Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass das hessische Verfassungsschutzgesetz aus dem Jahr 2019 gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstößt und somit teilweise verfassungswidrig ist.
Eine Gruppe von fünf Personen, davon „zwei […] Mitglieder und Funktionsträger einer vom Landesamt für Verfassungsschutz als extremistisch eingestuften Organisation […]“ und zwei weitere, die „als Rechtsanwälte Personen, die vom Landesamt beobachtet werden, weil ihnen die Zugehörigkeit oder Unterstützung ausländischer terroristischer Vereinigungen vorgeworfen wird oder sie der linksextremistischen Szene angehören“ vertreten, hatte gegen das Gesetz geklagt.
Das Gericht erklärte folgende Punkte für verfassungswidrig:
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 HVSG (Ortung von Mobilfunkendgeräten) ist verfassungswidrig, weil er eine engmaschige langandauernde Überwachung der Bewegungen im Raum erlaubt, ohne eine dafür hinreichende Eingriffsschwelle vorzusehen.
§ 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 HVSG (besonderes Auskunftsersuchen bei Verkehrsunternehmen und über Flüge) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis Eingriffe mit erhöhtem Gewicht erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorsieht.
§ 12 Abs. 1 Satz 1 HVSG (Einsatz Verdeckter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis auch eingriffsintensive Einsätze Verdeckter Mitarbeitender erlaubt und dafür keine hinreichende Eingriffsschwelle vorgesehen ist.
Auch soweit § 9 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HVSG auf § 3 Abs. 2 Satz 2 HVSG Bezug nehmen, sind die Regelungen verfassungswidrig.
§ 20a Satz 1 HVSG (Übermittlungen an Strafverfolgungsbehörden) ist verfassungswidrig, soweit § 20a Satz 2 Buchstabe b und Satz 3 HVSG an nicht hinreichend gewichtige Straftaten anknüpfen.
§ 20b Abs. 2 HVSG (Übermittlungen an sonstige inländische öffentliche Stellen) ist verfassungswidrig, weil die Befugnis auch die Übermittlung an inländische öffentliche Stellen mit operativen Anschlussbefugnissen erlaubt und keine dafür hinreichende Übermittlungsschwelle vorsieht.
§ 20a Satz 1 ist, soweit er auf § 20a Satz 3 HVSG Bezug nimmt, nichtig; die übrigen beanstandeten Vorschriften des HVSG gelten mit bestimmten Maßgaben vorübergehend fort.
Ein Blick alleine darauf zeigt, wie weit die Spielräume der politischen Polizei sind. Kürzlich wurde publik, dass das BKA schon vor mehreren Jahren durch eine monatelange Überwachung von Tor-Nodes in der Lage war, Pädophile zu identifizieren, und dazu auch der Provider Telefónica vom gerichtlich gezwungen wurde, Daten herauszugeben.
Was sie dürfen und was sie machen, bleiben natürlich ganz unterschiedliche Sachen. Die Entscheidung des Gerichts bekräftigt auch einmal mehr: Der bürgerliche Staat und besonders seine politische Führung im Klassenkampf müssen in großen Teilen gegen seine eigenen Gesetze verstoßen – besonders jene, die dem Volk demokratische Rechte zugestehen –, um die Revolution bekämpfen zu können. Die Bezeichnung „Verfassungsschutz“ macht sich dabei aber ein aufs neue Mal lächerlich. Nach den bürgerlichen Gesetzen wäre er die erste Adresse, wo Nancy Faeser ihre Horden vorbeischicken müsste.
Titelbild: Kein Raum für Extremismus, aber dafür für Verfassungsbrecher: Innenminister Roman Poseck und Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) Hessen, Bernd Neumann