Überall wo man hinguckt, dominiert gerade ein Thema: Party-Patriotismus und die Fußball-Europameisterschaft der Herren. Man könnte glatt meinen das den Herrschenden mitten in wirtschaftlichen und politischen Krise gelungen ist wieder etwas Ruhe und deutschen Gemeinschaftsgeist in der Gesellschaft zu etablieren. Dieses Bild ist jedoch trügerisch und vor allen medial so gewollt. Doch allen Wohlfühl-Schlagzeilen zum Trotz finden auch nach wie vor Kämpfe statt die unsere Aufmerksamkeit verdienen.

Letzte Woche streikten in Bochum die Offenen Ganztagsschulen der sozialen Träger und machten kurzerhand ihren kompletten Schulbetrieb dicht. Fernab der schwarz-rot-goldenen Euphorie versammelten sich über 500 Menschen am Bochumer Rathausplatz, um ihre Wut über die fehlende Finanzierung ihrer Bildungsstätten Ausdruck zu verleihen. Bemerkenswert ist aber auch, dass der Protest keine Spaltung, sondern Einigkeit unter den Lehrkräften, Eltern und Kinder gezeigt hat. Da die Schulen geschlossen waren, entschlossen sich viele Eltern kurzerhand ihre Kinder mit zur Streikkundgebung zu nehmen, um für ihre gemeinsamen Interessen zu kämpfen.

protest bochum 2

Den Offenen Ganztagsschulen in Bochum fehlen nämlich 1,6 Millionen Euro. Das führt dazu das der bereits vorherrschende Mangel an Lehrkräften den gesamten Bildungsbetrieb in diesem Bereich an den Rand des Zusammenbruchs treibt. Die Stadt Bochum will den Schulträgern nur 850.000 Euro genehmigen und erklärt die Finanzierungskrise mit den gestiegenen Gehältern bei den letzten Tarifrunden.

Das ist wiederrum schlicht und weg ein Schlag ins Gesicht für alle Arbeiterinnen und Arbeiter im Bildungsbereich. Die Gehaltssteigerungen, die hier genutzt werden, um die Unterfinanzierung von grundlegender öffentlicher Daseinsvorsorge zu erklären sind im Zuge der nach wie vor herrschenden Inflation höchstens ein schlechter Ausgleich der Teuerungen gewesen. Im Gegenzug werden jetzt die Bildungsarbeiter und unsere Kinder dafür bestraft, dass sich der Inflationsausgleich erkämpft wurde. Auf die desaströse Situation angesprochen macht die Stadt Bochum es sich leicht und verweist darauf das die Streikenden sich lieber an das Land richten sollten.

Auch wenn die Verschiebung von Verantwortung einer der ältesten Tricks in der bürgerlichen Politik ist, trifft diese Aussage doch einen Kern Wahrheit. Denn bis zum Jahr 2026 soll jedes Kind in Nordrhein-Westfalen einen rechtlichen Anspruch auf eine Betreuung im Offenen Ganztag bekommen. Ein Wahlversprechen das schon heute angesichts der fehlenden Finanzierung und dem grassierenden Lehrermangel absurd erscheint.

Ein anderer Kampf, der am gestrigen Mittwoch tatsächlich vor den Landtag getragen wurde, findet im Gesundheitswesen statt. Über 800 Medizinstudenten versammelten sich dort, um für mehr Lohn und bessere Ausbildungsbedingungen zu demonstrieren. Im Interview mit dem WDR machen einige Studenten ihrem Ärger Luft: „Die Arbeitsbedingungen sind katastrophal. Es ist eine Ausbeutung, die stattfindet und eine Ausbildung, die nicht stattfindet" sagt ein Student aus Essen, ein anderer erzählt das die Kliniken die Studenten im praktischen Jahr vor allem in Hilfstätigkeiten einsetzen, um sich so die Einstellung von zusätzlichen Personal zu sparen.

protest medizinstudierende

Doch das ist noch nicht alles, viele Studenten sind gezwungen neben ihrem schlecht bezahlten Vollzeitjob in den Kliniken auch noch nebenbei arbeiten zu gehen, um sich ihr Leben zu finanzieren. Kein Wunder, in Aachen bekommen die Studenten für eine 40-Stunden Woche gerade einmal 229 Euro im Monat, in der Uniklinik Düsseldorf sind es knappe 573 Euro.

Die Einsparungen im Gesundheits- und Sozialwesen sind das direkte Produkt von Militarisierung und Umverteilung der Krisenkosten durch die Herrschenden. Die Vision des Deutschen Imperialismus, um aus der Krise zu kommen ist es die Fähigkeiten des deutschen Militär voranzubringen, um so zukünftig seine Interessen besser durchsetzen zu können. Um das zu gewährleisten, werden ganze Sektoren der öffentlichen Daseinsvorsorge unterfinanziert und vor die Wand gefahren. Die Leidtragenden sind die Arbeiter in diesen Sektoren und alle die auf Bildung und Gesundheit angewiesen sind.


Alle Bilder sind den verlinkten Artikeln entnommen.