Am 27. September hat das Arbeitsgericht Berlin den für den 30. September angekündigten Kita-Streik im Land Berlin untersagt, auf Eilantrag des Landes Berlin hin.

Sowohl Regierung als auch Justiz haben hiermit vor einer relativ großen Menge an Arbeitern unter Beweis gestellt, dass der bürgerliche Staat keinen anderen Zweck hat als die Interessen der Bourgeoisie zu verteidigen, und dies wird allen, die nach monate- und jahrelangem Warten auf ein Ende des dauerhaften Ausnahmezustands in den Kitas sich dem gerechtfertigten Kampf um Verbesserung ihrer Arbeitsverhältnisse entgegen gesehnt haben, im Gedächtnis bleiben. 91,7 Prozent der ver.di-Mitglieder und 82 Prozent der GEW-Mitglieder haben in der Urabstimmung für den Streik gestimmt – d.h. die Maßnahme ist gegen das Interesse der überwältigenden Mehrheit der Arbeiter.

Nach bürgerlichem Recht kann dieser Streik auch durchaus verboten werden, da es in Deutschland grundlegend kein Streikrecht gibt. Das vom Staat dennoch propagierte Recht, zu streiken, wird aus Art.9 Abs.3 Grund­ge­setz (GG), der sogenannten Koalitionsfreiheit hergeleitet. Diese Tatsache wurde in der Vergangenheit durch die Handhabung mit den regelmäßigen Warnstreiks zu Beginn von Tarifverhandlungen den Arbeitern z.T. relativ erfolgreich vorenthalten. Doch mit der wachsenden Kampfbereitschaft in den Betrieben wird damit Schluss sein, und die Gesetzgebung verliert auch in diesem Punkt Glaubwürdigkeit unter den Arbeitern.

Entsprechend der rechtlichen Herleitung, ist ein Streik in Deutschland nur unter sehr bestimmten Bedingungen legal zulässig: 1. Der Streik muss von einer Gewerkschaft geführt werden, andernfalls gilt er als „wilder Streik“ und wird verboten. 2. Der Streik muss „das letzte Mittel“ und „verhältnismäßig“ sein. 3. Der Streik darf ausschließlich ein tariflich regelbares Ziel haben, das bedeutet auch, dass politische Streiks verboten sind. 4. Das alles ist nur nach Ablauf der Friedenspflicht zulässig. Während die Friedenspflicht gilt, verzichten die Gewerkschaften auf Arbeitskampfmaßnahmen.

Genau diese „Friedenspflicht“ steht bei dem Gerichtsurteil im Mittelpunkt: „Die Gewerkschaft ver.di verstoße mit diesem Streik gegen die Friedenspflicht wegen der bestehenden tariflichen Regelungen zur Zulage für Beschäftigte in Eigenbetriebs-Kitas des Landes Berlin im TV-L und wegen der bestehenden Entlastungsregelungen für Auszubildende im maßgeblichen Ausbildungstarifvertrag.“, heißt es im Urteil. Hiermit wird die „Hauptstadtzulage“ gegen tarifliche Verhandlungen ausgespielt, der Ansatz, den das Land Berlin auch in seinem Eilantrag nutzte. Berlin dürfe nicht noch eine Ausnahme machen und seine Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft der Länder riskieren. Hier wird wieder mit den schlimmen Konsequenzen eines Streiks gedroht, für die der Ausbeuter selber gar nichts könne.

In Hinblick auf Berlin und die Beteiligung der GEW an dem Streikaufruf ist zudem nennenswert, dass Mitglieder der GEW in Berlin schon früher mit Repression und Verboten überzogen wurden. Mit dem „Radikalenerlass“ von 1972 und den Berufsverboten gegen Lehrer führten Landesverbände der GEW „Unvereinbarkeitsbeschlüsse“ gegen „K-Gruppen“-nahe Lehrer ein, was unter anderem zur Folge hatte, dass diese keine rechtliche Unterstützung in Verfahren wegen des Radikalenerlasses erhielten. Da sich der West-Berliner Landesverband gegen dieses Vorgehen stellte, wurde er kurzerhand für eine Zeit aus der GEW ausgeschlossen.

Erst heute hat ver.di vor Gericht Berufung gegen das Urteil vom 27. September eingelegt. Eine Begründung hat man nicht gemacht, diese wolle man noch nachreichen. Die Kita-Arbeiter haben nicht so viel Geduld wie die Gewerkschaftssekretäre. An dieser Stelle muss die Tagesforderung überall proklamiert werden:

Für ein unbegrenztes Streikrecht der Arbeiter!

Und wir halten fest:

Der Streik ist beschlossen, für seine Durchsetzung muss gekämpft werden!

 

Bildquelle: morgenpost.de