Die Gewerkschaften ver.di und GEW rufen für den kommenden Donnerstag, den 12. September, erneut zum Kita-Streik in Berlin auf. Geplant ist im Rahmen des Warnstreiks auch eine Demonstration vor dem Abgeordnetenhaus.
Die Forderungen der Gewerkschaften sind dabei überschaubar: vorrangig geht es um tarifvertragliche Festlegungen für die Sicherung der pädagogischen Qualität und für die Entlastung des Kita-Personals. Nach Einschätzung der GEW sollten es in der Altersspanne von 1 bis 3 Jahren maximal drei Kinder pro pädagogischer Fachkraft sein. Weitere Forderung ist es sieben Wochenstunden für pädagogische Aufgaben wie die Vor- und Nachbereitung und Elterngespräche in den Dienstplänen zu berücksichtigen.
Der Warnstreik betrifft etwa 280 städtische Kitas, in denen sich rund 7.000 Erzieher sowie weitere Arbeiter um etwa 35.000 Kinder kümmern. Der Berliner Senat lehnt Verbesserungen der Arbeitsbedingungen mit fadenscheinigen Argumenten ab. In den vergangenen Monaten haben bereits zahlreiche Streiks mit teils großer Beteiligung und entsprechend großen Auswirkungen stattgefunden. Es gibt Solidaritätserklärungen aus verschiedenen Städten mit den Streikenden in Berlin. Denn die Situation in Berlin ist kein Ausnahmefall.
Arbeiter in der frühkindlichen Bildung sind enormen psychischen und auch physischen Belastungen ausgesetzt. Laut „DAK-Gesundheit“ hatten Arbeiter in Kindertagesstätten im Jahr 2023 mit 534 Arbeitsunfähigkeitstagen je 100 Versicherte die meisten Krankheitstage aller Berufe. Gleichzeitig gibt es in diesem Bereich die größte Fachkräftelücke aller Einzelberufe im Jahr 2023 und das führt dazu, dass die Kitas nicht mehr zuverlässig geöffnet sind, Öffnungszeiten verkürzt, Gruppen zusammengelegt werden müssen und kindgerechte Bildungsarbeit nicht mehr stattfinden kann. Die Kita-Arbeiter wissen, dass sie Kinder nur noch „verwahren“. Eine Abwärtsspirale aus Überlastung, Krankheit und Kündigungen ist bundesweit im Gange. Eine „Kollektive Gefährdungsanzeige“ wurde im April diesem Jahres von mehr als 27.000 Arbeitern unterzeichnet.
Jüngst kritisierten 300 „Experten“ in einem offenen Brief die Lage in deutschen Kitas und die Bundesregierung für ihren Umgang mit frühkindlicher Bildung. Die Zustände in Kitas gefährden das Kindeswohl, wird dort kritisiert. Die langfristigen Folgen für die Gesellschaft seien gravierend. Vor allem Kinder aus ärmeren Familien oder mit Migrationshintergrund drohen immer mehr den Anschluss zu verlieren. Bundesweit fehlten zuletzt fast 300.000 Plätze für Kinder unter drei Jahre. Jedes siebte Kind geht leer aus. Oft sind es Kinder ausländischer Familien, die bei der Vergabe zurückgestellt werden. Sie besuchen im Vergleich mit Kindern ohne Migrationshintergrund deutlich seltener eine Kita: Während 76,8 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen und 22,3 Prozent der unter Dreijährigen mit Migrationshintergrund eine Kita besuchen, liegt der Anteil bei Kindern ohne Migrationshintergrund bei 99,3 Prozent bzw. 44,5 Prozent.
Wenn die Gewerkschaften weiter auf Dialog und Kompromiss mit den Ausbeutern – in diesem Falle direkt der Staat - setzen, und den so lange angekündigten unbefristeten Streik nicht verwirklichen, dann wird sich an diesen Verhältnissen absehbar nichts ändern.