polizei dabei helfen, Wege für eventuell notwendige Evakuierungen besser zu erkennen und so die Kräfte effektiver zu verteilen.

Auch beispielsweise Berlin legt sich neues Equipment für die Flugkörperabwehr zu. 550 Tausend Euro gibt die Stadt für „Jammer“ zum Stören von Funksignalen und Netzwerfern zum Abfangen ferngesteuerter Fluggeräte wie Drohnen aus. Dafür musste der Stadtstaat auch noch seine Gesetze ändern, die den Einsatz technischer Mittel gegen Drohnen regeln.

Escape Pro“ soll perspektivisch auch womöglich mit „anonymisierten“ Handydaten ausgestattet werden. Die EM ist nun ein Testlauf, ob die Software in Zukunft regelmäßiger zum Einsatz kommen kann.Die Software, die wir einsetzen, kann Personenströme von Großveranstaltungen simulieren. Das basiert im Wesentlichen auf mathematischen und algorithmischen Prinzipien“, so Carsten Höfeler, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Stuttgart und Leiter des Projekts. „Das kann ich in der Einsatzplanung berücksichtigen: Stelle ich an diesen Stellen mehr Einsatzkräfte bereit? Auf welchen Wegen kann ich Einsatzkräfte schnell an den Einsatzort bringen, ohne selbst im Stau zu stehen? Das sind alles Informationen, die wir früher nie hatten.“ Mit der Software geht auch eine höhere Nachfrage nach Vorratsdatenspeicherung und biometrischer Videoüberwachung einher. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese bringt das dieser Tage folgendermaßen zum Ausdruck: „Es ist nur folgerichtig, dass die Zeitenwende auch innenpolitisch gesetzgeberische Maßnahmen für unsere Sicherheitsdienste nach sich zieht.“ Justizminister Marco Buschmann (FDP) blockiert derzeit eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung.

Der Deutsche Anwaltverein hat eine Pressemitteilung („Kein Überwa­chungsstaat unter dem Deckmantel des Terrorschutzes!“) veröffentlicht, in der es u.a. heißt:

[…] Problem 2: biometrische Videoüber­wachung

Wenn massenhaft Gesichter von unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern im öffent­lichen Raum gescannt werden, dann ist das ein schwerer Eingriff in die informa­tionelle Selbst­be­stimmung. „Die Hürden für eine verfas­sungs­rechtliche Rechtfer­ti­gungs­schwelle sind hier zu Recht hoch“, wie der Rechts­anwalt“[Dr. Nikolaos Gazeas]„erläutert.

Problem 3: Vorrats­da­ten­spei­cherung

Die massenhafte, anlasslose Speicherung von Kommuni­ka­ti­onsdaten – für den Fall, dass sie mal gebraucht werden – stellt einen massiven Eingriff in die Grundrechte dar, und zwar in die von Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Dies hat auch der EuGH in seinen zahlreichen Entschei­dungen zu verschie­densten Anläufen in den EU-Mitglieds­staaten klarge­stellt. Seit Jahren warnt der DAV davor, legitime Interessen – sei es Kinder­schutz, sei es nun Terroris­mus­be­kämpfung – zur völlig unverhält­nis­mäßigen Einschränkung von Grundrechten zu instru­men­ta­li­sieren. […]“

 

 

Bild: Public Viewing auf dem Stuttgarter Schlossplatz bei der EM 2008 (Quelle: swr.de)