Die militärischen Verantwortlichen der deutschen Armee hatten kürzlich am 12. Juli ein Dokument mit dem Titel „Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege der Bundeswehr“ verabschiedet. In jenem Dokument wird dazu angehalten, sich nicht nur positiv auf militärische Verantwortliche der BRD zu beziehen. Auch Verantwortliche der faschistischen Wehrmacht sollen nun Anerkennung bekommen.

Im Großen und Ganzen ist dieses Dokument als eine Ergänzung des sogenannten „Traditionserlasses“ zu sehen, welcher die soldatischen Werte und Normen der Bundeswehr definiert. Ursprünglich wurde dieser 1965 herausgegeben, in den kommenden Jahrzehnten wurde der Erlass aber auch zweimal wieder überarbeitet. Erstmalig im Jahre 1982 und zuletzt im Jahre 2018. Zumindest bis zum Juli dieses Jahres. Das neu beschlossene Dokument ist also als eine dritte Überarbeitung des Traditionserlasses zu sehen. Laut dem genannten Papier ist der Sinn dieser Überarbeitung, die 2022 ausgerufene sogenannte Zeitenwende auch im Bereich der Traditionspflege umzusetzen. Dafür sollen dann vermehrt auch Soldaten mit Nazivergangenheit als positive Vorbilder für die Truppe herangezogen werden.
Dazu heißt es in dem Dokument entsprechend:

„Folglich muss auch in der Traditionspflege ein größeres Augenmerk auf militärische Exzellenz (Fähigkeit bzw. Können) gelegt werden gegenüber anderen traditionsstiftenden Beispielen wie klassische soldatische Tugenden (Charakter) oder Leistungen für die Integration der Streitkräfte in die Gesellschaft…“

„Entscheidend für die Traditionswürdigkeit von Soldaten der Gründergeneration der Bundeswehr ist das Ergebnis eines sorgfältigen Abwägens zwischen  etwaiger persönlicher Schuld und individueller Leistung, die sinnstiftend in die Gegenwart wirkt...“

„Der Traditionserlass lässt ausdrücklich die Übernahme von vorbildlichen soldatischen Haltungen und Handlungen aus anderen Epochen - einschließlich des Zweiten Weltkrieges - zu. Darunter fallen nicht nur diejenigen Angehörigen der Wehrmacht, die dem militärischen Widerstand zuzuordnen sind.“

Mit anderen Worten: Solange jemand ein guter Soldat war, wird ihm auch die Rolle, die er bei der bewaffneten Durchsetzung der faschistischen Verbrechen gespielt hat verziehen. Dies entspricht in der Tat sehr gut dem „Moralischen Kompass“ des bürgerlichen Militärs. Was dadurch nämlich in aller Deutlichkeit propagiert wird, ist das Durchdringen des Kadavergehorsams in Kopf und Herz der Soldaten. Die Botschaft lautet: Ganz egal wer die Befehle gibt, ganz egal ob man für etwas gutes oder etwas schlechtes Kämpft, solange man brav ohne zu hinterfragen seine Befehle befolgt, stramm steht und gut schießt ist, man ein guter Soldat. Dieses Denken ist im bürgerlichen Militär üblich und genau dieses Denken brauchen die Herrschenden dort auch, um ihre Bluthunde effektiv auf ihre Feinde loszulassen. Sei es auf die unterdrückten Völker, die Armeen der imperialistischen Konkurrenten oder wenn nötig auch auf das eigene rebellierende Volk.

Erichtopp7824

Ein Vorbild für die "Freiheitlich Demokratische Grundordnung". Erich Topp (links), einer der im Dokument positiv genannten Nazisoldaten gemeinsam mit Hitler (rechts).

Bildquelle: U552.de

Wenn man das Dokument liest, fällt einem auf, dass die Wehrmacht nun nicht insgesamt als ein großartiges historisches Vorbild hochgehalten wird, und das Papier an verschiedenen Stellen mit einem taktischen Kalkül zurückhaltend geschrieben worden zu sein scheint. Vielmehr wird der Eindruck erweckt, dass dieses Dokument sich vorsichtig vorwärts tastest, um langsam auszutesten, wie viel Spielraum denn bei der Ehrung von Nazisoldaten möglich ist. Offensichtlich zeigen sich die Widersprüche dagegen, sowohl im Bereich der breiten Öffentlichkeit, als auch in den Reihen der Politik, nach Veröffentlichung des Dokuments auch nur sehr begrenzt.

Es scheint so, als ob die Rot-Grün-Gelbe Ampelregierung, von der zwei Parteien kontinuierlich versuchen sich selbst als Linksliberal darzustellen, sich Braun als ihre neue Farbe ausgesucht hätte. Im Großen und Ganzen passt das auch sehr gut zu der steigenden faschistischen Tendenz, welche vorangetrieben wird. Dinge wie regelmäßige willkürliche Organisationsverbote gegen unliebsame politische Kräfte und die immer häufiger stattfindende Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, über die wir hier in Vergangenheit schon berichteten, sind ein Teil davon. Das die Kriegslüsterne Regierung unter Führung des Paten von Hamburg, Olaf Scholz, nun eine Armee befehligt, welche mit Stolz auf ihre Naziverbrecher des Zweiten Weltkrieges schaut, ist dabei auch etwas, was eigentlich in einer Kontinuität mit der Geschichte der BRD steht. Erinnert sei dabei an den sozialdemokratischen Bundeskanzler Helmut Schmidt, welcher sich stets für seine "Kameraden der Waffen-SS" stark machte. Auffällig ist dabei jedoch, dass die führende Rolle von Nazisoldaten in der BRD bisher hauptsächlich totgeschwiegen wurde, während sich jetzt der Ton ändert und die fehlende Entnazifizierung sogar positiv propagiert wird.

In diese Sinne wird dann im Papier auch ganz die Rhetorik angewendet, dass unter den Personen, welche als militärische Vorbilder genannt werden vor allem Soldaten sind, welche nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige Rolle im Aufbau der Bundeswehr gespielt haben. Durch ihre führende Rolle beim Aufbau der Streitkräfte der BRD wird ihnen dann im Dokument unterstellt, bewusst für die sogenannte „Freiheitlich demokratische Grundordnung“ eingestanden zu haben. In Realität hat dies jedoch keinen Bruch mit der faschistischen Vergangenheit bedeutet. Der gesamte Apparat der BRD, insbesondere auch der militärische, wurde von führenden faschistischen Kadern aufgebaut. Es waren dieselben überzeugten Faschisten, die unter Hitler mordeten, nur das Banner unter welchem sie „dienten“ hat sich offiziell geändert. Doch für einen guten bürgerlichen Soldaten ist das nicht wichtig, solange er ohne zu hinterfragen Befehle befolgt, stramm steht und gut schießt.

 

Bildquelle Tittelbild: wdr.de