Die einen bürgerlichen Medien sprechen von einer Katastrophe, einige orkalen ein baldiges Ende der Bundesregierung herbei oder fordern es, andere blicken in eine schwierige Zukunft.

 

Einig scheinen sich die Medienmonopole aber darin zu sein, dass die Landtagswahl in Brandenburg, und auch die Wahlen in Thüringen und Sachsen, ein Zeichen der Vitalität der bürgerlichen Demokratie seien, weil die Wahlbeteiligung so hoch sei. Tatsächlich stieg in allen drei Bundesländern die Anzahl derjenigen, die zur Wahl gegangen sind. Aber blicken wir zunächst einmal auf die Statistik:

 

 

Anzahl

Anteil

Einwohner

2581667

100%

Wahlberechtigte

2076953

80,45%

Zur Wahl gehende

1513638

58,63%

Ungültige Stimmen

12450

0,82%

Wähler

1501188

58,15%

     

Nichtwähler

1080479

41,85%

     

SPD

463678

17,96%

AfD

438811

17,00%

BSW

202343

7,84%

CDU

181632

7,04%

GRÜNE

62031

2,40%

Linkspartei

44692

2,98%

BVB / FREIE WÄHLER

38596

1,49%

Tierschutzpartei

30032

1,16%

Plus

13577

0,53%

FDP

12462

0,48%

     

Bundesregierungskoalitionsparteien

538171

20,85%

Nichtwähler, die hätten wählen dürfen

575765

22,30%

AfD+BSW

641154

24,84%

Wähler gegen die große Einheitsregierung

736693

28,53%

Wahlberechtigte gegen die große Einheitsregierung

1312458

50,84%

Quelle: wahlergebnisse.brandenburg.de

 

Was stellen wir fest? Zunächst einmal sind die Nichtwähler in Brandenburg, wie auch in allen vorangegangenen Wahlen in diesem Jahr, die stärkste „Partei“ geworden. Die größte Gruppe der Wahlberechtigten entscheidet sich also bewusst gegen eine der zur Wahl antretenden bürgerlichen Parteien. Die Nichtwähler sind auch mehr, als diejenigen, die ihr Kreuz für eine der Parteien der Bundesregierungskoalition gemacht haben.

 

Während nur ein Fünftel der Brandenburger ihre Stimme für SPD, Grüne oder FDP abgaben, hat sich ein Viertel entschieden mit einer Stimme für AfD oder BSW direkt gegen die „etablierten Altparteien“ zu wählen. Insgesamt haben fast die Hälfte aller Wähler gegen die an der großen Einheitsregierung (aus Bundesregierung und Landesregierungen, durch Bundestag und Bundesrat) teilhabenden Parteien gestimmt. Insgesamt hat sich sogar die Hälfte aller Brandenburger - durch Wahl oder Nichtwahl - gegen diese gegenwärtige Führung des deutschen Imperialismus positioniert. Das entspricht der Tendenz, welche wir auch für die vorherigen Wahlen analysiert haben.

 

Die massiven Wahlkampagnen der Herrschenden haben einen Effekt, das ist unbestritten, aber die Ablehnung des Systems durch die Massen ist weiterhin prägnant und die Hauptsache in dieser Frage.

 

Ein Besonderheit der Landtagswahl in Brandenburg ist wohl das Ergebnis der SPD. Entgegen dem Trend ist die SPD in Brandenburg nicht massiv eingebrochen und unter die Räder gekommen, sondern stellt die größte Fraktion im neuen Landtag und gilt den Medienmonopolen als „Wahlsieger“.

 

Dabei kommt die Kampagne der Bundesregierung gegen die AfD zum Tragen. „Alle gegen den Faschismus (die AfD) und für die bürgerliche Demokratie“ – mit dem Ziel, die CDU dazu zu bringen auf Landesebene nicht mit der AfD zu koalieren, sondern die SPD weiterhin auf ihren Posten zu halten.

 

Diese Kampagne scheint erfolgreich gewesen zu sein, wenn auch eher indirekt. Es ist außergewöhnlich und wohl ein Novum in der Geschichte der BRD: Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer hatte kurz vor der Landtagswahl in Brandenburg den SPD-Ministerpräsidenten Dietmar Woidke auf einem gemeinsamen PR-Termin unterstützt. Im Ergebnis erreichte die CDU in Brandenburg ihr schlechtestes Ergebnis seit der Annektion der DDR durch die BRD. CDU-Chef Friedrich Merz hat entsprechend deutliche Wort gefunden, dies habe der Brandenburger CDU und Spitzenkandidat Jan Redmann „massiv geschadet“. Auch im CDU-Präsidium sei das Agieren Kretschmers auf breite Kritik gestoßen.

 

Es lohnt sich auch auf die Befragungen nach der Wahl zu blicken. Darin äußersten 75 Prozent der SPD-Wähler, dass sie „nicht überzeugt“ von der SPD seien, aber gegen die AfD. Fast Zweidrittel attestierten dem Paten von Hamburg ein schlechter Kanzler zu sein. Von einer „Atempause“ für Scholz und die SPD kann also keine Rede sein, auch weil knapp 80 Prozent aller Wähler erklärten, sie seien mit der Bundesregierung unzufrieden.

 

Gleichzeitig zeigt ein Blick auf die Wahlkarte der Gemeinden, wie stark die SPD vom Speckgürtel des Berliner Molochs profitiert hat. Während die SPD in nur 85 Gemeinden „stärkste Kraft“ wurde, schaffte die AfD dies in 328:

 

gemeinden

 

Bemerkenswert sind auch die bürgerlichen Erhebungen unter Erstwählern, bei denen SPD und CDU nochmal deutlich schlechter abschneiden als insgesamt:

 

erstwaehler

Quelle: tagesschau.de

 

Diese Wahlen haben, wie die vorherigen und die künftigen auch, die Probleme der Herrschenden in diesem Land, die Krise der bürgerlichen Demokratie und des Parlamentarismus nicht gelöst. Im Gegenteil eröffnen sich neue Schwierigkeiten.

 

Das BSW positioniert sich weiter als mögliche neue „bürgerliche Arbeiterpartei“, jedoch sind die Zweifel an der Solidität dieser Vereinigung mit der Brandenburgwahl nicht kleiner geworden. Im Gegenteil macht das BSW mit Forderungen eines Lieferstopps für Waffen an die Ukraine (nota bene: nicht an Israel, welches nicht nur den Völkermord an den Palästinensern fortsetzt, sondern dieses Ambitionen nun auch auf den Libanon ausgedehnt hat), welche durch die Landespolitik nicht wirklich beeinflusst werden können (auch wenn es im Bundesrat einen Auswärtigen Ausschuss gibt), Koalitionsbildungen relativ kompliziert. Diese Probleme bestehen in ähnlicher Form auch in Sachsen und Thüringen weiterhin. In Sachsen sind die möglichen Koalitionspartner noch nicht einmal bis zu Sondierungsgesprächen vorgedrungen.